Gourmenia-Palast, gastronomischer Vorgänger des Bikini Berlin

von Jan-Peter Wulf

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Heute eröffnet am Berliner Zoo das Bikini Berlin, eine „Concept Mall“, die sich auch in Sachen Gastronomie von anderen Einkaufszentren absetzen will. Essen und Trinken hat hier Tradition: Schon 1928 befand sich hier der Gourmenia-Palast.

Erschaffen wurde der Gourmenia-Palast von dem jüdischen Architekten Leo Nachtlicht (1872-1942), der zu den wichtigsten Vertretern seiner Zunft in der Hauptstadt zählte und auch das Ausstellungsgebäude der Berliner Secession entworfen und gebaut hatte. Was sich hinter der Fassade von Nachtlichts Gebäude im Stil der „Neuen Sachlichkeit“ gastronomisch tat, würde auch heute noch für Aufsehen sorgen – und es hat gewisse Parallelen zu dem, was das Bikini Berlin seinen Gästen bietet.

So beherbergte der Palast das dreigeschossige Weinrestaurant Traube, berühmt für seinen großen subtropischen Indoor-Garten mit Bäumen, großblättrigen Pflanzen und Blumen. Es schwirrten dort sogar Vögel zwischen all dem Grün hin und her! Im heutigen Gebäude gibt es das dreigeschossige Due Pezzi mit Feinkostangebot und kleinem Sofortverzehr-Angebot im Erdgeschoss, internationalem Restaurant mit 200 Sitzplätzen im ersten Obergeschoss und einer Lounge mit Terrasse im zweiten – und die Tropen-Optik findet sich, zumindest ein Stück weit, in der Monkey Bar im zehnten Stock des angrenzenden 25hours Hotels Bikini Berlin wieder.

Wenn sich ab sofort die Gäste im jungen Burgerkonzept Jim Block oder am kultigen Trailer des Burger de Ville einfinden, dann tun sie nichts anderes als das, was die Gäste des American Buffet seinerzeit im Gourmenia-Palast taten – genüsslich US-Food verzehren. 1928, wohlgemerkt. Ab und zu soll es auf dem zentralen Marktplatz im Inneren des Bikini auch Events geben, haben die Betreiber angekündigt – ob dann jenes Flair aufkommt, das im mondänen Café Berlin geherrscht haben muss, welches mit Tanzsaal, Teeraum und Cocktailbar aufwarten konnte sowie einem Dachgarten, dessen Decke sich öffnen ließ? Und sicherlich würden auch heute viele Leute in das Bierlokal Stadt Pilsen strömen, das es ebenfalls im Gourmenia-Palast gegeben hat. Denn ein Konzept rund um tschechisches Bier würde im Berlin des Jahres 2014 sicher regen Zuspruch finden. Tut es sogar schon, nur an einer anderen Stelle der Stadt.

Der Gourmenia-Palast währte indes nicht lange: Im Krieg wurde das Gebäude völlig zerstört. 1955 bis 1957 erbauten Paul Schwebes und Hans Schoszberger hier das Zentrum am Zoo, das die Berliner Schnauze wegen seines markanten offenen Laubengangs im mittleren Geschoss „Bikinihaus“ nannte. Zuletzt ein abgängiges Billigkaufhaus mit Imbissbuden, wurde es aufwändig renoviert und soll als Bikini Berlin nun neue Maßstäbe setzen. Wir werden es sehen. 

Foto: © Bildarchiv Foto Marburg 

 

 

 

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2 Kommentare

Jan-Peter 4. April 2014 - 14:43

Nachtrag: Burger de Ville musste weichen. Neuer Standort ist am Checkpoint Charlie. Auch nicht schlecht frequentiert. http://www.qiez.de/charlottenburg/wohnen-und-leben/neben-dem-bikini-haus-ist-der-wagen-von-burger-de-ville-verschwunden/165728379

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