Haru Project bringt koreanische Trinkkultur nach Deutschland

Handwerklicher Soju, hergestellt in Köln

von Jan-Peter Wulf
haru project - wein, spirituosen, gruendung, gastronomie Haru Project bringt koreanische Trinkkultur nach Deutschland

Foto: Haru Project

Korea ist das Land der fermentierten Küche, doch während Speisen wie Kimchi, Bibimbap und Co. Mitteleuropa binnen anderthalb Jahrzehnten geradezu erobert haben, sind die alkoholischen Getränke noch weitgehend unbekannt. Zumindest die echten. Das Haru Project will dies ändern. 

Gut, es gibt in Deutschland schon ein Getränk namens Soju, erhältlich in kleinen grünen Flaschen im Asia-Shop. Doch hierbei handelt es sich um industriell hergestelltes, verdünntes Ethanol, oft aus Tapiokastärke, welches mit Aromen und Süßungsmitteln versetzt wird. In Korea wird es massenweise konsumiert. Es ist billig, lässt sich zum Essen trinken (es wird ja sowieso fast immer beides kombiniert) und es macht leicht breit. Nur mit traditionellem Soju – wir kommen noch dazu – hat es rein gar nichts zu tun. Den bei uns noch wenig bekannten Makgeolli, einen Reiswein, gibt es hierzulande nur in pasteurisierter Form der nicht einhaltbaren Kühlung wegen, was den Geschmack stark verändert, nicht zum Guten. 

In Korea selbst hat sich längst eine Szene entwickelt, die sowohl Soju als auch Makgeolli wieder auf handwerkliche Weise produziert. In den letzten Jahren sind zahlreiche Mikrobrauereien und Destillerien entstanden. Ein junges koreanisches Paar hat es sich nun zur Aufgabe gemacht, die heimische Trinkkultur nun hierzulande bekannter und schmackhaft zu machen. Sanghyun Cha und seine Partnerin Eunji Park sind OG-Problemlöser*innen, könnte man sagen: Sanghyun hat nämlich beim koreanischen Megakonzern Samsung technische Ausrüstung gegen Umweltverschmutzung im Schiffbau mitentwickelt, Eunji arbeitet in der IT-Sicherheit bei SAP.  Sanghyun ist großer Bierfan und kam 2016 nach Deutschland, um an der TU München Brauwesen zu studieren. 2022 machte er seinen Abschluss als Diplom-Braumeister. Eunji folgte ihm vier Jahre später. Sie hatte schon als Kind die Herstellung von Makgeolli bei ihrer Großmutter neugierig beobachtet, später durfte sie ihn selbst genießen und schließlich besuchte sie sogar eine „Makgeolli School“, um tief ins Thema einzusteigen.

Gemeinsam gründeten sie vor zwei Jahren das Haru Project. In einer Partner-Destillerie in Köln stellen sie mittlerweile vier Sorten Soju her, 2025 gewannen sie sogar einen Craft Spirits Berlin Award dafür. Wir treffen die beiden Gründer*innen Ende November im koreanischen Restaurant Nanum in Berlin. Deren Betreiber*innen Jinok Kim-Eicken und ihr Mann Dirk setzen sich seit vielen Jahren unermüdlich dafür ein, koreanische Esskultur jenseits von BBQ bekannt zu machen, zum Beispiel mit einem außergewöhnlichen Seaweed-Menü. An diesem Abend begleiten ausgewählte Speisen den Tasting-Flight von Makgeolli über Yakju bis Soju. 

Makgeolli

Makgeolli - wein, spirituosen, gruendung, gastronomie Haru Project bringt koreanische Trinkkultur nach Deutschland

Makgeolli, dazu scharfe Ddokboggi. Fotos: Redaktion

Für Makgeolli werden gedämpfter Reis („godubap“), Wasser, Nuruk – der traditionell-koreanische, natürliche Starter aus wilder Hefe und Enzymen – werden gemischt, die Fermentation beginnt. Enzyme wandeln die Reisstärke in Zucker um, Hefe den Zucker in CO2 und Alkohol – und nach einigen Tagen ist ein trüb-milchiger, fein süß und leicht säuerlich schmeckender, milder Reiswein das Resultat – Makgeolli.

„Er ist sehr leicht herzustellen, einfacher als Bier“, erklärt der Brauprofi Sanghyun. „In Korea gibt es bestimmt 400 unterschiedliche Rezepte, viele Familien haben ein eigenes“, fügt Eunji hinzu. Makgeolli hat typischerweise fünf bis acht Prozent Alkohol, manche Sorten bringen es auf 15 Prozent. Unpasteurisiert, wie wir ihn im Nanum serviert bekommen, ist er frisch und spritzig mit fruchtigen, geradezu opulenten Bananen-Aromen. Die zweite Variante wurde mit Feigenblättern aus Jinoks und Dirks Garten mazeriert und hat einen fein bitteren Touch mit trockenem Nachklang.  

