
Foto: Bolle Pizza
Die Geburt des Sandwichs geht angeblich zurück auf das Jahr 1762: Graf Montagu, vierter „Earl of Sandwich“, soll angeordnet haben, man möge ihm sein Essen zwischen zwei Scheiben Brot servieren, damit er weiter Karten spielen kann. Schöne Story oder wahre Begebenheit? An seinem Reiz hat der Klassiker jedenfalls bis heute nichts verloren. Wie sexy sich das Sandwich in Szene setzen lässt, zeigen unsere Beispiele aus Berlin, Eisenach, Köln und Hamburg.
Setzt aufs Stangenbrot-Sandwich: La Pause, Berlin
Der Liebe wegen nach Berlin gezogen: Paul Girard hat sein gut laufendes griechisches Restaurant „Mazi“ in Nancy verkauft und eröffnete im März mit Unterstützung seiner Partnerin Josephine das La Pause auf der Schöneberger Gastro-Flaniermeile Goltzstraße. Die Basis für Girards Sandwiches sind Baguettes, die er extra von einem befreundeten Bäcker (Au Bon Pain, Nancy) importieren lässt – der Qualität, aber auch des günstigeren Preises wegen, wie er uns erklärt.

Foto: Wibes Agentur
Belegt werden die halbierten, crispen Stangenbrote unter anderem mit marinierter Hähnchenbrust, Caesar-Sauce, Ziegenkäse, Salat und Gemüse, oder mit geschmortem Lamm, Knoblauchsauce und Ossau-Iraty-Schnittkäse oder gegrilltem Gemüse, Kichererbsen-Zitronensauce und veganem Käse. Alle Aufstriche und Saucen sind selbstgemacht, langfristig wolle man auch die Baguettes vor Ort produzieren, erklärt uns der Betreiber. Neben den Sandwiches bietet „La Pause“ auch Salate an. Deren Zutaten überschneiden sich – wirtschaftlicher Aspekt – größtenteils mit den belegten Broten.
Zukünftig soll es auch Sandwiches nach individuellem goût geben, schon jetzt komplettieren hausgemachte Madeleines und Mousse au Chocolat das Programm. Das Bistro hat rund 30 Plätze und versprüht mit seinen stilechten Stühlen aus Korbgeflecht authentisch-französisches Flair. Zur nun gestarteten Terrassensaison sind auch Aperitifs zu Sandwich und Salaten vorgesehen.
Klappt die Pizza zusammen: Bolle, Hamburg
Zusammengeklappte Pizza? Gibt es doch als Calzone in fast jeder Pizzeria? John Drewes von Bolle aus Hamburg klärt auf: Die Calzone wird vor dem Backen gefüllt und der Rand wird zusammengepresst. „So entstehen keine luftigen Ränder wie bei uns. Wir nennen sie auch Lippen“, so Drewes, der „Bolle“ zusammen mit Martin Lohr betreibt.

