Visuelle Kommunikation für die Gastronomie, Teil 1: White Kitchen Berlin

von Jan-Peter Wulf

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Mit einem Portrait der Berliner Agentur „White Kitchen“ starten wir eine neue, dreiteilige Mini-Reihe zum Thema Digitalkommunikation in der Gastronomie. Wie können, sollen, müssen sich Restaurants im Jahr 2017 in der digitalen Welt präsentieren? Und in welchem Zusammenhang steht es mit dem Analogen, sprich dem Restaurant selbst, seinen Speisen und den Menschen, die darin walten?

Gastronomie ist, wenn man so will, hochgradig analog. Essen und Essengehen, das kann man nur analog. Ob das der Grund ist, warum so viele Restaurants ihren digitalen Auftritt vernachlässigen? Natürlich gibt es tolle Restaurant-Webseiten und spannende Facebook-Profile. Kürzlich zeigten wir, wie man Instagram für den eigenen Betrieb nutzen kann und mehr. Aber in der Masse sieht es weniger erfreulich aus. Ganz besonders das Thema mobiles Internet bzw. mobiler Zugriff hinkt hinterher – deswegen müssen potentielle Gäste, haben sie die Desktop-Webseite des Betriebs gefunden, mit ihrem Smartphone darauf rumirren, als versuchten sie mit einem Streichholz den Berliner Straßenplan im Dunkeln zu erkunden.

Vielleicht ist das auch der Grund, warum immer mehr Betriebe dazu übergehen, sich von externen Dienstleistern – zum Beispiel Buchungsportalen – eine Webseitenlösung einzukaufen oder ihr digitales Marketing ganz an diese abzutreten. Oft sind die Rankings solcher Portale besser als die eigene Seite, sprich: Googelt man „Fantasiename Köln“, dann wird zuoberst der Eintrag von „Fantasiename Köln“ auf dem Buchungsportal angezeigt und die eigene Homepage weiter darunter.

Mit eigenem Digital-Auftritt zum provisionsfreien Umsatz gelangen

Die Digitalagentur „White Kitchen“ aus Berlin will Restaurants helfen, davon wegzukommen. Die Idee: Mit einer eigenen, attraktiven, starken Webseite eine visuelle Identität aufbauen und Reservierungen, Buchungen, Umsatz erzielen. Ohne Provision an Portale abdrücken zu müssen.

„White Kitchen“, das sind der Franzose Loïc Dindinaud und der Argentinier César Taccari. „White Kitchen“ wurde 2013 in Berlin gegründet. „Wir sind eine richtig deutsche Firma“, sagt Loïc lachend. Er ist Bauingenieur, César Architekt. In der Berliner Deutsch-Sprachschule haben sie sich kennen gelernt und entschieden, ihre Erfahrungen und Kompetenzen – Konzeption und Beratung von Hotels und Gastronomien in Frankreich und Argentinien – zusammenzuwerfen. „Wir versuchen, eine umfassende Kommunikation zu schaffen“, erklärt César, „unser Konzept ist: guter Inhalt, Technologie und Marketingideen.“

Wir sitzen bei einem ihrer Kunden, in einem Restaurant, das in Berlin gerade besonders von sich reden macht, dem Zwei-Sterne-Restaurant „Horváth“ in Kreuzberg. Chef Sebastian Frank hat vor einiger Zeit eine alkoholfreie Speisenbegleitung entwickelt, selbstgemachte Getränke, er bekommt dafür viel, viel Presse. Während wir uns unterhalten, spricht er am Telefon mit der ZEIT. Für das „Horváth“ und seine trendigen AfG haben „White Kitchen“ zuletzt einen kurzen Imageclip produziert, zuvor einen Clip über das Restaurant und seinen Kopf selbst. 

Material, das auf der Webseite, aber auch über Social Media genutzt wird. Zu jeder neuen Saison, mit jeder neuen Karte wird der Content neu produziert. Als nächstes werden sie die Person Sebastian Frank mit einer digitalen Identität ausstatten, er bekommt einen eigenen digitalen Auftritt – schließlich ist er nicht nur Restaurantbesitzer, sondern auch (und vor allem) Koch, Caterer, Kursgeber, Panel-Speaker … „Das Food-Business wird immer stärker. Food ist auch auf Google ganz vorne bei den Suchanfragen dabei. Alle gucken Chef’s Table. Ein Koch ist heute das, was vor zehn Jahren ein Architekt war“, findet César.

