Interessiert mich die Bohne: Eindrücke vom Cup of Excellence im 19grams Berlin

von Marianne Rennella
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Foto: Marianne Rennella

Interessiert mich die Bohne? Aber ja: Denn die Bohne macht den Kaffee: Aroma, Säure, Süße, Fruchtigkeit und Intensität hängen von ihrer Qualität ab. Wie viel dann die Röstung wiederum ausmacht, das hänge vom Ego des Rösters ab. Das jedenfalls meint Anthony Piper, der Head Roaster des „19grams“ in Berlin-Mitte. Bei ihm seien es nur zehn Prozent, denn die Bohnen sind hier die Stars, sagt er bescheiden.

An diesem Tag ganz besonders, denn in der Berliner Rösterei 19grams (die zum Unternehmen Tres Cabezas gehört) wird der diesjährige Cup of Excellence, die weltweit beste Tasse Specialty Coffee, ausgewählt beziehungsweise ausgetrunken. (Als offizielles Global Coffee Center dürfen die Berliner erstmals den anspruchsvollen Wettbewerb in Deutschland ausrichten)

Während die Fachjury in der Rösterei konzentriert unzählige Kaffees testet, brüht der Piper für uns die fünf Finalisten aus Mexiko auf, die sich zuvor gegen ihre 900 Konkurrenten im eigenen Land hatten durchsetzen können. Der umfangreiche Bewertungsbogen gibt einen Einblick in die Komplexität der Beurteilung durch die Jury: Anhand von elf Kategorien mit jeweils acht Abstufungen soll der beste Specialty Coffee der Welt gefunden werden.

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Aber was bedeutet eigentlich Specialty Coffee? Durch den Begriff wird zunächst eine klare Abgrenzung gegenüber Commodity Coffee geschaffen: Statt Qualität steht dabei der günstige Preis im Vordergrund. Das geht, weil Kaffeebauern dabei nicht fair bezahlt werden und die Bohnen in großen Mengen und gemischt in Herkunft und Qualität schnell und stark geröstet werden. Der Kaffee soll am Ende immer gleich schmecken, egal aus welchen Bohnen er gemacht wurde, denn das ist die Erwartung an einen Supermarkt-Kaffee.

Ganz anders bei Specialty Coffee, denn hier interessiert die Bohne, die konkrete Bohne, das Anbaugebiet, die Farm, der Bauer. So soll es quasi genau so viele verschiedene Kaffees geben, wie es Farmer gibt. Und so sollen diese Wertschätzung für ihr Produkt erfahren, auch in Form von fairer Bezahlung. Die Farmen wiederum müssen nachhaltig wirtschaften, denn die Qualität des Kaffees beginnt mit der Qualität des Bodens. Auf Monokulturen und die Behandlung mit Pestiziden wird verzichtet, damit die Bohnen die bestmögliche Qualität haben. Je besser die Bohne, desto nebensächlicher die Röstung, denn es muss nichts kaschiert werden. Im Gegenteil: Durch die passende Röstung soll das maximale Geschmackspotenzial der grünen Bohne ausgeschöpft werden.

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Dass eine Tasse Specialty Coffee dann sauer, fruchtig oder süß schmeckt und fast mehr an Tee erinnert, ist ungewohnt, aber gewünscht. Im 19grams bietet man verschiedene Röstungen an, von sehr speziellen zu anderen, die mehr easy sind. Easy, das heißt gefälliger, schokoladiger, irgendwie italienischer. Es scheint, als müsse der Gaumen sich erst an die ungewöhnlichen Aromen des Specialty Coffee gewöhnen. Vor allem in Deutschland sei das schwierig, erzählt Gerrit Peters, einer der Geschäftsführer vom 19grams. Kaffee sei hier Zweck und weniger Genuss, so würde man in Deutschland Kaffee wie Wasser trinken (mehr sogar!). Vor allem billig müsse es also sein — und das ist nicht vereinbar mit Specialty Coffee. Dass der Kilopreis dann entsprechend höher ist, ist klar.

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Harte Arbeit: Die Jurorinnen Marianne Ryan und Kimberley Buckle probieren sich durch viele, viele Sorten. Foto: 19grams

Für Specialty Coffee braucht es also viel guten Willen und viel guten Geschmack, und beides scheint es glücklicherweise zu geben. Denn das 19grams ist mittlerweile mit vier eigenen Läden nicht nur in Berlin erfolgreich, sondern exportiert seine Kaffees in die ganze Welt. Der Trend geht immer mehr hin zu Transparenz und Nachhaltigkeit und genau das kann das 19grams seiner Kundschaft bieten: eine nachvollziehbare Wertschöpfungskette. Trotzdem interessiert Specialty Coffee wohl viele Menschen nicht die Bohne — eine Erweiterung des eigenen Kaffeehorizonts wäre es aber für alle.

Mit einem Spitzenwert von 91,58 Punkten kürte die Cupping-Jury den Geisha-Kaffee der Finca Santa Cruz zum Gewinner des Tages.  Er überzeugte mit seinem „floralen Geschmacksprofil und seinem vollen, cremigen Körper (…), er habe ein Aroma von Jasmin, ergänzt von tropisch-fruchtigen Noten von Mango und Sternfrucht – mit einer Süße von braunem Zucker und mit einem angenehmen langanhaltenden Nachgeschmack.“ 

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