Effizient, erschwinglich, lecker: Publix Kantine, Neukölln

Ein Gericht pro Tag und Event-Catering für schmale Budgets

von Jan-Peter Wulf
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Foto: Redaktion

   Die Kantine im neuen Haus für gemeinnützigen Journalismus „Publix“ setzt auf frische Ofengerichte und schlanke Operations. Und trifft damit den Zahn der Zeit.

„Seitdem wir die Kantine machen, esse ich selbst auch viel besser“, sagt Jeremias Stüer lachend. Früher habe er sich oft etwas Frittiertes, nicht wirklich Gesundes zum Lunch geholt, heute ist er umso öfter selbst Gast in seinem eigenen Restaurant. Genauer: In seiner eigenen Kantine. Zusammen mit seinem Geschäftspartner Daniel Kalthoff betreibt er seit Sommer 2024 die Publix Kantine in der Neuköllner Hermannstraße.  Sie befindet sich in einem imposanten Neubau namens Publix, den die Schöpflin Stiftung aus Lörrach als Haus für gemeinnützigen Journalismus errichtet hat: Über 30 Unternehmen, Initiativen und Organisationen, u.a. „Correctiv“, „Reporter ohne Grenzen“, das „Netzwerk Recherche“ oder die „Klimareporter“ haben in den oberen Geschossen des 4.000-Quadratmeter-Komplexes Büroräume bezogen. Zusätzlich bietet man in der zweiten Etage Coworking-Arbeitsplätze z.B. für Freiberufler*innen an.

Rund 280 Personen arbeiten schon hier, 350 sollen es werden, erklärt Katharina Klün, die u.a. für das Konferenz- und Veranstaltungsprogramm des Hauses zuständig ist. Im Erdgeschoss befinden sich Studios, Schnittplätze, zwei Eventflächen für Tagungen und Konferenzen – und als öffentlicher Bereich ein Forum mit der „Publix Kantine“.

Die Betreiber sind Nachbarn

Kalthoff und Stüer kennen den Standort gut. Gleich gegenüber betreiben sie das Café und Restaurant 21gramm in der ehemaligen, schmucken Aufbahrungshalle des Friedhofs St. Thomas. Dort stellte die Stiftung die Architekturpläne für den Neubau vor, so lernte man sich kennen – und so entstand die Kantinen-Kooperation. Knapp 60 Plätze gibt es derzeit im Raum vor der großen Fensterfront mit Blick ins Grüne, hinzu kommt der tribünenartige Aufgang zu den oberen Geschossen, auf dem sich am Mittag ebenfalls Gäste zum Essen niederlassen. Auch auf der Terrasse bietet man Plätze an, sodass die Kapazität bei Bedarf ausgeweitet werden kann. 

Ein Gericht pro Tag

Während Kalthoff und Stüer auf der anderen Straßenseite ein umfangreiches Frühstücks- und Branchen anbieten, ist das Sortiment hier geradezu minimalistisch: Es gibt wochentäglich exakt ein Mittagsgericht zum aktuellen Festpreis von 9,40 Euro (10 Prozent Rabatt für die Mieter im Haus). Fleisch können sich die Gäste zum Aufpreis von rund 4 Euro dazubuchen. Angeboten werden in erster Linie frische, vegane Ofengerichte wie Ratatouille mit Couscous, Minze und Petersilie (Option: Zitronenhühnchen), Chili-Bohnen mit Reis, Koriander und Limette (Option: geschmorter Schweinenacken) oder Kartoffel-Erbsen-Eintopf (Option: Käsekrainer). Die Gäste bedienen sich selbst an den Chafing Dishes, die ebenso wie Reiskocher und Salatschalen auf dem markanten Betontresen platziert werden. Abgerechnet wird je Teller, eine Waage gibt es nicht. Sandwiches und Joghurt mit Granola am Morgen sowie hausgebackene Kuchen am Nachmittag runden das Sortiment ab.

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Daniel Kalthoff und Jeremias Stüer. Foto: Unternehmen

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Die Publix Kantine. Foto: Redaktion

Den Zahn der Zeit getroffen

„Unser Angebot wird gut angenommen und wir haben kontinuierlich mehr Gäste“, zeigt sich Daniel Kalthoff zufrieden. Rund 170 Essen am Tag werden bereits verkauft, man könne die Kapazität auf 200 bis 250 problemlos steigern, fügt Stüer hinzu. Und das ohne echte Vollküche und relativ wenig Platz – Dreh- und Angelpunkt ist der große Konvektomat, mit dem man praktisch alles (vor)produziert, sodass es in der Stoßzeit schnell geht. Selbstbedienung inklusive Rückgabe statt Service, zwei Küchenkräfte in Teilzeit bzw. halbtags ins „21gramm“ wechselnd und der Fokus auf einfache, frische Gerichte machen den erschwinglichen Preis möglich, der auch viele Gäste aus dem Kiez anlockt. 