Ihwaju

Ihwaju - wein, spirituosen, gruendung, gastronomie Haru Project bringt koreanische Trinkkultur nach Deutschland

Vor den beiden flüssigen Makgeollis jedoch löffeln wir eine Variante mit ungewöhnlicher, an Porridge und Milchreis erinnernder, cremiger Textur: Ihwaju wird mit Klebreis hergestellt, ist süßlich mit Noten frischer, noch nicht ganz reifer Birnen. Hergestellt wird diese Variante traditionell im Frühjahr, wenn die Birne („ihwa“) blüht. Sehr besonders und zusammen mit Jinoks deutsch-koreanischem, frischem Sauerkraut auch ein spannender „palate cleanser“. 

Yakju

Yakju - wein, spirituosen, gruendung, gastronomie Haru Project bringt koreanische Trinkkultur nach Deutschland

Yakju, dazu Zab Zae (Süßkartoffel-Nudel, Sesam, Sojasauce, Klettenwurzel)

Auf das Makgeolli-Trio folgt Yakju: Hierbei handelt es sich um klaren Reiswein – nach einer Weile setzen sich die Sedimente ab, es kann auch durch Filtration nachgeholfen werden. Auch geschmacklich ist er im Verhältnis zum trüben Makgeolli same but different – die erste Variante von Sanghyun und Eunji hat spannende Noten von Kokosnuss und -wasser, Nummer zwei, mazeriert mit koreanischen Perillablättern, ist herb-würziger. Zwei wirklich interessante Alternativen zum Traubenwein.

Soju

Soju schließlich entsteht, wenn Makgeolli destilliert wird. Haru produziert in einer Kölner Destillerie und im klassischen Pot-Still-Verfahren, das auf Koreanisch sojugori heißt. Vor- und Nachlauf werden, wie man es von anderen Qualitätsprodukten kennt, entfernt. Nach Abschluss der Destillation reift der hochprozentige Soju in deutschen Steinzeuggefäßen, die den traditionellen koreanischen onggi aus Ton ähneln, um einen balancierten, milderen Geschmack zu erzielen.

Das Kernprodukt von Haru ist Haru Soju mit 24% Alkohol – mit Noten von Getreide, Vanille, leicht floral und sanft. Ideal, um die Tradition und den Unterschied zu Industrie-Soju zu erschmecken. Haru Soju Midnight kommt mit Noten reifer Birnen daher und hat kräftige 41% Volumen, was ihn besonders geeignet fürs Mixen von Cocktails macht. Haru Soju Botanika wurde mit acht Botanicals wie Kiefernnadeln, Pfeffer, Gojibeeren und Angelikawurzel versetzt – damit will man zum einen Gin-Trinker*innen abholen, zum anderen rekurriert es auf die Dosoju-Tradition: Denn mit solchen Zutaten aromatisiert, wird Soju bei Familienfeiern erwärmt genossen, um sich Gesundheit und Wohlergehen zu wünschen. So genießen wir ihn im Nanum auch. 

Dosoju - wein, spirituosen, gruendung, gastronomie Haru Project bringt koreanische Trinkkultur nach Deutschland

Erwärmter Dosoju

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Haru Soju Midnight, mit Wermut gemixt

Der neueste Soju wird mit Gochujang hergestellt, Koreas ikonischer fermentierter Chilipaste. Natürlich greift man auch hier auf ein handwerkliches Produkt zurück – es wird von einem koreanischen Meister nach traditionellem Verfahren mit Pflaume und Reishonig hergestellt. Haru Soju Jang entstand  in Zusammenarbeit mit der Berliner Cocktailbar Mr. Susan. Betreiberin Susan Choi mixt und verfeinert ihre Cocktails oft mit Kimchi und Gochujang – nach einem gemeinsamen Event entschied man, einen Collab-Soju zu machen und wählte schließlich Gochujang als Spezial-Botanical aus, das den Soju (23%) um Noten dunkler leicht rauchiger Pflaumenfrucht und um Süße ergänzt. Wir genießen ihn zum Schluss zur Eiscreme aus Feigenblättern als Martini-Twist mit trockenem Wermut. 건배!

So lassen sich mit den unterschiedlichen Getränken viele Speisen, und absolut nicht nur koreanische, hervorragend begleiten. Aber auch für Cocktailbars ist insbesondere das Thema Soju spannend. Die deutsche Barszene will man denn auch verstärkt ansprechen und für seine Produkte begeistern. Makgeolli wird man vorerst nur in kleinen Mengen produzieren können, der Frische und Haltbarkeit wegen. Was Sanghyun Cha und Eunji Park aber schon möglichst bald selbst herstellen wollen, ist der Nuruk-Starter, den sie aktuell noch aus Gwangju im Südwesten Koreas beziehen. Ein weiterer Schritt zur eigenen Identität und ein bisschen so, wie gute handwerkliche deutsche Sauerteig-Bäckereien auf ihr eigenes Anstellgut schwören.       

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