Oliver Schmidt, The Grand Ahrenshoop: „Je mehr Freiheit du deinen Mitarbeitern gibst, desto mehr bekommst du zurück!“

von Laura Klingenberg
the grand schmidt - interviews-portraits, management Oliver Schmidt, The Grand Ahrenshoop: „Je mehr Freiheit du deinen Mitarbeitern gibst, desto mehr bekommst du zurück!“

Tattoos, lange Haare, Rauschebart: Auf den ersten Blick ist Oliver Schmidt kein typischer Hoteldirektor. Aber genau diese Coolness zeichnet ihn aus. Und ebenso sein innovativer Führungsstil. Der Mann von der schönen Ostsee-Insel Poel ist seit 2010 Eigentümer und Leiter des Luxushotels The Grand im Künstlerdorf Ahrenshoop direkt an der Küste.

Laura Klingenberg traf ihn zum Gespräch auf der Dachterrasse des Hotels mit Blick über die stürmische Ostsee. Sie sprachen darüber, wie ein Check-In mit Lobbyisten funktioniert, wie man ein Luxushotel ohne ausgeprägte Hierarchiestrukturen leitet und wer mehr in die Pflicht genommen werden sollte, um den Nachwuchsmangel in der Branche zu bekämpfen.

Oliver, du weichst mit deinem Aussehen schon sehr vom Prototyp eines Hoteldirektors ab. Wie steht es um deine Mitarbeiter? Müssen die Uniformen tragen?

Wir fangen gerade an, die Uniformen Stück für Stück abzuschaffen. Die Mitarbeiter der Rezeption tragen mittlerweile nur noch Jeanshemden, die Service-Mitarbeiter weiße Hemden. Unser Ziel ist es, dass alle Mitarbeiter unserer Hotels nachhaltige Arbeitskleidung tragen, auf denen zum Beispiel steht „Ich war mal ein Strohhalm“, oder „ich war mal eine Plastiktüte“. Dafür suchen wir noch nach einer passenden Firma.

Ein Mitarbeiter erzählte mir heute morgen, dass deine Gäste zukünftig an der Bar über so genannte „Lobbyisten” eingecheckt werden. Wie kann man sich das vorstellen?

Wir werden die Abteilungen Rezeption und Bar miteinander vereinen. Die Gäste werden sich in Zukunft mit einem der „Lobbyisten“ an den Tisch setzen und den Check-In beziehungsweise Check-Out selbst durchführen, während sie schon nebenbei eine Tischreservierung für den Abend machen oder einen Drink bestellen. Damit der Prozess für die Gäste einfacher wird, wechseln wir gerade auf ein neues Property-Management-System. 

Ist es für dich wichtig, dass trotz deines lockeren Auftretens jeder weiß, dass du der Chef bist?

Ganz und gar nicht. Ich habe im Hotel die Hierarchien sogar komplett abgeschafft. Es gibt beispielsweise keinen Direktor oder Manager of Duty mehr. Meine Mitarbeiter dürfen frei entscheiden, welche Entschädigung sie den Gästen anbieten. Die Abteilungsleiter haben teilweise sogar Prokura. Wir haben auch keine wöchentlichen „Elefanten-Meetings” mehr. Wir versuchen, auf kürzestem Dienstweg miteinander zu kommunizieren. Außerdem fallen diese nervigen Pending-Listen dadurch weg, die so demotivierend sein können, wenn man in den Meetings vorlesen muss, was man wieder nicht geschafft hat. Je mehr Freiheit du den Mitarbeitern gibst, desto mehr bekommst du zurück!

Also gibt es bei dir auch keinen Abmahnungen? 

