#restartgastro 2020, Teil 5: Mr. Susan, Berlin

von Jan-Peter Wulf
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„I’m Corona-good“: Susan Choi. Foto: Katja Hiendlmayer

Der Shutdown hat die Berliner Bar genauso hart getroffen wie alle anderen des Landes. Statt in Lethargie zu verfallen, trat man hier mit neuen Vetriebswegen die Flucht nach vorne an – und ging zugleich back to the Kimchi roots.

Wie geht’s, Mr. Susan? „Good. Corona-good“, sagt Susan Choi und lacht. Also schon gut – aber eben ein anderes gut. Eines, das die Strapazen und Sorgen der vergangenen Monate noch etwas in sich trägt, aber optimistisch nach vorne blickt. Aktuell liege der Umsatz noch unter 40 Prozent von dem, was man zur gleichen Zeit im Vorjahr erwirtschaftet hat (im Juni feierte das „Mr. Susan“ zweiten Geburtstag), aber es werde jede Woche ein bisschen besser, sagt die Chefin. „Man merkt auch, dass sich die Leute in der Bar wieder wohler fühlen.“

Als am 15. März die Bars der Stadt auf Eis gelegt wurden, war das natürlich auch, trotz Vorahnungen, ein ziemlicher Schock für die Souterrain-Bar in der Krausnickstraße/Ecke Oranienburger Straße gewesen. Die Gastromeile – entleert. „Erste Reaktion: Shit. Und dann: Wir müssen was tun, das ist klar“, erinnert Susan sich. Sie entschied: Zurück zu dem, mit dem „Mr. Susan“ vor rund sechs Jahren anfing – nicht als Bar nämlich, sondern als koreanischer Foodstand u.a. auf dem (soeben wieder gestarteten) „Street Food Thursday“.

Das Kimchi ist legendär, und so wurde der scharfe fermentierte Kohl in der Küche von „Mr. Susan“, die hat sie nämlich praktischerweise mitsamt Lizenz zur Lebensmittelproduktion, en gros produziert – seit Lockdown-Beginn sage und schreibe 1,1 Tonnen. Schon in Woche eins der Bar-Schließung nahm man Bestellungen entgegen und lieferte selbst aus. Sie habe Berlin echt gut kennen und auch eine Lektion gelernt, so Choi: Den Lieferbereich muss man eingrenzen. Anfangs fuhr man bis nach hinter Grünau – das ist natürlich nicht wirklich wirtschaftlich.

Dabei blieb es nicht: Freitags und Samstags gab es bald darauf to-go-Speisen (schon vor Corona hatte man ein paar Food-Popups gemacht, u.a. Korean Fried Chicken und in Kooperation mit Chungking Noodles). Und zudem to-go-Cocktails: Es war, die Berliner erinnern sich, in den Shutdown-Wochen ja fast durchgängig sonnig, tagelang wolkenlos. Da kamen viele auf die Idee, sich mit einem von Mr. Susan gemixten Drink zum Beispiel in den schönen Monbijou-Park gegenüber zu setzen. „Die Cocktails zum Mitnehmen waren in der Zeit für uns echt gut, zehn Prozent Umsatz sind immer noch zehn Prozent Umsatz“, so Susan Choi.

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Viel Mezcal wurde im Lockdown zu Drinks verarbeitet und verkauft

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Das Produktsortiment: Kimchi, Bier, Sauce und zwei Cocktails, deutschlandweit verfügbar

Die gesamte Menge an Mezcal, die in dieser Zeit verarbeitet wurde, bilden die leeren Flaschen ab, die an unserem Besuchstag in der noch nicht geöffneten Bar auf einem Tisch stehen – schon ordentlich. Der Mezcal ist eine Kooperation mit Santa Pedrera aus Oaxaca/Mexico, die beiden Cocktails „Santa Margarita“ und „Santo Negroni“ verkauft man nun auch flaschenweise im Webshop des Partners Kochtail, ebenso das Bier, das exklusiv für „Mr. Susan“ von „Motel Beer“ aus Reinickendorf gebraut wird. Dazu Kimchi und eine würzigscharfe Sauce – ein kleines, feines Sortiment, das mit DHL deutschlandweit verschickt wird.

Speisen am Wochenende wird man nun wohl dauerhaft in der Bar anbieten – Corona hat also einiges in Bewegung gebracht im „Mr. Susan“. „Dass man sich breiter aufstellen muss, ist eine learning lesson für mich gewesen“, so Choi. Trotzdem: Die Bar werde immer das Herz sein, und deren Zentrum, den Tresen, darf man hoffentlich bald auch wieder mit Gästen besetzen. Leider nicht mehr bedient wird man von Susan Chois bisherigem Geschäftspartner. Er hat in der Corona-Krise entschieden, die Gastronomie-Branche hinter sich zu lassen und sich beruflich umzuorientieren. Das hört man nicht so selten dieser Tage. 

Würde Susan Choi das Bar-Projekt noch einmal starten, hätte sie gewusst, was im Frühjahr 2020 passiert? Sie überlegt nicht lange: „I totally would. It’s so bananas, I know. But I have such a big heart for gastro!“ 

www.mrsusan.com

 

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