Kreutzbergs Rezeptur: Open Innovation-Produkteinführung

von Jan-Peter Wulf

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Vor einigen Tagen war ich mal wieder im Betahaus Berlin zu Gast und stieß dort auf ein neues Getränk, das an diesem Tag vorgestellt wurde: Kreutzbergs Rezeptur, ein „Regenerativum“. Was es damit auf sich hat und wie es entwickelt wurde, dazu habe ich den Erfinder Jan Kreutzberg von der Nutrigon GmbH befragt.

Herr Kreutzberg, wie kamen Sie zu der Idee, ein eigenes Getränk zu kreieren, genauer: ein Regenerativum? Was ist das überhaupt?
Jan Kreutzberg:
Ich war etwa 12 Jahre für ein großes Berliner Pharmaunternehmen in Asien unterwegs und lebte unter anderem längere Zeit in Singapur und Südkorea. Ich bewunderte meine Kollegen, die es schafften, die ganze Nacht durchzuarbeiten, danach noch mit Kunden essen zu gehen – oft leckeres, aber fettiges Rinderfilet vom Grill – und dabei vor allem mehrere Flaschen Reiswein zu trinken. Danach zogen sie meistens weiter in eine Karaokebar und sangen und tranken fröhlich weiter. Am nächsten Morgen dann diese Disziplin: Sie saßen topfit am Schreibtisch und ließen sich zumindest äußerlich wenig anmerken.

Ich habe mich gefragt, wie das machen und erkannte, dass sie alle möglichen Gesundheitsdrinks einnehmen, kleine Fläschchen z.B. mit hohem Vitamin C-Gehalt, Kräutern der traditionellen orientalischen Medizin gegen Kater-Symptome und oft Rotem Ginseng für geistige Fitness. Daraus entstand die Idee, ein Getränk zu kreieren, das angepasst an den europäischen Geschmack die Funktionalität eines regenerierenden Getränks erfüllt – also gesund ist, fit macht, wach hält und gleichzeitig der Dehydrierung des Körpers entgegenwirkt. Sozusagen ein Getränk für Menschen des modernen Zeitgeists: Work hard, play hard.

Kreutzbergs Rezeptur haben Sie nicht alleine entwickelt, sondern zusammen mit einer Gruppe namens „6 People Like This“ von der UdK in Berlin. Warum? 
Der Chef meiner alten Agentur gab mir den Tipp, mich an die Gruppe zu wenden, da das Team genau die Zielgruppe eines solchen Drinks ist, es höchstmotiviert  ist und es auf der Suche nach einem Sponsor für ihr Abschlussprojekt des Studiengangs Kommunikation an der UdK war. Zudem haben einzelne Mitglieder bereits extensiv für Unternehmen in der Getränkeindustrie gearbeitet.

Wie sah die Produktentwicklung dann aus?   
Das war ein langer Prozess. Die ursprüngliche Idee war, ein Anti-Hangover-Getränk zu entwickeln und dafür das Marketing zu gestalten. 6people hatte dazu Ende letzten Jahres Tiefeninterviews mit potentiellen Konsumenten zum Thema Alkoholkonsum und Rausch geführt. Dabei hatten sie herausgefunden, dass der Rausch zwar gesellschaftlich akzeptiert, das Image der Behandlung von Kater-Symptomen allerdings sehr negativ besetzt ist. Auch die potentiellen Großhändler waren von der Positionierung eines Anti-Hangover-Drinks wenig begeistert. Zusätzlich erkannten wir, dass ein Wirkversprechen gegen die Symptome des Katers rechtlich bedenklich ist. Es sei denn, dass es durch extensive und teure Studien tatsächlich wissenschaftlich nachgewiesen werden kann.

Also flog der Anti-Kater-Ansatz raus. 
Ja. Hinzu kam, dass wir mittlerweile ein Getränk in der Hand hielten, das gesund ist, 30%Fruchtgehalt hat, eine hohe Menge an wertvollen Vitaminen und Mineralstoffen besitzt und einfach saulecker schmeckt. Die meisten, mit denen wir im Betahaus bei Verkostungen sprachen, sagten uns: Warum soll ich das nur am nächsten Morgen trinken, wenn ich verkatert bin. Das schmeckt mir auch tagsüber. So haben wir die Positionierung und das gesamte Marketing in vielen Stunden von Workshops zusammen mit 6 People erweitert und kamen schlussendlich auf die Quintessenz des Drinks: Er regeneriert Körper und Geist. Wichtigster Bestandteil bleibt allerdings das Cholin: Cholin ist eine lipotrope Substanz, die verhindert, dass sich zuviel Fettmoleküle in der Leber ansammeln und es so zu einer Fettleber kommt.  

Viele Getränkeeinführungen verlaufen ja klassisch über interne Entwicklung, Marktforschung, Einführung, die Flopraten sind hoch. Wie sieht Ihr Zwischenfazit aus: Hat der Weg über Community helfen können? Welche Vor- und Nachteile gibt es?
Es hat mir absolut geholfen, die so genannte „Open Innovation“ war ja von Anfang an Teil unserer Idee: Wir entwickeln step-by-step ein Produkt und designen es entsprechend mit dem Feedback der Community. Das fing an bei der Klassifizierung des Drinks (Regenerativum), ging weiter mit dem Geschmack und schließlich auch bei der entscheidenden Frage, ob das Design eher hip und funky sein oder eher etwas konservativer und die Funktionalität des Getränkes betonend, ohne langweilig zu wirken. Die Community ist wahnsinnig wichtig in solch einem Prozess, denn sie fungiert ja im Grunde wie ein Regulativ. Nachteile sehe ich kaum. Vielleicht, dass man sich leichter verlieren kann in all den Kommentaren und Feedbacks. Irgendwann muss  eben auch eine Entscheidung her, trotz all der Basisdemokratie. Fragen Sie mal 6 People, wie dort gestritten wurde..

Und wie geht es mit Kreutzbergs Rezeptur jetzt weiter?
Wir sind ja am Anfang einer dreistufigen Testphase. Stufe eins ist der Pre-launch im Betahaus. Stufe zwei ist der Test in Getränkeautomaten der BVG in Berlin. In Stufe drei versuchen wir gerade, in einige Tankstellen zu kommen und dort das Getränk im Kühlregal zu positionieren. Desweiteren sammeln wir so viele Vorbestellungen von Grosshändlern ein wie möglich. Mit dem Ergebnis der Testphase und den Pre-orders wenden wir uns dann an unsere Investoren und bestellen die erste große Charge an Dosen für den Launch in Berlin, dann Hamburg, dann München.

Vielen Dank!

Am 14. Mai stellt das Team von 6 People Like This seine Projektarbeit für Kreutzbergs Rezeptur an der UdK Berlin vor.
Mehr Informationen hier.  
Nutrigon GmbH 
Wikipedia-Beitrag zum Thema Open Innovation 

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