Wir verwenden keine klassischen Abmahnungen für Mitarbeiter. Ich rede mit ihnen und sagen ihnen ganz klar, was mir nicht passt. Mitarbeiter sind ja keine Kinder, die man abmahnen muss. Wir versuchen, Probleme miteinander direkt zu klären und müssen dadurch auch keine Leute mehr rauszuschmeißen. Unsere Mitarbeiter-Fluktuation ist sehr gering. Was zeigt, dass wir was richtig machen.

the grand interview - interviews-portraits, management Oliver Schmidt, The Grand Ahrenshoop: „Je mehr Freiheit du deinen Mitarbeitern gibst, desto mehr bekommst du zurück!“

Gespräch mit Ostsee-Brise: nomyblog-Autorin Laura Klingenberg und Oliver Schmidt

the grand ahrenshoop - interviews-portraits, management Oliver Schmidt, The Grand Ahrenshoop: „Je mehr Freiheit du deinen Mitarbeitern gibst, desto mehr bekommst du zurück!“

Aus dem ehemaligen Ahrenshooper Kurhaus wurde das Luxushotel „The Grand“

Man hört immer wieder von Hotels, dass sie nur noch schwierig Auszubildende finden. Ist das bei euch auch so? Wie könnte sich deiner Meinung nach etwas ändern?

Wir haben natürlich auch Probleme, Azubis zu finden. Ein Hotel in Bremen hat jetzt sogar seine Azubi-Gehälter deswegen verdoppelt. Meiner Meinung nach gehört aber ein geringerer Lohn zur Ausbildung dazu. Ich verliere ja auch 30 Prozent an Arbeitszeit meines Facharbeiters, der den Azubis etwas beibringen muss. Vielmehr müssen die Gemeinden von Urlaubsorten mehr in die Pflicht genommen werden, um wieder eine bezahlbare und lebenswerte Infrastruktur für junge Menschen zu schaffen. Sei es auf Rügen, in Kärnten oder in Bayern. Es kann beispielsweise nicht sein, dass ein Liter Milch fast drei Euro kostet. Zusätzlich fehlen hier Kitas für unsere Mitarbeiter, die auch an Sonn- und Feiertagen geöffnet haben.

In der NDR-Reportage über dich und das Haus hast du gesagt, dass manche junge Mitarbeiter zu behütet sind. Du findest, dass sie auch mit Heimweh umgehen lernen müssen. Was tut ihr für euer Team, damit auch solche schwierige Phasen gemeistert werden?

Des Heimweh-Thema ist vor allem bei Lehrlingen präsent. Die Betriebe müssen hier mit den Eltern besser zusammenarbeiten und die Kinder nicht gleich nach drei Wochen nach Hause schicken, wenn diese Heimweh haben. Abnabelung ist ein Teil der Ausbildung. Da dürfen die Eltern nicht immer dazwischenfunken.

Der Januar und Februar ist für die Ostsee-Hotellerie nicht immer einfach. Wie überbrückt bzw. übersteht ihr diese schwierigen Monate, oder sind sie gar nicht so problematisch? Habt ihr spezielle Angebote oder Arrangements? 

Eine klassische Nebensaison haben wir hier gar nicht. Wir waren sogar letzte Nacht, also Anfang März, bei 100 Prozent. Durch unser Spa haben wir auch im Februar eine starke Auslastung. Wir sind also auch bei schlechtem Wetter sexy. Und wenn wir mal keine gute Auslastung haben, dann nutzen wir die Zeit, um Guttage und Urlaubstage abzubauen. 

the grand weitblick - interviews-portraits, management Oliver Schmidt, The Grand Ahrenshoop: „Je mehr Freiheit du deinen Mitarbeitern gibst, desto mehr bekommst du zurück!“

Der Name passt: die „Weitblick“-Bar

the grand strandhaus - interviews-portraits, management Oliver Schmidt, The Grand Ahrenshoop: „Je mehr Freiheit du deinen Mitarbeitern gibst, desto mehr bekommst du zurück!“

Die Gastronomie im „Strandhaus“, das auch zum Hotel gehört

Wenn man so dicht an der Natur ist, spielt das Thema Nachhaltigkeit und verantwortungsvoller Umgang mit der Umwelt sicher eine wichtige Rolle. Was tut ihr im Hotel in diesem Bereich? 

