Hans Cela: „Es entwickelt sich ein stärkeres Bewusstsein für das Essen“

Interview mit dem Betriebsleiter des Berliner Schul- und Kitacaterers GREENs Unlimited

von Jan-Peter Wulf
DSC0246 1 2 - food-nomyblog, catering Hans Cela: „Es entwickelt sich ein stärkeres Bewusstsein für das Essen“

Fotos: Greens Unlimited

Hans Cela ist Betriebsleiter des Berliner Schul- und Kitacaterers GREENs unlimited Berlin GmbH und seit fast zehn Jahren für das gemeinnützige Unternehmen tätig. Zuvor arbeitete er als Koch in der klassischen Gastronomie. In der von ihm geleiteten Produktionsküche am Olympiapark werden derzeit über 4.000 Essen täglich frisch gekocht – mit einem Bioanteil von über 90%. Wir sprachen über Nachhaltigkeit, Inklusion – und wie es gelingt, dass Kindern Schaf und Wasserbüffel schmecken.

Herr Cela, in Ihren Worten: Wofür steht GREENs?

Wir versuchen, möglichst viele Produkte in Bioqualität herzustellen, die ohne lange Fahrtwege von unseren Handelspartnern aus Berlin und Umgebung kommen. Und wir stehen für Spaß am Essen, sowohl in der Küche als auch in den Schulen.

Wie erzeugen Sie Spaß bzw. Freude am Essen in den Schulen?

Indem wir die Schüler:Innen mitnehmen. Zum Beispiel mit unserem Projekt 1 Hektar Zukunft auf unserem Hof südlich von Berlin, wo wir regelmäßig Workshops für Schulen anbieten. Die Schüler:Innen verbringen einen Tag auf dem Hof, lernen das Obst und die Hülsenfrüchte kennen, die wir dort anbauen und erfahren, wie sie zubereitet werden. Wir erklären auch in den Schulen vor Ort, woher das Essen kommt und zeigen Fotos von den Köchen, um eine Verbindung herzustellen. Außerdem laden wir die Schüler:Innen zu klimafreundlichen Kochworkshops in unsere Großküche ein.

Den Bioanteil haben Sie auf über 90 Prozent steigern können. Wie haben Sie das erreicht?

In einem sehr langen Prozess (lacht). Als ich im Unternehmen anfing, waren es schon über 40%. Der Anteil stieg dann aufgrund von senatsseitigen Forderungen, doch vor allem wollen wir auch selbst am liebsten 100% biologisch kochen. 2024 haben wir die Kantinen-Werkstatt von „Kantine Zukunft“ erfolgreich abgeschlossen (eine Reportage dazu hier). Wir züchten eigene Bio-Rinder und haben mit Endorphina in Neukölln jetzt eine Bio-Bäckerei übernommen, in der wir unser eigenes Brot backen. Langfristig wollen wir auch unser eigenes Bio-Gemüse anbauen. Und wir arbeiten mit entsprechenden Lieferanten zusammen – wie Terra Naturkost, Havelland Bio Manufaktur, Geko Fruchthandel oder dem Inklusionsbetrieb Karma Kollektiv, von dem wir Bio-Gewürze in Mehrwegbehältern beziehen.

Stichwort Inklusion: GREENS Unlimited beschäftigt ebenfalls Menschen mit Beeinträchtigungen. Was bedeutet das für das Arbeiten

Es ist ein ganz anderes: offener, sozialer, verständnisvoller. Wir können nicht erwarten, dass alles immer nach Plan abläuft. Bei uns arbeiten Menschen mit körperlichen und geistigen Beeinträchtigungen. Es ist sehr wichtig, sie immer ins Boot zu holen und ihre Handicaps zu beachten. Darin unterstützen uns zwei Sozialpädagoginnen, die uns regelmäßig besuchen. Sie führen keine Schulungen durch, sondern wir sprechen alle miteinander: Was läuft gut, was nicht? Was belastet uns und wie gehen wir damit um? Ziel ist, Probleme effektiv und stressfrei zu lösen. Das Betriebsklima ist sehr gut.

MG 8379 - food-nomyblog, catering Hans Cela: „Es entwickelt sich ein stärkeres Bewusstsein für das Essen“

DSC0991 1 5 - food-nomyblog, catering Hans Cela: „Es entwickelt sich ein stärkeres Bewusstsein für das Essen“DSC0106 1 - food-nomyblog, catering Hans Cela: „Es entwickelt sich ein stärkeres Bewusstsein für das Essen“

GREENS Unlimited arbeitet ökologisch und sozial nachhaltig. Wie gelingt es Ihnen auch ökonomisch nachhaltig?

Durch immer mehr Anbauplanung mit den Bauern. Wenn wir ihnen zum Beispiel die Abnahme von zehn Tonnen Kürbis für die kommenden zwei Jahre garantieren und einen Preis vereinbaren, den wir uns leisten können, so erhalten beide Seiten Sicherheit. In Zusammenarbeit mit United Against Waste haben wir festgestellt, dass wir 30 Prozent überproduzieren, woraufhin wir die Portionsgrößen angepasst haben.

