Cocktail Cooperations: Batching und bottled cocktails sorgen für Win-Win

Bars beliefern andere Gastronomien – und beide profitieren

von Jan-Peter Wulf
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Foto: Terra München

Drinks vom spritzigen Aperitif bis zum kraftvollen Klassiker sind beliebt. Und das längst nicht nur in Bars, sondern überall in der Gastronomie: Ob Espresso Martini im Café am späten Nachmittag, der Negroni zum Restaurant-Dinner oder der Spritz im Ausflugslokal – die Nachfrage ist überall da. Aber wie bedient man sie?

Sprich: Lohnt es sich, eigenes Personal ab- oder einzustellen bzw. aufs Mixen zu schulen? Eine Bar einzurichten und die notwendige Ausstattung zu kaufen? Zeit und Kapazität für die Zubereitung einzuplanen? Fragen über Fragen. „Make or buy“ nennt die BWL die Entscheidung, die an dieser Stelle zu treffen ist. Den Zukauf von Cocktails, in hoher Qualität, trinkfertig und auf Wunsch sogar nach individueller Rezeptur für den Kunden, bieten heute verschiedene Unternehmen an. Wie aber wird aus dieser Business-to-Business-Kooperation eine für beide Seiten erfolgreiche? Wir haben uns in Frankfurt, Köln und München umgehört. 

Problemlöser

„Wenn die Nachfrage da ist, brauchst du eine Lösung. Und wir sind für viele Betriebe ein Problemlöser“, erklärt Sven Riebel. Der Frankfurter Bartender, bekannt aus dem „The Tiny Cup“, verkauft bereits seit 2019 unter dem Namen „NighthawksFFM“ vorgemixte Cocktails verschiedener Kategorien: Punches, Highballs, Aperitifs, alkoholfreie Varianten, dazu Cordials und Sherbets. Vom klassischen Negroni bis zu Eigenkreationen à la „Hanami“ mit Oolong-Tee, Gin, Blutorange, Basilikumblüte, Zitrone, Zucker, Lavendel und Schokolade reicht das Sortiment. Riebels Kunden sind Partybars im Bahnhofsviertel ebenso wie mexikanische Restaurants, die mit den fertigen Produkten Getränke schneller schicken können und/oder ohne ausgebildete Bartender auskommen. Je nach Kategorie werden die Drinks mit Soda, Tonic Water oder Schaumwein aufgefüllt oder mit Eis kalt gerührt – fertig.

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Foto: NighthawksFFM

„Wenn man einen guten Vertrieb hat, kann es ein erträgliches Geschäft werden“, erklärt Riebel. Denn je mehr Betriebe ein einzelnes Produkt abnehmen, desto mehr Skaleneffekte (und sinkende Grenzkosten der Produktion) ergeben sich, womit nicht nur die Marge steigt, sondern auch die Verkaufspreise angepasst werden können: Dadurch, dass er zurzeit zwei große Abnehmer hat, habe er die Verkaufspreise kürzlich sogar senken können. 

„Höherer Speed of Service“

Einer seiner Kunden ist das Unternehmen „cuisyn“, das sich auf den Kauf erfolgreich laufender Gastronomiebetriebe und deren Weiterführung spezialisiert hat. 2024 übernahm es das „Oosten“ direkt am Main, ein beliebtes modernes Ausflugslokal. Für die „urbane Spritzeria“ im Obergeschoss verwendet man Spritz- und Highball-Kreationen von „NighthawksFFM“. Für „cuisyn“-Geschäftsführer Markus Langkamm hat die Kooperation drei Vorteile: „Du brauchst nur sehr bedingt spezialisiertes Barwissen, hast einen wesentlich höheren Speed of Service – und kannst die Persönlichkeit eines bekannten Bartenders nutzen.“

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Ein Abnehmer der Nighthawks-Cocktails: Oosten, Frankfurt