Wir sind im Hotel schon mit einem Blockheizkraftwerk versehen, mit dem Teile unseres Stroms selbst erzeugen. Der nächste Schritt ist die Wärmerückgewinnung aus unseren Klimaanlagen und Pool, sowie die Arbeit mit Solarzellen. Hierfür arbeiten wir gerade mit Energieberatern aus Rostock zusammen. Zusätzlich versuchen wir die Transportwege so gering wie möglich zu halten. Daher arbeiten wir hauptsächlich mit regionalen Produkten. Unseren Ziegenkäse beziehen wir von Jan Brauer aus Daskow und unseren Fisch größtenteils von der Müritz Fischerei aus Waren und natürlich vom Bodden.

Vielen Dank, Oliver!

Mehr Infos: 
www.the-grand.de

Weiterlesen:

5 Kommentare

Traude Boehnert-Erb 13. September 2020 - 19:51

Wir waren im Februar 2020 in diesem wunderbaren Hotel! Alles hat gepasst!!
Erstaunt waren wir dennoch, dass dieser Bau direkt an der Küste gebaut werden durfte.
Aber, wenn man in diesem Hotel wohnt und aus den Fenstern der Lobby schaut und sich mit einem Drink in den gemütlichen Sesseln räkelt, dann beginnt man zu träumen.
Sonst gab es in diesem Jahr leider nicht mehr so viel Gelegenheit dazu.
Wir kämen sehr, sehr gerne wieder, aber können uns die Preise einfach nicht mehrmals leisten.

Antwort
Scherf 21. Juni 2020 - 01:04

Möchten Sie Urlaub als Statist erleben während das Personal sich feiert, Sie geduzt werden und Sie sich mit der Kellnerin streiten wie ein Steak aussieht, wenn es medium sein soll? Wir waren zum Abendessen im Outside und im Weitblick, beide Male war es so, als sei der FDGB-Charme von den Grundmauern aufs Servicepersonal übergegangen. Schade, denn die Zimmer sind toll, das Frühstück wegen Corona gut gelöst, die Aussicht hervorragend. Der Stil und somit das Preis-Leistungsverhältnis fragwürdig. Da kann ich dann doch mehr zum Grand Hotel Heiligensee raten. Da gibt es mehr fürs Geld, bessere Küche, größere Speisenauswahl, sehr guten und freundlichen Service. Dort sind die Profis!

Antwort
Respect Nature 13. Juni 2020 - 08:21

Wie kann man so einen riesigen Hotel-Bunker in so einem schönen Ort genehmigen?

Antwort
Dr. Regina Amith-Borchart 23. September 2019 - 18:30

Obwohl wir mehrfach Hotelgaeste waren, wurde uns innerhalb von 5 Tagen zweimal der Zugang bzw. die Bedienung auf der Dachterrasse verwehrt. Einmal mit der Begründung es wäre zu windig – es wehte ein ver-
gleichsweise mäßiger Wind. Nach einer Beschwerde wurde uns mit Murren ein Drink serviert. Gestern wurden wir schon an der Tür ausgebremst. Die Terrasse war mäßig besetzt. Angeblich hätte es 2 Todesfälle gegeben,
das Personal könne jetzt nur noch Hotelgäste bedienen. Das Angebot unsere Getränke selbst rauszutragen, wurde abgelehnt.Schade – sehr Unprofessionalität Stil

Antwort
Tanja Lagers 8. August 2019 - 19:36

Moin, moin,
Hatten gerade, anlässlich der Hochzeit meines Bruders, ein paar tolle Tage im „The Grand“. Tolles Konzept, coole Location, stimmiges Ambiente….alles sehr geschmackvoll und lecker war`s auch!
Dickes Dankeschön an alle Mitarbeiter, die unsere Kids, die ihr „Cousin- und Cousinen-Treffen“ ausgiebig gefeiert haben, so tapfer ausgehalten haben…..

Antwort

KOMMENTIEREN

* Durch die Verwendung dieses Formulars stimmen Sie der Speicherung und Verarbeitung Ihrer Daten durch diese Website zu.