Bio-Schnaps an der Bar: ein Tasting der Destillerie Farthofer im Becketts Kopf Berlin

von Redaktion
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Alle Fotos: Katja Hiendlmayer

Bio-Schnaps? Was soll denn das bitte? Die vertrieblichen Anfänge seiner Erzeugnisse vor rund 15 Jahren, erinnert sich Josef Farthofer, waren alles andere als einfach. Belacht sei er worden, ein Bioladen, in dem er seine Produkte vorstellte, setzte ihn vor die Tür. Schnaps und bio, das schien seinerzeit eine polare Angelegenheit zu sein.

Die Welt hat sich weitergedreht, der Konsument und Gast versteht mehr und mehr, dass auch biologische und/oder fair erzeugte und gehandelte Genussmittel wie Weine, Biere und sogar Spirituosen Sinn machen (und gut schmecken, dazu später mehr). Längst ist auch jener Bioladen, der den Brenner einst rauskomplimentierte, Kunde der Destillerie Farthofer aus dem 2000-Seelen-Örtchen Öhling in Niederösterreich. Viele Auszeichnungen auf Spirituosenwettbewerben auf der ganzen Welt hat man angesammelt. „Das Zeug vom Farthofer ist klasse“, kommentiert ein spirituosenversierter Branchenkollege den Instagrampost, den ich von einem kleinen Tasting im Berliner „Becketts Kopf“ absetze.

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40 Produkte umfasst das aktuelle Portfolio von Farthofer.

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Eines davon ist der aus Nackthafer hergestellte Wodka „Kabumm“, den man in Kooperation mit dem deutschen Rapper Sido entwickelt hat

Hier, im Bar-Klassiker im Prenzlauer Berg, stellt das Ehe- und Geschäftspaar Doris und Josef Farthofer sich und seine Produktrange den Haupstadt-Bartendern vor – mit rund 40 Positionen das größte Sortiment an Biospirituosen in Europa. Es reicht vom Pionierprodukt, dem Wodka, über Gin, Whisky und Rum bis hin zu den Birnenbränden. Viele der Rohstoffe, die destilliert in die Flaschen kommen, baut man selbst an, denn man ist nicht nur Bio-Brenner, sondern auch Bio-Bauernhof. Die bewirtschaftete Fläche ist 45 Hektar groß.

Mehr als biologisch: eine kleine Kreislaufwirtschaft

„Wir sind eigentlich sogar mehr als bio“, so Josef Farthofer. „Wir haben einen komplett geschlossenen Kreislauf, die Reste aus der Brennerei verwenden wir als Dünger, wir produzieren Biogas für die Stromherstellung, beim Boden achten wir auf die Fruchtfolge.“ Die vier Kessel, mit denen destilliert wird, befeuert man nicht mit Öl, sondern mit dem schilfartigen Elefantengras, das vor der Brennerei auf 13 Hektar Land wächst. „Ein Hektar bringt so viel Energie wie rund 9.000 Liter Heizöl“, erklärt Josef Farthofer. Die Abwärme aus der Destillerie nutzen die örtliche Schule, der Kindergarten und die Feuerwehr. Ein Schnaps-Hersteller, der seinen eigenen Rohstoff produziert, der seinen eigenen Weizenbrand als Basis für diverse Spirituosen brennt, der seine eigene Energiequelle hat und das alles total bio – das ist recht einzigartig. Was man nicht selbst anbaut, bezieht man von Bio-Kooperationsbetrieben, zum Beispiel Marillen aus dem Burgenland oder die Zirben, die auf 2.000 Metern Höhe wachsen, die in einen Zirbenschnaps hineingehen, der wirklich ausgezeichnet schmeckt. 

Im Zentrum stehen der Weizen (den man auch in der Ur-Variante Emmer kultiviert) und die Birne. Letztere hat in der Region eine lange Tradition; die Farthofer-Familie stellt schon seit 150 Jahren Most und Schnaps aus ihr her. Josef Farthofer, der fünfte Erstgeborene in Folge, der Josef heißt, hat das Mosten und Brennen ab dem 18. Lebensjahr als Hobby betrieben, bis schließlich, nach dem Ausstieg aus der Unternehmenskarriere, ein Beruf aus dem nach eigenem Bekunden immer teurer werdenden Hobby wurde. Er beschränkt sich dabei längst nicht nur auf die klassische Williams-Christ-Birne, schließlich hat man viele weitere Sorten an den Bäumen hängen, die ihren Weg ins Glas finden. Zum Beispiel die rustikale Speckbirne. Kein roher Genuss. „Die schmeckt überhaupt nicht, wenn man reinbeißt, sie ist sehr herb, bitter und gerbstoffhaltig“, erklärt Doris Farthofer. Aber zum Schnaps destilliert, entfalte sie ihren fruchtigen, „kletzigen“ Geschmack. 