Deswegen sei es wichtig, sich als Koch entsprechend digital zu präsentieren, erklärt er, während wir auf der Seite eines weiteren Kunden surfen, dem „Fischers Fritz“. Dort ist Chefkoch Christian Lohse zu sehen beim Versuch, den Zungenbrecher „Fischers Fritz fischt frische Fische“ aufzusagen. Humorvoller Auftritt, schlichte schicke Seite.

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Homepage des „Fischers Fritz“: Klickt man auf den Lohse, sagt er einen Zungenbrecher auf. Rechts: aktuelle Angebote, die direkt gebucht werden können

„Die Webseite hat manchmal 15.000 Besucher am Tag“, erklärt Loïc. Immer dann, wenn Christian Lohse im TV zu sehen ist, kommt der Peak (ich kann es bestätigen, wenn „Kitchen Impossible“ läuft, landen sehr viele Menschen auf meinem Tim-Mälzer-Interview oder auf uralten Tim-Raue-Verlautbarungen). Diesen Peak kann man antizipieren – und auf die Homepage des „Fischers Fritz“ ein spezielles Angebot platzieren, das dann gebucht werden kann. So wird die Homepage zur Landingpage. Mit „call-to-action“ (Menü XY buchen) und direktem Verkauf. Digitalmarketing wie bei großen Firmen.

Guter Einstieg: ein Fotoshooting

Gut. Das „Horváth“ hat zwei Michelinsterne, das „Fischers Fritz“ auch. Aber lässt sich das auch für kleinere, unbekanntere Betriebe realisieren? Zumal solche, die kein umsatzstarkes Hotel wie das „Regent“ im Hintergrund haben? Eine visuelle Identität sei immer wichtig, erklärt Loïc, und in der Regel fange man mit etwas Kleinem, Nachvollziehbarem an, denn viele Gastronomen verstünden nicht, dass sie in eine Webseite investieren sollten, weil sie damit Geld verdienen können. Ein Fotoshooting sei ein guter Einstieg – gute Bilder werden gebraucht (und sind noch viel zu wenig vorhanden, finden wir auch) und lassen sich vielseitig einsetzen. Mit Effekt.

Dann geht es an den nächsten Schritt – vielleicht ein Video, eine neue Seite, Grafiken. Text-Übersetzungen für internationales Publikum. Für jeden Bereich hat „White Kitchen“ Mitarbeiter und Kooperationspartner. Ziel ist, eine digitale Strategie und Guideline aufzubauen, die sich bis ins Analoge – Gestaltung von Karten, Flyern, sogar der Tische – hinein verlängert. Und somit den ersten, digitalen Eindruck, den ein potentieller Gast über einen Webseitenklick erhält, in einem Abend vor Ort ausklingen zu lassen.

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Übertragung der Gestaltungselemente ins Analoge: Geschäftsausstattung des „Sucre et Sel“, Berlin

Zum Schluss wollen wir wissen: Was ist denn gerade der Digitaltrend, den die Gastronomie nicht verschlafen sollte? „Live-Kommunikation!“, antwortet César sofort. Es gebe heute viele Politiker, die live über Facebook und Co. in die Welt sprechen, warum sollten das nicht auch mehr Köche tun? Live from the kitchen, sozusagen? Der Einwand, den man erheben könnte: Weil sie genug anderes zu tun haben.

Keine Frage, aber: Nie war es leichter, ein Facebook-Livevideo zu starten, nie war die Technologie so easy wie heute. Und für die Restaurantküche, so César, gebe es heute sogar schon Selfie-Stationen, unter die man einfach den Teller stellt und teilen kann – statt eines Kunstlicht-vergilbten Schnappschusses entsteht dann so, direkt am Pass, ein Top-Foodfoto.

Mehr Infos zu White Kitchen:
www.whitekitchen.de

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