Bericht aus der Champagne: Zu Besuch bei Duval-Leroy und Barons de Rothschild

von Liv Fleischhacker
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Ein Hektar Rebfläche gehört zum Haus von „Champagne Barons De Rothschild“

Champagner – so wunderbar französisch dekadent. Da gibt es so eine bestimmte Region und nur ein Schaumwein, der von den dort angebauten Trauben gemacht wird und dessen Herstellung auch im Ort stattfindet, darf sich Champagner nennen. Feinste Perlage, süffig und von den Königshäusern der Welt über die letzten Jahrzehnte genossen. Unsere Autorin Liv Fleischhacker hat sich in den Nordosten Frankreichs aufgemacht und hat zwei ganz unterschiedliche Champagnerhäuser besucht.  

Der Name „Champagne“ stammt eigentlich aus dem Italienischen: „Campagne“ bedeutet Bauernland. Passend, brachten doch die Römer den Weinbau nach Frankreich. Bäuerlich ist die Champagne tatsächlich und ziemlich flach. Da denkt die Spirituosenjournalistin an rollende Weinberge des Bordeaux und wird von der Flachheit der Gegend überrascht. Schön ist es trotzdem, saftig grün und leuchtend gelb wegen der Abertausenden von Rapsfeldern, die hier üblich sind.

Wir befinden uns in Vertus, circa zwei Autostunden von Paris entfernt, wo mehr als 100 Champagnerhäuser den König aller Schaumweine herstellen. Vertus liegt in der Côte-des-Blancs-Region, hier wächst ein Großteil der Chardonnayreben und die Häuser sind für ihre Blanc-de-Blancs-Champagner bekannt, die relativ leicht und zart sind, aber dabei nicht weniger elegant wirken. 40 Prozent der Weinberge in Vertus sind entweder „grand cru“ oder „premier cru“. Ein wichtiges Zertifikat, welches die höchste Qualität der Trauben auszeichnet.  

Duval Leroy: Traditionshaus in siebter Generation

Zuerst sind wir bei Duval-Leroy zu Gast. Einem Traditionshaus, wie es im Buche steht und das in siebter Generation von den zwei Duval-Leroy-Brüdern und ihrer Mutter geführt wird. Es ist das älteste Haus, das noch zu 100 Prozent in Familienbesitz ist. Im Jahr 2016 verkauften Duval-Leroy 4,2 Millionen Flaschen ihres Weins, damit ist man einer der größten Champagnerhersteller überhaupt. Nur Trauben, die von Hand geerntet werden, werden zu Duval Leroy Champagner weiterverarbeitet.

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Im Keller von „Duval-Leroy“

Die Chefin de Cave, Sandrine Logette-Jardin, arbeitet seit 2005 für die Familie. Carole Duval-Leroy ist die einzige weibliche Besitzerin und Sandrine ist gleichzeitig die einzige weibliche Chefin de Cave eines großen Champagnerhauses. Umso seltsamer und veraltet empfinde ich deshalb die Reaktion eines Außendienstlers des Hauses auf meine Frage, wie das starke Frauenbild nach außen kommuniziert wird und ob das in der Marketingstrategie mitwirkt? Mit großen, ängstlichen Augen bekomme ich (an einem Tisch, an dem ich inmitten von acht Männern die einzige Frau bin) keine Antwort auf meine Frage, sondern erhalte eine Gegenfrage: „Aber Sie sind doch hoffentlich keine Feministin oder so etwas?“ Lange habe ich das Wort Feministin nicht mehr so angewidert ausgesprochen gehört. Die Welt außerhalb der kleinen Berliner Gastroblase scheint doch noch sehr anders zu sein. Auf die Frage kann ich nur mit einem erschrockenem „ha!“ antworten. 

Weltkulturerbe, vom Klimawandel bedroht

Zurück zum Champagner. Ingesamt produziert die Champagne pro Jahr rund 300 Millionen Flaschen, davon wandern 12 Millionen nach Deutschland. „Champagner“ ist ein geschützter Begriff und einer der Hauptaufgaben des Champagner-Verbandes ist es, diesen Begriff zu schützen. Innerhalb der Region wird tatsächlich nur Champagner hergestellt und neben den drei Hauptrebsorten (Pinot Noir, Pinot Meunier und Chardonnay) dürfen keine weiteren hereingebracht werden. Seit zwei Jahren ist Champagner sogar offizielles Weltkulturerbe. 

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Verkostung der Champagner-Range von Duval-Leroy

Wie in Deutschland sorgte der Frost im Mai diesen Jahres auch im Nordosten Frankreichs für Schäden: Ungefähr 20 Prozent der Trauben von Duval Leroy überstanden den Kälteschock nicht. Es hätte schlimmer kommen können, in anderen Orten wurden bis zu 80 Prozent der Fläche ruiniert.