Erstens: Durch die Vorfertigung braucht das „Oosten“ kein fachlich perfekt auf Drinks geschultes Personal, kann aber trotzdem ein technisch anspruchsvolles – und kundenseitig nachgefragtes – Produkt anbieten. Ebenso kann es – zweitens – dieses Produkt wesentlich schneller anbieten, als würde man es vor Ort und à la minute komplett selbst herstellen. Durch das Outsourcing ist das Getränk im Handumdrehen fertig. „Cocktails könnten wir sonst gar nicht schnell genug schicken“, so Langkamm. Zudem werden Kapazitäten frei, die die Mitarbeitenden gegebenenfalls anderweitig einsetzen können. Und drittens „ist die Fragestellung der Craftmanship beantwortet“, wie Langkamm es formuliert:

Es sei ihm wichtig, dass er den Namen Sven Riebel, in der Stadt und darüber hinaus für seine Cocktailkompetenz bekannt, werblich nutzen dürfe. „Persönlichkeit und Regionalität spielen für den Erfolg eine große Rolle“, fügt er hinzu. Prebottled-Cocktail-Produkte internationaler Marken, wie es sie im Handel wie in der Gastronomie gibt, kann er sich für nicht vorstellen, wohl aber eine Ausweitung der Kooperation mit „NighthawksFFM“ auf weitere Betriebe. Eine solche Zusammenarbeit bietet aus seiner Sicht für viele Szenegastronomien die Möglichkeit, die Nachfrage nach Cocktails und eine hohe Qualität zu verbinden. 

Mit Tastings zum B2B-Kunden

Auch Indika Silva, Betreiber der Bars „Toddy Tapper“ und seit 2024 „Zest And Spice“ in Köln, legte den Grundstein für sein Bottled-Business bereits 2019. In der Coronazeit verkaufte er, wie so viele Bars, direkt an Endkonsumenten und dies anders als die meisten auch heute noch. Vor allem aber floriert sein B2B-Geschäft mit über 20 Gastrokunden aus der Stadt – der „Club Bahnhof Ehrenfeld“, der „Tanzbrunnen“ oder das „Fi“ zählen dazu, ebenso die neue „Off Bar“ oder das Café „Impact“, das seinen Espresso Martini verkauft. Neben dem eigenen Portfolio von der „Ceylon Mule“ bis zum „Paddy Fields Punch“ stellt man auch maßgeschneiderte, exklusive Cocktails für seine Kunden her. „Das ist zwar aufwändig, aber dafür stehen wir“, so Silva. 2021 und 2022 habe er vor allem in das Geschäft investiert, 2023 war erfolgreich, 2024 war ein Topjahr. „Und 2025 könnte sogar noch besser werden“, freut sich der Bar-Unternehmer.

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Das Bottled-Cocktail-Sortiment des Toddy Tapper

Von seinen drei Betrieben erziele die „Toddy Tapper Cocktail Company“ sogar den meisten Gewinn, weiß er zu berichten. Anfangs sei ihm viel Desinteresse und Vorbehalt begegnet. Überzeugungsarbeit leistete er, indem er Gastronomen regelmäßig zu Verkostungen in seine kleine „Toddy Tapper Boutique“ in die Kyffhäuserstraße einlud – wie man sie aus der Spirituosenindustrie kennt. So konnten die Kollegen in vivo erleben, wie ihre eigenen Gäste die fertig zubereiteten und angerichteten Cocktails genießen könnten – und das zog. Ebenso der Preis: Pro Liter (ergibt zehn Drinks) liegt man für die Gastronomie meist zwischen 16 und 20 Euro, fertige Cocktails mit der Trendfrucht Yuzu liegen ein Stück darüber. Diese will Silva noch mehr pushen: „Frische Yuzu ist in Deutschland oft sehr teuer. Wir haben zum Glück einen Händler gefunden, mit dem wir Drinks mit frischem Yuzusaft zu einem guten Preis anbieten können.“ 

„Die Gäste waren begeistert“

Besonders eng kooperiert Silva mit der kurdisch-türkischen Restaurantkette „Bona’me“, die mittlerweile zehn Standorte hat, drei davon in Köln. Die Cocktails von Toddy Tapper sind in allen Objekten und Städten im Einsatz. Nachdem er bereits die Getränkekarte für die Restaurants mitkonzipiert hatte und auf Seiten des Kunden 2020 die Idee entstand, Cocktails anzubieten, testete man zunächst sechs Wochen lang zwei Produkte.