Foto: Bolle
Ihre vornehmlich nach dem Backen garnierten Pizza-Sandwiches tragen den Namen „Panuozzo“. Erfunden worden sein soll diese Klappvariante 1983 vom Pizzabäcker Giuseppe Mascolo bei Neapel. Die Hamburger sind anscheinend ganz heiß darauf, nach dem ersten Laden im Schanzenviertel eröffnete kürzlich der zweite und größere in Ottensen. Dennoch positioniert man sich eindeutig als Streetfood-Konzept, erklärt der Gründer, der sich eigens bei einer Pizzaback-Masterclass in London fortbilden ließ: „Als Sandwich ist eine Pizza viel handlicher als aus dem Karton.“ Doch man dürfe sich nichts vormachen, „ein bisschen nasty zu essen ist das Ganze trotzdem“, zumal die Sandwiches größer sind als ein Döner. Kundenfreundlicher Weise wurde im neuen Laden ein kleines Waschbecken direkt in den Gastraum gesetzt.
Befüllt werden die Panuozzi u.a. mit Burrata, Zitronentomaten und Pinienkernen (aktueller Topseller), mit „smoky Tomatensauce“, Mozzarella und Basilikum als Klapp-Magherita oder mit Pastrami, Coleslaw, Cheddar und Scamorza. „Mit der Pastrami-Variante kommen wir von der Sandwich-Seite“, so Drewes. Süßes Special: „Franz“ mit Zimt- und Zuckerbutter, karamellisierten Walnüssen und Puderzucker. Auch in Berlin will „Bolle“ alsbald landen.
Bringt Bananenblüten groß raus: Babi’s Deli, Eisenach
Ist die Bananenblüte der perfekte Fleischersatz? Ja, finden die Macher von Babi’s Deli im thüringischen Eisenach: Die hierzulande kaum bekannte Blüte der Bananenstaude, auch Bananenblume oder Bananenherz genannt, bringt nämlich in Geschmack und Textur ideale Voraussetzungen mit, um als pflanzliche Alternative im Sandwich zu fungieren. „Babis Deli“ bezieht sie via Feinkost-Importeur H&T aus Gütersloh von einer Kooperative aus Sri Lanka – in Bioqualität. „Wir haben ein Verfahren entwickelt, mit dem wir sie wie gezupftes Fleisch verwenden können“, erklärt uns Bastian Bensch, der „Babi’s Deli“ gemeinsam mit Birk Töpfer gegründet hat.

Foto: Babis Deli
Töpfer kommt aus der Gastronomie und dem Qualitätsmanagement, Bensch ist gelernter Werber und lebte zuletzt in Portugal – in der Heimat Töpfers haben sie 2024 ihr Testlabor für vegane Sandwiches eröffnet. Der Standort im Zentrum der gut 42.000 Einwohner zählenden Stadt, im Lauf zum Bach-Haus und zur Wartburg, sei dafür ideal, weil man hier schnell ein Stammpublikum, das offenes und ehrliches Feedback gibt, habe aufbauen können, so Bensch. Fünf feste Kreationen und ein wöchentliches Special-Sandwich bilden derzeit das Sortiment, darunter „Keine Barbarie-Ente“ mit besagtem Bananenblüten-Fleischersatz, fermentiertem Thüringer Rotkraut, pikantem Apfel-Chutney und Gemüsechips. Oder: „Sloppy Joe“ mit Hackfleisch-Alternative, pflanzlichem Schmelzkäse, fermentierter Paprika und Wacholderbeeren. Oder Pulled-Barbecue-Jackfruit mit „Kittelsthaler Kimchi“ und krossem Kokos-Speck.
Man sieht es schon: Fermentation spielt in „Babis Deli“ eine große Rolle. „Dadurch, dass wir jedes Sandwich mit fermentiertem Gemüse machen, können wir eine enorme Geschmacksvielfalt bieten“, so Bensch. Passend dazu wird das Brot mit einem 48 Stunden geführten Natursauerteig gebacken. Das Inventar von „Babis Deli“ stammt übrigens, auch wenn man es nicht mehr wirklich erkennt, aus einer ehemaligen „Subway“-Filiale. Als nächstes wollen die Gründer ihr veganes Sandwichkonzept in die Landeshauptstadt Erfurt oder die Studentenstadt Weimar bringen.
Durchdenkt Gerichte zwischen zwei Brotscheiben: Feinripp & Gold, Köln
„Caspar hat mir schon in seiner Ausbildung davon vorgeschwärmt, einen Sandwich-Laden zu eröffnen“, berichtet uns Grischa Herbig. Damals war er als Küchenchef im „La Societé“ der Vorgesetzte von Caspar Krings, jetzt machen die beiden mit Feinripp & Gold gemeinsame Sache. Nach rund einem Jahr Popup in der Weinbar „Bredouille“ (Venloer Straße) eröffnet das Duo in diesem Monat seine feste Location in der Ehrenstraße 43c, mit 26 Sitzplätzen, großer Fensterfront und mit Showküche. Aus der Gourmetwelt kommend, präsentieren sie ihren Gästen „gut durchdachte Gerichte zwischen zwei Brotscheiben“, wie es Herbig nennt. Zum Beispiel im Ofen gebackene Aubergine, in Soja mariniert, mit hausgemachter Miso-Mayonnaise und mit marinierten roten Zwiebeln. Oder „Das Sandwich mit Ossobuco“: Biorind, direkt vom Züchter, mit Trüffelmayo, Cheddar, Salat und San-Marzano-Tomaten, um nur zwei der aktuell sechs Positionen zu nennen.

