Robert Hilges, Stone Brewing World Bistro & Gardens, Berlin: „Man kann ein Brauhaus nochmal ganz anders aufstellen“

von Jan-Peter Wulf
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Alle Fotos: Stone Brewing

Seit 2016 ist Robert Hilges der Executive Chef des Stone Brewing World Bistro & Gardens in Berlin. Wir sprachen mit ihm über Brauhäuser der neuen Generation, über das Küchenkonzept des Hauses und darüber, wie man sich auf volatile Gästezahlen einstellt.

Robert, wie ist das Kochen hier für dich persönlich?

Spannend. Eine Kombination aus allem, was ich vorher gemacht habe – von der Sternegastronomie bis zur Betriebsversorgung. Wir kochen hier ja auch für mittlerweile 140 Mitarbeiter plus die Beschäftigten im benachbarten „Marienpark“. Ich kenne das ausschließliche Arbeiten mit Frischeprodukten und weiß aus dem „Hofbräu Berlin“ aber auch, was einen erwartet, wenn 1.000 Leute im Laden sitzen.

Im „Hofbräu“ hast du auch schon mit Bier gekocht?

Ja, mit Bock- und Malzbier. Mit dem klassischen Hellen ist es nicht gerade einfach, wegen der vielen Bitteraromen. Die Biere von Stone sind ja auch deutlich bitterer als viele andere …

… wollte ich gerade sagen, dafür ist Stone doch bekannt. Das ist sicher eine Herausforderung?

Es kommt, ganz klar, darauf an, eine starke Aromatik in die Gerichte reinzubringen, damit es funktioniert. Durch den finanziellen Spielraum, den wir haben, können wir mehr Gewürze und mehr Seitenprodukte verwenden. Die werten das Gericht auf. In der Hotellerie ist der Kostendruck oft extrem, da wird schon beim Jus-Ansatz weniger Wurzelgemüse genommen. Bei uns kommen ohne Ende Frischkräuter hinein. Wir haben unseren eigenen Kräutergarten, lassen eigene Chilis wachsen. Mit Pfeffer würzen wir kaum, eher mit Jalapeños und Chilis. Wir investieren selbst in einfache Sachen wie unsere Tortillachips viel Gewürz und Geschmack.

Weswegen das Programm höherpreisiger als in einem klassischen Brauhaus ist.

Verglichen mit anderen Brauhaus-Konzepten sind wir ein bis zwei, maximal vier Euro teurer. Und fühlen uns damit recht wohl. Die Wertigkeit des Bieres braucht einen Gegenpart durch ebenbürtiges Essen. In der herkömmlichen Brauhaus-Gastronomie werden Kartoffelkloß und Speckkraut oft gekauft, oft ist sogar die Haxe vorproduziert. Wir vergleichen uns mit hochwertig arbeitenden Restaurants in der Stadt, da sind wir preislich auf Augenhöhe. 

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Ein Traum in Edelstahl: die Küche im „Stone Brewing World Bistro & Gardens“

SBWBG Rippchen Korean BBQ Marinade Aprikose - interviews-portraits, bier Robert Hilges, Stone Brewing World Bistro & Gardens, Berlin: „Man kann ein Brauhaus nochmal ganz anders aufstellen“

Pairing: Koreanische BBQ-Rippchen und Ripper Pale Ale

Würziges Essen, intensive, bitterbetonte Biere. Wie macht man das dem Gast verständlich, der kein Craft-Beer-Kenner ist. Der euch zum Beispiel durch eine Biergarten-Liste entdeckt hat?

Über konsequente Aufklärung durch den Service am Tisch. Zu jedem Gericht empfehlen wir eines unserer Biere, der Service erklärt, welche Aromatik sich dahinter verbirgt, warum es ein gutes Paar ist. Zu 60 bis 70 Prozent folgen die Gäste der Empfehlung. Als zweites oder drittes Bier bestellen sie dann vielleicht ein anderes. Auch wir von der Küche gehen gerne das Gespräch mit interessierten Gästen ein.

Hast du ein Lieblings-Pairing?