Wie blicken Sie generell auf die Einbindung des Caterings in die Schule?

Es muss weiterhin viel Aufklärung an den Schulen betrieben werden. Ich beobachte aber auch, wenn ich vor Ort bin, dass die neue Generation von Erzieher:Innen ein stärkeres Bewusstsein für das Essen entwickelt. Das Mittagessen wird teilweise begleitet und es wird über die Speisen gesprochen, es ist nicht mehr nur eine möglichst schnelle Nahrungsaufnahme. Grundsätzlich wünsche ich mir, dass Ernährung noch mehr in den Unterricht gelangt. Wie können wir den Planeten schon alleine durch das Essen besser machen? Wir versuchen küchenseitig, es klimafreundlicher zu gestalten. Es muss aber auch zu Hause passieren. Das ist der Knackpunkt.

Woran arbeiten Sie derzeit?

Wir haben an unserer Produktionsküche am Olympiapark kürzlich Ladestationen installiert und wollen langfristig den gesamten Fuhrpark auf Elektromobilität umstellen. Noch mehr frische Ware zu verwenden ist unser Dauerprojekt – auch da können wir noch vieles verändern. Jetzt zum Beispiel kommt frisches Ofengemüse auf den Speiseplan, das war mir persönlich wichtig. Es ist einfach zuzubereiten – Putzen, Vierteln, Marinieren – und vor allem erhält es Zuspruch: Denn je kleiner etwas geschnitten ist, desto eher wird es abgelehnt, weil die Schüler nicht erkennen, was es ist. Ohnehin wollen wir noch mehr auf ihre Wünsche eingehen. Seit dem vergangenen Schuljahr führen wir viermal pro Jahr Zufriedenheitsumfragen durch: Passen Umfang und Portionsgröße? Was wünscht ihr euch? Soll es mehr gutbürgerliches Essen geben oder mehr „Multikulti“? Das versuchen wir zu berücksichtigen.

In Berlin ist das Schulessen bis zur sechsten Klasse kostenfrei. Wie schwierig ist es aber, auch die höheren Klassen noch für die Schulmensa zu begeistern?

In den Oberschulen – wir beliefern aktuell drei – ist die Nachfrage definitiv viel geringer. Wir setzen hier jetzt an, indem wir mehr To-go-Speisen anbieten wie Salate oder kleine Desserts wie Joghurt im Glas. Die kann man essen, wo man möchte.

Was sind Ihre aktuellen Topseller?

Die Klassiker: Spaghetti mit Tomatensauce oder Bolognese, Milchreis, Kartoffeln mit Quark, aber auch Bratwürstchen. Wir haben kürzlich an zwei Schulen eine Schafsbratwurst getestet. Für diese werden Weideschafe ganzheitlich verwertet, das Projekt heißt reffiSchaf.

Eine Bratwurst aus Schaffleisch? Wie gut kam die bei den Schülerinnen und Schülern an?

Das haben wir abgefragt: 71% hat es geschmeckt. Man muss dazu sagen: Wir haben die Wurst mit Pilzen und Kartoffeln gemischt, sodass sie recht mild schmeckte. Und wir haben die Aktion mit Flyern und Plakaten unterstützt. Man muss die Schüler:Innen durch Kommunikation dazu bringen, wenigstens einmal zu probieren. Nur so können sie feststellen, dass ihnen etwas schmeckt, was sie sonst nicht essen würden. Dadurch haben wir auch erreicht, dass auch unsere Bolognese vom Wasserbüffel sehr gut angenommen wird.

Herr Cela, vielen Dank für das Gespräch.

Über GREENs Unlimited
Die GREENs Unlimited Berlin GmbH ist ein gemeinnütziges Cateringunternehmen, das sich seit seiner Gründung im Jahr 1995 der nachhaltigen Schul- und Kitaverpflegung in Berlin verschrieben hat. In seiner Küche am Berliner Olympiapark produziert GREENs täglich über 4.000 Essen für aktuell 14 Schulen sowie zwei Kitas. Das Unternehmen ist gemeinwohlbilanziert und hat 2022 mit seiner Bildungsinitiative „1 Hektar Zukunft“ einen Lernort für klimabewusste Ernährung aufgebaut, der Kindern Zusammenhänge zwischen Ernährung, Umwelt und Gesundheit erlebbar macht. 2024 schloss man das Trainingsprogramm von „Kantine Zukunft“ erfolgreich ab und steigerte seinen Bio-Anteil auf über 90%. 2025 erhielt GREENs den „Frankfurter Preis“. Insgesamt beschäftigt man aktuell 65 Personen mit und ohne Beeinträchtigung.

Weiterlesen:

KOMMENTIEREN

* Durch die Verwendung dieses Formulars stimmen Sie der Speicherung und Verarbeitung Ihrer Daten durch diese Website zu.