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Arbeitet erfolgreich mit den Kölner Cocktails: Bona’me

„Die Gäste waren begeistert“, berichtet Ceyhun Dogan, der das Familienunternehmen zusammen mit seinen Geschwistern leitet. So baute man die Kooperation sukzessive aus, heute arbeiten alle zehn Betriebe mit den Cocktails, die sich aus den Standards aus dem Toddy-Tapper-Sortiment und Eigenkreationen sowie saisonalen Specials zusammensetzen. „2024 haben wir mit Spritzes angefangen und auch alkoholfreie Drinks sind jetzt ein spannendes Thema für uns“, so Dogan. Angeliefert werden die Flaschen über den eigenen Logistiker, acht bis neun Positionen führt jedes Outlet auf der Karte. Im Münsteraner Franchisebetrieb, der über eine große Bar verfügt, sind es sogar mehr als ein Dutzend. Neben der Hochwertigkeit und dem Preis überzeugt auch die Gelingsicherheit, wie es in der Kochwelt heißt: „Durch die klare Struktur haben wir so gut wie keinen Schwund“, berichtet Dogan. „Ja, es ist etwas teurer, dafür haben wir keine Vorbereitung und müssen niemanden extra ausbilden.“

Vollendet veredelter Espresso Martini

Einen ganz besonderen „proof of concept“ gibt es in München: Denn das 2018 gegründete Unternehmen „C&L Mixology GmbH“ hat sich nicht nur mit seiner High-End-Marke „Cocktale“ auf die gehobene Hotellerie und die Bestückung von Minibars (inklusive Playlist zum Drink) und der Lifestyle-Marke „BOCO Bottled Cocktails“ für die Gastronomie ausgerichtet, sondern betreibt seit 2023 auch eine eigene Bar, die „Terra Bar“ im Souterrain des Hotels „Bob W Munich Old Town“ in der Baaderstraße. Die dort ausgeschenkten Cocktails stammen allesamt aus der eigenen Manufaktur in München und werden, wie bei externen Kunden, vor Ort „nur“ auf Eis angerichtet, garniert und anderweitig gefinisht. „Wir bekommen immer das Kompliment, dass unser Barpersonal so gesprächsfreudig ist“, berichtet Geschäftsführer Christian Eder schmunzelnd.

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Die Münchner Bar „Terra“ nutzt bottled cocktails aus quasi eigener Produktion

Klar: Es bleibt mehr Zeit für Service und für Kommunikation, wenn der Großteil der Fertigung vorab geschieht. Neben den Standards (u.a. Manhattan, Whiskey Sour, Margarita und „Açaí-Tini“) bietet man auch exklusive Rezepturen für seine Kunden an, zu denen Clubs, Listening-Bars, Hotels sowie Dallmayr gehören. Das Münchner Kaffeehaus kann seinen Kunden in der Gastronomie dank einem Drei-Liter-Premix einen Espresso Martini in Spitzenqualität anbieten.

Sogar die Sparkasse ist interessiert

Den Verkauf von „draft cocktails“ will man ebenso forcieren wie bald den Verkauf eines Espresso Martini in der Dose starten – mit einem „nitro widget“, das beim Öffnen für attraktive Schaumbildung sorgt. Dieses Produkt will man in den Einzelhandel, aber auch Events und andere Großveranstaltungen bringen. „Es wird immer High-End-Bars und Mixologen geben, die alles selbst machen“, so Eder. Aber eben auch Betriebe, die mit zugelieferten Produkten in hoher Qualität arbeiten – in der Kochwelt, nochmal die Analogie, nennt man es „high convenience“. Kürzlich kam sogar eine norddeutsche Sparkasse auf das Unternehmen zu: Man könne sich gut vorstellen, in seinem neuen Konzept, das mehr auf Socialising als aufs Sparbuch ausgerichtet sein soll, eine Bar nach „Terra“-Vorbild zu betreiben. 

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