Foto: Feinripp & Gold
Die Brote bezieht man von zwei Kölner Bäckern – einmal ein Toastbrot mit Briochecharakter, einmal ein baguetteartiges türkisches Weißbrot mit Schwarzkümmel und Sesam. Angerichtet werden die Sandwiches auf hippen Edelstahl-Trays. „Es trifft den Zeitgeist, dass wir unser Angebot casual und zugänglich halten“, so Herbig, „und gleichzeitig können wir mit den Sandwiches all das, was wir in der Küche gelernt haben, auf ein neues Level heben.“ Was bei Teenagern ebenso wie bei Über-Sechzigjährigen auf großen Zuspruch trifft.
Das Beilagen-Angebot will man in der neuen Location (Ex-„NeoBiota“) größer fahren: Neben Kimchi und Coleslaw wird es dann auch Pommes und andere Snacks geben, zu trinken handwerkliches Bier („Cristall“ von Nolte) und (Natur-)Weine.
Lässt das Frühstücks-Sandwich von Mäckes alt aussehen: Smooches, Berlin
Tatsächlich begann die Karriere des aus San Francisco stammenden Gastronomen Joe Parenti mit dem, was er ins Zentrum seines ersten eigenen Konzepts Smooches gestellt hat: dem Sandwich, denn schon als Teenager war er in einem auf den Klassiker ausgerichteten Shop tätig. In dem kleinen Laden auf der Reichenberger Straße in Berlin-Kreuzberg stellt er die Brote für seine Kreationen aus Sauerteig her. Die Backpassion packte ihn im vorherigen Job im „Halleschen Haus“.

Foto: Juan Saez
Das Signature-Produkt „Classic Breakfast Sandwich“ ist inspiriert vom berühmt-berüchtigten McMuffin und will es zugleich geschmacklich wie qualitativ hinter sich lassen, was ihm ziemlich mühelos gelingt: Rührei, Bergkäse und die hausgemachte „Koriander-Razzle-Dazzle-Sauce“, optional kommen Speck-Schalotten-Marmelade oder Frühstückswurst zwischen die Scheiben, sind ein wahres Vergnügen. Wer vegan bevorzugt, wählt die Variante mit Hash Brown, Romanesco-Sauce und eingelegten Zwiebeln. Andere Kreationen setzen sich z.B. zusammen aus geschmorter Schweineschulter, Apfelchutney und gebratenem Brokkoli oder gebratenem Hähnchen mit Gochujang-Sauce, eingelegter Zucchini und Karotten-Kohl-Salat zwischen zwei Stücken Sauerteig-Foccacia.
Auch Parenti ist großer Fermentations-Fan: Über dem Tresen stehen große und kleine Gläser – zum Beispiel mit hausgemachtem Sauerkraut mit Kümmel, Sellerie und Koriandersamen, oder mit Pfirsichen in Salzlake mit Zwiebeln, Lorbeerblättern und Kreuzkümmel. Und für die nun gestartete Freiluft-Saison bietet Smooches auch Sandwiches an, die sich besonders gut mitnehmen lassen – in den Park, an den See, ins Schwimmbad und unterwegs in der Stadt.