
Bilder von den Kochworkshops. Fotos: Speiseräume / Stadt Land Küche
Seit 2024 unterstützen unter dem Namen „Stadt-Land-Küche“ zwei Projekte in Sachsen die öffentliche Gemeinschaftsgastronomie sowie in Leipzig und Umgebung Restaurants, Imbisse und Betriebskantinen. Ziel ist, nachhaltige Speiseangebote zu entwickeln, mehr regionale Bioprodukte einzusetzen und ihre Qualität kostenneutral zu verbessern. Ein Zwischenbericht.
Die Nachfrage nach dem Beratungs- und Trainingsangebot von Stadt-Land-Küche ist erfreulich hoch – insbesondere im Bereich der Gemeinschaftsgastronomie. „Wir erhalten sachsenweit viele Anfragen“, erklärt Dr. Philipp Stierand, Geschäftsführer der Speiseräume – Urban Food Concepts GmbH, die den Zuschlag für das sächsische Projekt erhielt. Mit dem Beratungsformat „Kantine Zukunft“ hat das Unternehmen bereits in Berlin und Brandenburg zahlreiche Betriebe auf dem Weg zu einer nachhaltigeren, gesünderen und geschmackvolleren Küche begleitet.
Trainings, Workshops, Events und Vernetzung
Von Kitas und Schulen über Einrichtungen der öffentlichen Verwaltung bis hin zur Meißener Porzellanmanufaktur: Über ganz Sachsen verteilt nehmen derzeit rund 24 Küchen teil, 17 im Bereich der öffentlichen Gemeinschaftsgastronomie und sieben aus der Betriebs- und Individualgastronomie. Acht weitere öffentliche Gemeinschaftsgastronomie starten bald in die Beratung. Als erste Einrichtung hat die mensa55 des Studentenwerks Chemnitz-Zwickau das sechsmonatige Küchentraining erfolgreich abgeschlossen und ein Zertifikat erhalten: Die Mensa hat ihren Bio-Anteil auf bis zu 21 % erhöht, den Einsatz hoch verarbeiteter Produkte von 27 % auf 16 % gesenkt und neue Gerichte auf den Speiseplan gebracht.
Die Beratung umfasst eine intensive Begleitung vor Ort durch erfahrene Küchentrainer, die gemeinsam mit den Küchenteams neue Zutaten einführen und Gerichte entwickeln. Ergänzend bietet Stadt-Land-Küche Kochworkshops in Trainingsküchen in Leipzig und Dresden an. Fachveranstaltungen zu Themen wie Fisch aus sächsischer Teichwirtschaft, Gemüse, Hülsenfrüchten, Backen oder saisonalem Kochen sowie Onlinekurse – etwa zur Einkaufsberatung oder zur Biozertifizierung – setzen zusätzliche Impulse und fördern die Vernetzung. Auch Exkursionen mit Küchenteams zu landwirtschaftlichen Betrieben stehen auf dem Programm.
Unterstützung für nachhaltige Ausschreibungen
Ein weiterer Bestandteil des Angebots ist die Ausschreibungsberatung für kommunale und kirchliche Träger sowie Wohlfahrtsverbände. Praxisnah und ergebnisorientiert werden diese darin unterstützt, Ausschreibungen für Caterer oder Dienstleister so zu gestalten, dass Nachhaltigkeit und Qualität steigen – etwa durch einen geringeren Anteil hochverarbeiteter Lebensmittel und den vermehrten Einsatz saisonaler, ökologischer Produkte aus der Region, erläutert Projektkoordinator Raphael Weber. Um die Umstellung auf regionale Bezugsquellen zu erleichtern, arbeitet das Projekt eng mit der sächsischen Agentur für regionale Lebensmittel Agil zusammen, die den Auf- und Ausbau von Wertschöpfungsketten unterstützt und Akteure entlang der gesamten Lieferkette vernetzt.
Beratung für Betriebs-, Individual- und Schnellgastronomie
In den Landkreisen Leipzig und Nordsachsen wird seit Herbst 2024 ein zweiter Dienstleistungsauftrag unter dem Namen Stadt-Land-Küche umgesetzt – diesmal mit Fokus auf private Betriebsgastronomie, Individual- und Schnellgastronomie, finanziert aus Bundes- und Landesmitteln. Teilnehmende Betriebe können individuell beraten werden. Bis zu 4,9 Beratungstage können für die Themen aufgewendet werden, bei denen der jeweilige Betrieb Unterstützung wünscht. Darüber hinaus können die Küchenteams an vielfältigen Koch-Workshops und Online-Seminaren teilnehmen und erhalten Unterstützung in der Kommunikation, um ihren Gästen Veränderungen im Speiseangebot transparent und attraktiv zu vermitteln.
Bereits beteiligt sind unter anderem die Kantine der Leipziger Stadtwerke (betrieben von Klüh Catering), das Berufsförderungswerk der Stadt Leipzig sowie kleinere Individualbetriebe wie die Kiosk-Kantine Hayai in der Plagwitzer Markthalle, in der sich auch die Trainings- und Schulungsküche des Projekts befindet. Ende September fand dort zudem der erste Gastromarktplatz statt, der Akteure aus Gastronomie, Landwirtschaft, Handel, Logistik und Küchentechnik zusammen brachte.
Wirtschaftlich nachhaltig in schwierigen Zeiten
Die größte Herausforderung besteht aktuell darin, Betriebe der Individualgastronomie für das – kostenfreie – Beratungsangebot zu gewinnen, berichtet Philipp Stierand. Viele dieser Betriebe stehen unter wirtschaftlichem Druck und sind stark mit sich selbst beschäftigt. „Unsere Aufgabe ist es, zu zeigen, dass wir für einige dieser Probleme konkrete Lösungen anbieten können“, erklärt er. Denn das Programm zielt – ob für Gemeinschafts-, Betriebs- oder Individualgastronomie – immer auch auf wirtschaftliche Nachhaltigkeit ab: durch effizientere Arbeitsabläufe, Reduzierung von Lebensmittelabfällen, Senkung des Energieverbrauchs und ganzheitliche Prozessoptimierung. Ein umfassendes Leistungsbündel, mit dem Betriebe zukunftsfähig aufgestellt werden können. Von der Expertise des interdisziplinären Teams – bestehend aus Köchen, Ernährungswissenschaftler:innen, Stadt- und Raumplaner:innen sowie Projektmanager:innen – profitieren alle Betriebstypen.
Über Speiseräume
Das Berliner Unternehmen Speiseräume hat sich auf die Gestaltung zukunftsfähiger Ernährungssysteme spezialisiert und fungiert als Dienstleister für Betriebe, Kommunen und Länder. Zu den Projekten zählen unter anderem „Kantine Zukunft“ in Berlin und Brandenburg, die Entwicklung einer Ernährungsstrategie für die Freie Hansestadt Bremen, das Konzept für das „Haus der Kost“ in München sowie Beratungen für Unternehmen wie Generali Services GmbH oder die Kantine der Condio GmbH in Werder.