Initiative gegen den Takeaway-Müllberg: Mannheim startet Mehrwegbox-System

von Antje Urban
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Foto: Klimaschutzagentur

Das Bundesumweltministerium will die Gastronomie bald zur Verwendung von Mehrwegverpackungen im Außer-Haus-Geschäft verpflichten. Eine neue Initiative in Mannheim zeigt schon mal, wie das gehen kann.

von Antje Urban

Mit dem erhöhten Mitnahme- und Liefergeschäft in der Gastronomie steigt unweigerlich auch die Menge an Einwegverpackungsmüll. Die Quadratestadt Mannheim hat zusammen mit der Klimaschutzagentur daher jüngst ein Mehrwegboxen-System unter dem Titel „Take-away – take a box!“ gestartet.

Vor einigen Tagen wurde das schon lange geplante Verbot von Einwegplastik vom Kabinett verabschiedet. Es soll bereits am 3. Juli 2021 in Kraft treten. Mit der Verordnung werden herkömmliche Einwegprodukte aus Kunststoff verboten, die aus fossilen Rostoffen wie Rohöl hergestellt werden. Außerdem dürfen Wegwerfteller oder -becher aus biobasierten oder biologisch abbaubaren Kunststoffen nicht mehr in den Umlauf gebracht werden.

Die Abfall-Bilanz von Einweggeschirr und To-go-Verpackungen betrug im Jahr 2017 mehr als 346.000 Tonnen. Es liegt auf der Hand, dass die Pandemie zu einer weiteren Erhöhung dieser bereits enormen Menge führen wird.

Viele Kommunen klagen daher besonders in diesem Jahr über die Mülllast, die Take-away-Verpackungen verursachen. Laut einer Studie des Umweltbundesamtes und des Verbands Kommunaler Unternehmen machen Plastik- und Verpackungsmüll im Volumen mehr als 40 Prozent des Straßenkehrichts aus.

Deshalb hat Bundesumweltministerin Svenja Schulze in einem Interview mit dem SWR vor einigen Tagen erneut dazu aufgerufen, der Wegwerfgesellschaft endlich ein Ende zu setzen. Sie plant einen Ausbau des Verpackungsgesetzes für das Jahr 2022. Gastronomien sollen spätestens dann wiederverwendbare Becher und Behälter alternativ zu Einweg-Verpackungen anbieten (müssen).

Die Stadt Mannheim zusammen mit der Mannheimer Klimaschutzagentur möchte schon jetzt aufzeigen, wie der Außer-Haus-Verzehr auch im Sinne der Nachhaltigkeit gestaltet werden kann.

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Es gibt verschiedene Anbieter für Mehrwegpfandboxen, die Mannheimer Förderung macht keine Vorgaben. Foto: Klimaschutzagentur

Dafür wurde die Mehrweg-Initiative Take-away – take a box! für Mannheimer Gastronom*innen ins Leben gerufen. Mit Mehrweg-Essensboxen, die gegen einen Pfandbetrag vom Gast ausgeliehen werden, können die Gerichte ohne Müll mitgenommen oder geliefert werden. Das Pfand bekommt der Gast dann beim nächsten Restaurantbesuch im Austausch für die Box zurück oder bestellt sich damit erneut Essen. Abgeben kann man die Box in allen teilnehmenden Restaurants.

„Im Gegensatz zur Anschaffung von Einwegverpackungen wird der Pfandpreis für die Boxen ein durchlaufender Posten. Die Gastronomen zahlen einen geringeren Centbetrag pro Befüllung an das Boxenunternehmen. So wird Mehrweg günstiger, sogar günstiger als Einweg“, erklärt Caroline Golly, Projektmanagerin der Klimaschutzagentur Mannheim.

Mit Unterstützung der Wirtschaftsförderung wurde ein Pilot-Förderprogramm auf die Beine gestellt, das Gastronom*innen bei der Einführung der Mehrwegboxen unterstützt. Betriebe, die mitmachen wollen, können sich je nach Menge der Mitnahmespeisen bis zu 200 Euro für ihre Mehrwegboxen sichern. Sie verpflichten sich, die Förderung in Form eines Rabatts in Höhe von zwei Euro auf alle Mitnahmegerichte in der Mehrwegbox an die Kundschaft weiterzugeben. Das soll Anreiz schaffen, dass die Gäste auch das Pfand für ihre Box zahlen.

Akquiriert werden die Gastronomien für die Aktion über Social-Media-Ansprachen, Newsletter sowie über die Presse. Mit Beginn der Aktion nehmen bereits sieben Mannheimer Restaurants teil. Auch die Kantinen der Stadtverwaltungen werden partizipieren. Hier gehen, laut Golly, aktuell 200 Essen pro Tag in Einwegverpackungen raus.

Der junge Gastronom Roman Kress ist mit seinen beiden Restaurants gleich von Anfang an dabei. „Das ist eine gute Aktion, denn für einzelne Restaurants macht sowas wenig Sinn, aber sobald sich mehrere zusammen tun, bringt das umso mehr. Die, die bisher mitmachen, haben alle ungefähr die gleiche Klientel wie wir“, sagt Kress.

Sein neues veganes Restaurant Glücksstein im Mannheimer Stadtteil Lindenhof konnte er Anfang November coronabedingt nicht eröffnen, er ist daher dort gleich mit einem Take-Away-Angebot gestartet. Das Romans in der Innenstadt ist mit Wraps und Bowls auf To go ausgerichtet. Kress: „Wir haben die Kunden, die auch auf Nachhaltigkeit Wert legen und die Resonanz auf die Mehrwegboxen ist durchweg positiv.“

Er habe sowieso geplant, biologisch abbaubares Geschirr zu verwenden und nun stattdessen rund 100 Mehrwegboxen im Einsatz, berichtet er. Und sollte es doch Gäste geben, die kein Pfand bezahlen wollen, so könnte er ihnen wenigstens eine andere nachhaltige Verpackung – eben seine biologisch abbaubaren Behälter – anbieten.

„Der Gastronom profitiert von einem wachsenden Kundenstamm, Kundenbindung sowie der Marketing- und Öffentlichkeitsarbeit zur Bewerbung der Boxen durch die Klimaschutzagentur“, sagt Projektmanagerin Golly. Bis zu 15 Betriebe sollen insgesamt gefördert werden. Bei großer Nachfrage sei eine weitere Förderrunde denkbar.

Als Vorbild für andere Kommunen und Städte dient diese Aktion allemal. Initiativen wie Essen in Mehrweg (Berlin, Bremen, hier gibt es ein Padlet mit aktuellen Infos) oder die Mehrweg-Beratung Schön wie wir (Berlin-Neukölln) treiben das wichtige Thema bereits auch in einigen weiteren Kommunen voran.

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