Das werde ich oft gefragt. Grundsätzlich habe ich mich in das Thema Tacos in den USA verliebt, die habe ich an vielen Orten probiert. Diese Frische mit starkem Aroma, die vielen Komponenten, die starke Würze … es ist vielseitig zu pairen. Es spiegelt Craft Beer im Gesamten wieder.

Mit Hinblick auf ähnliche, moderne Konzepte wie das „Brlo Brwhouse“: Seid ihr Stellvertreter für eine neue Generation des Brauhauses?

Was Konzepte, wie wir, das „Brlo Brwhouse“ oder auch „Liebesbier“ vormachen: Man kann ein Brauhaus nochmal ganz anders aufstellen. Wir bieten das an, was Craft Beer ausmacht: Vielseitigkeit, Variantenreichtum und eine Breite an Aromen. Im Bier wie im Food. Mit Bier als Basis und geschmorten oder im Ofen gerösteten Gerichten ähneln wir klassischen Häusern, unterscheiden uns aber durch den Aromahopfen und die verwendeten Zutaten im Essen.

Wie verhalten sich Reservierungen zu Walk-ins bei euch?

Am Wochenende ist die Walk-in-Quote sehr hoch, an Wochentagen deutlich geringer. An Montagen haben wir im Schnitt 80 bis 150 Reservierungen ohne das Gruppengeschäft, das kommt noch dazu, und wenig Laufpublikum. Am Wochenende haben wir 250 bis 350 Reservierungen pro Tag plus viel Laufpublikum: Bei schönem Wetter kommen oft locker doppelt so viele Leute, wie wir an Reservierungen haben.

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Biergarten 02 - interviews-portraits, bier Robert Hilges, Stone Brewing World Bistro & Gardens, Berlin: „Man kann ein Brauhaus nochmal ganz anders aufstellen“

Ich stelle mir vor, dass dies für eure qualitäts- und frischebetonte Küche viel Planung und Kalkulation bedeutet.

Ja. Es steckt sehr viel Detailplanung drin, die man von außen gar nicht sieht. Wir haben Gerichte mit vier bis fünf hintereinander geschalteten Abläufen hintereinander, die alle hier im Haus stattfinden.

Ein Beispiel?

Nehmen wir das „Bitter Sweet Roasted Chicken“: Wir bekommen die Rohware, die kommt ein bis zwei Tage in die Beize. Dann in eine Marinade, dort liegt sie noch mal zwei bis drei Tage. Dann wird vorgegart, damit die Marinade gut einzieht. Und dann entsteht das Produkt, das der Gast auf den Teller bekommt. Mit dieser Kette können wir immer auf Schwankungen bei den Gästezahlen eingehen, so machen wir das für viele Produkte. Jedes Glied bringt ein kleines bisschen mehr Haltbarkeit: Ein Rohprodukt wäre nur fünf Tage haltbar, so können wir es auf 15 Tage strecken. Das verursacht mehr Personalaufwand, aber weil wir im starken Geschäft eh viel Personal da haben, können wir uns das leisten.

Vielen Dank!

Zur Person

Robert Hilges wurde 1983 in Berlin geboren. Er wuchs im Ostberliner Stadtteil Kaulsdorf auf und kam, anders als die meisten Kinder in seiner Umgebung, schon früh mit vielen internationalen Produkten in Berührung – sein Vater, der als Seemann arbeitete, brachte sie von seinen Reisen nach Asien oder Südamerika mit. Mit fünf Jahren hat er das erste Mal mit Stäbchen gegessen.

2003-2008: Sous Chef „The Ritz-Carlton“ Hotel, Berlin
2008-2011: Chef de Cuisine „The Ritz-Carlton“ Hotel, Wolfsburg
2011-2013: Chef de Cuisine, „Hotel Adlon Kempinski“, Berlin
2013-2016: Executive Chef, „Hofbräu“, Berlin

Seit 2016: Executive Chef „Stone Brewing World Bistro & Gardens“, Berlin

Redigierte Fassung des zuerst in Meiningers CRAFT 1/2019 erschienenen Beitrags. 

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1 Kommentar

D. Hund 1. Dezember 2019 - 18:46

Sehr interessantes Interview und das Essen sieht superlecker aus!

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