6 moderne Berliner Hotel­restaurants

von Jan-Peter Wulf

Seit einigen Jahren öffnen sich Berliner Hotels mit modernen Bar-Konzepten gegenüber Nicht-Hotelgästen, die sich zuvor selten in Hotelbars verirrten. Jetzt ziehen die Hotelrestaurants nach: Auch sie sollen neue Zielgruppen erreichen und warten mit modernem, attraktivem Interieur und Food-Angebot auf. 

In Berlin eröffnet ja gefühlt jede Woche ein innovatives, neues Restaurant. Die Auswahl, wie Stadtbewohner ebenso wie Touristen sie heuer vorfinden, nie war sie so groß und facettenreich. Praktisch jede Küchenrichtung findet den Weg in die Stadt, vom einstigen Image einer kulinarischen Diaspora ist nichts mehr übrig geblieben. Die Berliner Hotelrestaurants allerdings zogen mit dieser erfreulichen Entwicklung – von den etablierten Gourmetkonzepten einmal abgesehen – kaum mit. Essen gehen ins Hotelrestaurant? Not really. 

Schon eher konnten die Hotelbars bei den Nichtübernachtungs-Gästen punkten: Von der „Amano Bar“ über die „Bar am Steinplatz“ bis zur ständig bis zum Bersten gefüllten „Monkey Bar“ im „25hours Hotel Bikini Berlin“, um nur einige zu nennen, gehören sie längst zum festen Bar-Ensemble der Stadt. 

Was im Beverage-Bereich geklappt hat, soll nun auch beim Food reüssieren: Verschiedene Hotels der Stadt haben ihre Gastroflächen zuletzt umgebaut, das Food- und Interieur-Konzept deutlich verjüngt und öffnen sich der Stadt. Womit sie dem Erfolgsbeispiel des 2014 gestarteten „Neni“ von Haya Molcho folgen, welches als eigenständiges Restaurant wahrgenommen wird und doch zusammen mit „25hours“ in die Multiplikation ging – auch in Hamburg, Köln und München hat „Neni“ auf diese Weise Fuß gefasst.

Vom durch und durch kalifornischen „Mavericks“ im „Vienna House Andel’s“ über das von der kulinarischen Vielfalt der Stadt inspirierte „Blend“ im „Pullman Berlin Schweizerhof“ bis zum mutigen Hotdog-Konzept „The Big Dog“ im „Marriott“: Die neuen Hotelrestaurants positionieren sich auf Augenhöhe mit den trendigen Konzepten der Foodstadt Berlin.

Ein kleines, aber wichtiges Detail ist dabei ihr Web-Auftritt: Der versteckt sich nicht mehr, wie bisher oft, in der Navigationsleiste des Hotels oder gar der Hotelkette, sondern ist ein „Standalone“ mit eigener URL und eigener optischer Anmutung. Modernes, frisches Design, „instagramability“ der Speisen und des Interieurs, Teller zum Teilen und vor allem kreative Gerichte und Drinks zeichnen diese neue Generation der Hotelrestaurants aus. Sie treffen damit genau den Geschmack der bestens vernetzten, globale Foodtrends kennenden und äußerst mobilen Millennials, die sonst vermutlich einen großen Bogen um die Häuser gemacht hätten. 

1. Von Lichtenberg nach Kalifornien: Mavericks (Vienna House Andel’s)

mavericks berlin - konzepte, gastronomie 6 moderne Berliner Hotel­restaurants

Foto: Vienna House Andel’s

Zwei Restaurants hat das große „Vienna House Andel’s“ an der Landsberger Allee zu bieten: Während das Sternerestaurant „Skykitchen“ sich im High-End-Bereich positioniert, geht es im Mavericks im Erdgeschoss (eröffnet im Sommer 2017) besonders entspannt zu – kalifornisch relaxt geradezu, denn hier ist alles auf US-Westküsten-Flair ausgerichtet. Surf- und Skateboardbretter, Street Art, bunte Lampen und buntes Geschirr bringen Farbe in den hohen, mit großen Fensterfronten ausgestatteten Raum. Die Gäste sitzen hier auf insgesamt drei Ebenen (80 Plätze). Auch die Speisekarte präsentiert sich konsequent im Cali-Style: Avocado-Suppe, Thunfisch-Tataki, California Cheese & Steak Sandwich, Surf-and-Turf-Kreationen und die „Mavericks Roll“ mit gebeiztem Lachs, Kombu-Alge, Sushi-Reis und Sojasauce beamen den Gast aus dem Lichtenberger Plattenbau-Umfeld direkt an den Pazifik. Und sorgen dafür, dass immer mehr Nichthotel-Gäste den scheinbar weiten Weg gen Osten (dabei sind es vom Alexanderplatz gerade einmal 15 Minuten mit öffentlichen Verkehrsmitteln) auf sich nehmen. Das farbenfrohe Interiour-Design entstand in Zusammenarbeit mit dem Architekturbüro 13 Crad, Augsburg.