Auch hier macht sich der Klimawandel bemerkbar. Es ist das zweite Jahr in Folge, dass das Wetter desaströse Resultate nach sich zieht: Voriges Jahr zerstörte Hagel viele Trauben. Ein, sogar zweimal ist das nicht schlimm, denn jedes Jahr werden Trauben zurückgehalten, die „qualitative Reserve“, sodass man immer fast eine komplette Ernte in Reserve hat. Aber lange geht das nicht weiter. Was passiert, wenn es im nächsten Frühling wieder schlechtes Wetter gibt? Dann hat die Champagnerindustrie tatsächlich ein Problem.

Die besagten Weinberge sind, wie schon erwähnt, relativ flach. Beim Besuch einer der Berge von Duval-Leroy wird uns erklärt, dass das gerade gut sei, weil die Erde, wenn es kalt wird, die Wärme so besser speichern und wieder abgeben könne. Schaut man genau auf den Boden, sieht man überall kleine blaue Plastikschnipsel. Überbleibsel von Düngertüten. In den 1990er-Jahren hat man das mit dem Umweltschutz noch nicht so ernst genommen und somit wurden die Tüten im Ganzen aufs Land geschüttet, Plastik und Dung vereinten sich. Eine fertile Mischung.

Startup Barons de Rothschild

Als zweites begehen wir das viel jüngere Champagnerhaus von Barons de Rothschild. Trotz des altehrwürdigen Namens ist es erst zehn Jahre alt. Es gehört zu drei Zweigen der Familie Rotschild: Den Familien Lafite, Mouton und Clarke gehört jeweils ein Drittel, sie bezeichnen es als „Champagner-Startup“. Ein Oxymoron? Schon. Der Fokus liegt auf Chardonnay-Champagner, ihr Grand-Cru-Brut besteht sogar zu 60 Prozent aus Chardonnay. 2005 begann man, Trauben zu kaufen und 2010 wurde die erste Flasche verkauft; Deutschland war einer der ersten Märkte.

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Mechanisches Rütteln bei „Barons de Rothschild“

Neben der Produktionsstätte gehört Barons de Rothschild ein einziger Hektar Rebfläche – und der auch eigentlich nur, weil das Château, das darauf sitzt, vor drei Jahren von einem Champagnerhaus gekauft wurde, das bankrott ging (es befinden sich sogar noch die alten Flaschen des Hauses im Keller). Der Rest der Trauben wird eingekauft, jährlich zwischen 60 bis 70 Hektar. 

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Die Gebinde des Champagners von „Barons de Rothschild“

Damit reiht man sich in die Tradition der Champagnerhäuser ein, die mit zugekauften Trauben ihren Schaumwein produzieren und sich um Vinifikation und Mischung kümmern. Ziel ist es zwar, selbst mehr Weinhektare zu besitzen. Allerdings: Wer einmal einen Weinberg in der Champagne besitzt, verkauft ihn so schnell nicht wieder. Vielleicht existiert in 200 Jahren ein Rothschild-Weinberg, vielleicht aber auch nie.

Zwei Welten, eine Erkenntnis

Stellt man die Häuser in direkten Vergleich, fällt auf, dass sie zwei Welten repräsentieren. Da ist zum einen Duval Leroy, vielleicht etwas veraltet in seinen Ansichten und seiner Herangehensweise, aber jedoch Produzent eines hervorragenden Champagners (der 1996 Femme de Champagne Vintage ist tatsächlich so wunderbar, dass er mich während des Trinken den Tränen nahe bringt). Auf der anderen Seite das Startup Baron de Rothschild Champagner, dessen Chef de Cave sogar blutige 28 Jahre jung ist. Beide tun ihren Teil dafür, die Welt des Champagners an den Endkonsumenten näher heranzutragen, und was ich durch meine Zeit in der Champagne lerne, ist: Wir sollten eigentlich alle mehr Champagner trinken. Egal zu welchem Anlass.  

Zum Abschluss werden wir in Reims ins Herrenhaus eingeladen. Dort hat Barons de Rothschild seinen Hauptsitz, uns serviert man einen wunderbaren Lunch. Mit, wie sollte es auch anders sein, der passenden Champagnerbegleitung. Noch nie in meinem Leben habe ich innerhalb von 48 Stunden so viel Champagner konsumiert und ich vermute, es wird auch nie mehr so viel sein. So sehr man sich vielleicht über die Dekadenz, das Pompöse und den Elitismus echauffieren könnte – Schampus ist schon was Schönes. 

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1 Kommentar

Theresa 13. Juli 2017 - 11:19

Toller Artikel über ein tolles Produkt

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