Entscheidend an der Bar: Preis und Geschmack 

Stichwort Geschmack: So konsequent und ganzheitlich die biologische Produktion der Farthofer-Brände ist – an der Bar werden sie nur punkten, wenn die Produkte erstens schmecken und zweitens preislich nicht durch die Decke gehen. Der Flaschenpreis für einen Farthofer-Birnenbrand ist im Vergleich zu Standardprodukten höher, und das durchzieht das gesamte Portfolio. Muss der Gast deswegen tiefer in die Tasche greifen, weil der Gastronom einen anderen Preis aufrufen muss? 

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Oliver Ebert, Betreiber von Becketts Kopf, zeigt, dass man mit Farthofer geschmacksintensive und wirtschaftliche Drinks bauen kann

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Berliner Bartender waren zum Farthofer-Tasting gekommen

Nein. Zum Geschmack erklärt der Brenner: „Wir verwenden kleinere, im Aroma wesentlich intensivere Früchte als andere Brenner, zum Beispiel bei den Marillen.“ In den meisten Fällen geben Bio-Früchte deutlich mehr Geschmack her, hat er beobachtet. Dieser Mehr-Geschmack lasse sich letztlich durch weniger benötigte Mengen auch preislich so kalkulieren, dass ein Drink dem Bartender in der Kasse und dem Gast am Gaumen Spaß macht, ergänzt Oliver Ebert, Betreiber von Becketts Kopf und langjähriger Farthofer-Fan: „Auf den ersten Blick erscheint es teurer, aber man kann damit weitaus effektiver arbeiten.“ Weil die Intensität der Aromen stärker ist, müsse man nicht wie sonst mit 6 cl arbeiten, sondern komme mit geringeren Mengen aus. „Ohne dass es weniger durchschmeckt!“.

Veranschaulicht wird es den anwesenden Bartendern mit einem Drink mit dem Farthofer Bio Edelbrand Speckbirne (3cl), gemixt mit 2 cl Cognac, 2 cl weißem Portwein, einem Spritzer Farthofer Bio Nussschnaps und einigen Bitter-Dashes. „Der Drink ist wirtschaftlich und schmeckt in erster Linie nach Birne“, erklärt Ebert. Auch der verkostete Nuss-Drink mit dem Bio-Nusschnaps, Bourbon, Pedro-Ximenez-Sherry, Koriander und Zitrone ist in erster Linie nussig. Herb-natürlich-nussig, nicht Nuss-Nougat-Creme-nussig wie einen mit künstlichen Aromen versehenen Nusslikör, den Ebert der Tasting-Runde zum Vergleich reicht. 

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Persönlicher Tasting-Favorit: der Mostello von Farthofer

Ein ganz besonderes Produkt, das sich auch in Restaurants sicherlich gut einsetzen lässt, ist der Birnendessertwein. Mostello haben die Farthofers ihn getauft. Hergestellt wird er nach der Portweinmethode, schmeckt ausgezeichnet von dezent-lieblich bis herb-trocken (je nach Birne und Jahrgang). Der Mostello wird, nachdem der Inhalt eines im Freien vergessenen Fasses sich als perfekt schmeckend erwies, ein Jahr draußen gelagert, im Sommer wie im Winter. „Alpin Aging“ nennt man das bei Farthofer.

Übrigens: Man kann den Bio-Brennerei-Bauernhof auch besuchen. Öhling ist nur anderthalb Zugstunden von Wien entfernt, und in der hauseigenen Mostelleria bieten die Farthofers Gästen ein kleines Tasting mit fünf regionstypischen Getränken und Bränden an, vom Apfel- und Birnensaft bis zum Wodka. Dazu gibt es leckere Speisen. Natürlich in Bio-Qualität.

Mehr Informationen: 
www.destillerie-farthofer.at

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