2. Urbane Vielfalt: Blend Berlin Kitchen & Bar (Pullman Berlin Schweizerhof)

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Foto: Redaktion

Berlin ist längst nicht mehr nur Currywurst und Königsberger Klopse. Die kulinarische Vielfalt der Metropole in einem Restaurant zu vereinen, hat sich das Blend (Eröffnung Oktober 2017) zum Thema gemacht. Küchenchef Steffen Sinzinger (betreibt auch den Foodblog „Berliner Speisemeisterei“) lässt sich bei seinen Kreationen von der multiethnischen Bevölkerung und den vielen Küchen der Stadt inspirieren: Lachs-Pho und Moules & Frites, Poké Bowls und Burger mediterran, Flammkuchen, Rehrücken oder Berliner Stulle mit mariniertem Thunfisch, Kassoundi und Parmesan – die regelmäßig wechselnden Mittags- und Abendkarten strecken ihre Fühler in alle Welt aus. „Melting Pot“-Küche nennt man das: Die Foodtrends der Stadt werden aufgegriffen, mit eigenen Twists versehen und entweder als individuelle Tellergerichte oder zum Teilen und gemeinsamen Genießen serviert. Ein Konzept, das Hotelgästen die Möglichkeit gibt, innerhalb des Hauses die Berliner Vielfalt kennen zu lernen – und reinen Restaurantgästen ebenso. Das moderne, mit seinen klaren Formen und Linien vom Bauhaus-Stil und zugleich mit markanten Tierfiguren vom nahen Berliner Zoo inspirierte Design stammt von den Sundokovy Sisters aus Moskau. Sie haben schon viele Hotelrestaurants für die „AccorHotels“-Gruppe, zu denen auch Pullman gehört, gestaltet.

3. Wurst-Welten: The Big Dog (Berlin Mariott Hotel)

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Foto: Redaktion

Einen besonders radikalen Schnitt hat man in der Berliner Dependance des „Marriott“ im Frühjahr 2018 gemacht. Wo zuvor die Bar „Catwalk“ Drinks im filmischen Flair servierte, geht es jetzt um die Wurst: In der knalligen Interieur-Farbkombination aus Gelb und Weinrot kommen Hotdog-Kreationen auf die Tische, zum Beispiel „The Rowdy Redneck“ mit Brioche-Brot, Bier-BBQ-Sauce, Cheddar und Bacon, „The Groovy Gonzales“ mit Guacamole, Käsesauce, Jalapeno und Tacos oder „Holy Pope“ mit Thüringer Bratwurst im Vollkornbrötchen plus Basilikumpesto, Mozzarella und Rucola. Auch die Berliner Currywurst hat den Weg auf die Karte gefunden. Für Veggies gibt’s u.a. den „The Hipster Vegan“ mit geschmorter Karotte, Süßkartoffel und Guacamole. Nicht weniger üppig als die Hotdogs sind die „Fancy Fries“ mit herzhaften Toppings wie Coleslaw, geräucherter Pute und Cranberry-Marmelade („The Bird“) oder „Berlin Calling“ mit gepökeltem Eisbein, Sauerkraut, Erbsenpüree und Meerrettich. Flüssiger Schwerpunkt sind diverse Craft-Biere vom Fass und aus der Flasche. Durch eine Zwischentür direkt mit dem gediegenen Hotel verbunden, ist The Big Dog zweifelsohne ein Konzept, das sich – mit Erfolg – an die vielen touristischen Flaneure am Potsdamer Platz richtet. Gestaltung: B3 Designers, London. 

4. Tel-Aviv-Connection: Layla (Crowne Plaza)

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Foto: Layla

Mit der Eröffnung des Layla im „Crowne Plaza“ in der Nähe des Potsdamer Platzes im Oktober 2018 wurde die ohnehin schon starke Achse Tel Aviv-Berlin noch stärker. Denn nach dem „Benedict“, dem „Nithan Thai“ und der „Night Kitchen“, die allesamt aus der israelischen Trendstadt kommen und einen Ableger in Berlin eröffneten, ist es schon das vierte Restaurantkonzept, hinter dem ein Gastronom aus Tel Aviv steht: Meir Adoni betreibt dort bereits das „Bluesky“ und das „Lumina“ sowie das „Nur“ in New York. Im „Layla“ vereint der Koch mit marokkanischen Roots die Traditionsküche des mittleren Ostens mit regionalen und internationalen Einflüssen: Doughnuts aus geräucherten Forellen, libanesische Pfannkuchen mit Szechuan-Ente, marokkanischer Meeresfrüchte-Eintopf oder gegrillte Lammkoteletts mit gefülltem Wirsing und Freekeh bilden Eckpunkte des aromenreichen Foodprogramms. Zum „Layla“ gehört auch eine Bar, die vorwiegend mit lokalen Spirituosen arbeitet. Für das Interieur (120 Plätze plus Bar) zeichnet mit dem Designstudio „Bald“ ebenfalls ein Unternehmen aus Tel Aviv verantwortlich.