Bis Ende 2024 betrieb das Duo auch das Restaurant „Terz“ im nahe gelegenen Schillerkiez (jetzt eine Filiale von La Maison). Kalthoff blickt selbstkritisch auf das Konzept zurück: „Als Tagesrestaurant war es eigentlich immer etwas zu teuer und zu kompliziert. Mit allem Drum und Dran ist der Gast am Mittag nicht unter einer Stunde wieder raus gegangen.“ In der Publix Kantine könne man, wenn man es eilig hat, auch binnen zehn Minuten seinen Lunch einnehmen. „Und die Gerichte finde ich fast noch besser.“

Man treffe den Zahn der Zeit: Die Gäste 2025 wollen einfaches und gutes Essen, weniger „Gönnung“ und Opulenz, wie diverse Brunchkonzepte in der Stadt sie bieten, aber besonders unter der Woche mit mangelnder Frequenz zu kämpfen haben. Dabei spielt natürlich auch die wirtschaftliche Situation eine Rolle. Praktisch alle Umfragen und Studien, die sich derzeit mit dem Thema Ausgehverhalten und Ausgabebereitschaft beschäftigen, kommen zu ähnlichen Ergebnissen: Es wird gespart – durch selteneres Essen außer Haus, durch Weglassen von Komponenten oder Teilen von Gerichten, durch Ausweichen auf günstigere Alternativen. Ein Konzept wie das der „Publix Kantine“ kommt da gerade richtig. Kalthoff bestätigt es:  „Die Leute wollen einfach weniger Geld ausgeben.“

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Einer der beiden Eventspaces im Publix

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Dining Room mit Küche im Obergeschoss. Foto: Redaktion

„Unser Game ist das Prep-Game“

Mit Fokus auf Effizienz und Erschwinglichkeit betreibt man nicht nur das Kantinen-Geschäft, sondern richtet auch die Caterings (30 bis 250 Personen) entsprechend aus. „NGO-affin“ nennt es Jeremias Stüer. Es sind größtenteils die im Haus ansässigen Organisationen oder solche aus deren Netzwerken, die im „Publix“ Konferenzen und Tagungen ausrichten. Viele finanzieren ihren Betrieb aus Spenden oder Förderungen und müssen ohnehin mit kleinen Budgets wirtschaften. Wie bedient man diese Anforderungen? „Indem wir auch hier sehr prozessoptimiert arbeiten“, erklärt Stüer: „Unser Game ist das Prep-Game“.

Es wird nicht live gebraten, frittiert oder gekocht, sondern es werden Speisen – wie beim Lunch – in größeren Mengen vorbereitet. Frische und nahrhafte Gemüsedipps, Aufstriche und Brote kommen hinzu. Und weil es sich meist um Daytime-Caterings handelt, setzt man auf leichte, bekömmliche Gerichte, damit die Gäste danach gestärkt, aber eben nicht übersättigt weiterarbeiten bzw. den Inhalten der Konferenz folgen können. Wenn gewünscht, kann aber auch ein Catering auf Fine-Dining-Level aufgefahren werden – schließlich kommen Kalthoff und Stüer aus der klassischen Gastronomie.

Man merkt es den beiden an: Für sie hat das Downgrading in puncto Sortiment und Service, mit dem sie in der „Publix Kantine“ agieren, etwas angenehm Befreiendes. Und den Gästen, internen wie externen, scheint es auch zu gefallen. 

Publix Kantine
Hermannstraße 90, 12051 Berlin
Fläche: ca. 100 qm, Terrasse ca. 50 qm
Kapazität: ca. 100 Plätze innen, 20 außen 
Öffnungszeiten: Montag bis Freitag 8 bis 17 Uhr, Lunch 12 bis 14:30 Uhr
Betreiber: Daniel Kalthoff, Jeremias Stüer

Publix Events
Konferenzraum: 90 qm, 80 PAX
Forum: 185 qm, ca. 140 PAX
Panorama-Studio mit Küche: 70 qm, 14 PAX


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