5. Sharing is caring: The Wilson’s (Crowne Plaza Berlin City Centre)

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Foto: Crowne Plaza

Auch das „Crowne Plaza“ in der Nürnberger Straße (nahe Ku’damm) hat seine Gastronomie verjüngt. Rund acht Jahre war sie eine der ersten Adressen für Fleischkultur in der Hauptstadt. Doch Prime-Beef-Restaurants – mit oder ohne Hotel im Hintergrund – gibt es heute viele in Berlin, weswegen man sich 2018 für eine Verjüngung des Restaurantkonzepts entschied. Inspiriert von kulinarischen Reisen nach Tel Aviv, Los Angeles und New York setzte man die Idee, einen Mix aus orientalischer, mediterraner und europäischer Küche auf die Teller zu bringen, in die Tat um: Auf der Starter-Karte des The Wilson’s stehen u.a. krosser Pulpo mit schwarzem Salz, gegrillte Wassermelone mit BBQ-Gel, Burrata, Maiscrème und Popcorn sowie Tatar vom Islynt-Lachs mit Avocado, Thymianmoos und Gemüsechips. „In Between“ gibt es Bowl- und Flammkuchen-Kreationen, und die DNA des Hauses findet sich in US-Prime-Ribs sowie Steaks vom Simmentaler Rind wieder. Nicht nur die Speisen sind instagramtauglich geworden: Den neu gestalteten Raum (Architekten: „morgen“, Berlin) dominieren geometrische Formen, starke Farben und klare Linien. Der Durchbruch zum Wintergarten des Hotels lässt natürliches Licht den Raum fluten. In Kürze wird auch die Bar des Hauses modernisiert. 

6. Achtziger-Flair: Jamboree (Grand Hyatt)

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Foto: Grand Hyatt

2017 schloss das Restaurant „Mesa“ im „Grand Hyatt“ und machte Platz für ein poppiges Bar-Restaurant-Konzept im Stil der 1980er-Jahre, das sich die hohe Frequenz – und geringe Bar-Dichte – am Potsdamer Platz zunutze macht. Das Jamboree (der Name bedeutet „ausgelassene Feier“) wartet mit zeitgenössischen Möbeln und Kunstwerken auf, auch der für diese Dekade so typische schwarzweiße Fliesenboden fehlt hier nicht. Die Speisen im „Jamboree“ bilden Burger im Brioche-Brötchen und Bowl-Kreationen wie „Dirty Chicken“ mit Mie-Nudeln, Hähnchen, Erdnussbutter, Cashewkernen, Zuckerschoten und Tofu oder „Tentakel“ mit Oktopus, Quinoa, Avocado, Goma, Edamame, Rote Beete, Algensalat, Frühlingslauch und Kimchi. Die Barkarte spiegelt das Achtziger-Thema mit Klassikern à la Espresso Martini über einen „King Royal“ mit einem Schuss Gin zum Champagner-Cassis-Duo bis zum Tiki-Twist „Golden Colada“ mit Cachaca, Ananas-Püree, Guave, Zimt, Kokosnuss und Zitrone wieder. Eigens für das Bar-Restaurant hat die Kreuzberger Brauerei „Heidenpeters“ ein eigenes Craft-Bier entwickelt, das unfiltriert aus dem 250-Liter-Kupfertank kommt. Samstags finden in Zusammenarbeit mit der Eventcrew von „Neugut“ Elektro-Partys in der Location statt, an Donnerstagen seit Mitte März 2019 die „Weingesellschaft“ mit besonderen Weinen und Snacks all night long.

Editierte Version des zuerst in fizzz 6/2019 erschienenen Beitrags. 

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2 Kommentare

Gastrolupe 21. September 2019 - 01:19

Toller und informativer Blog. Schaut doch mal hier vorbei:)
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Antwort
Isabel Henschel 12. September 2019 - 19:34

Sehr interessanter Artikel. Ich finde es sehr spannend, was man mit der Hotelgastronomie alles machen kann!

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