O wie Ohnmacht – denn was passiert, passiert: Das Gründer-ABC

von Ralf Klümper
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Illustration: Susann Massute

Ohnmacht ist die Unfähigkeit zu handeln. Wohl jeder Unternehmer hat sie schon erlebt. Per Definition ist es das Schlimmste für einen Unternehmer, wenn er nichts unternehmen kann. Aber ist es wirklich so, wie es Herbert Grönemeyer Anfang der 90er sang: „Denn was passiert, passiert“? Meine Meinung: Nein! Jeder Gastronom kann und muss aktiv gegensteuern, wenn sein Lokal in schwieriges Fahrwasser gerät. Nur: Wie?

Die Ursachen, warum Unternehmern die Hände gebunden sein können, sind vielfältig. Das banalste aller Small-Talk-Themen – nämlich das Wetter – kann zwar nicht beeinflusst werden, kann jedoch insbesondere in der Freizeitgastronomie enorm umsatzrelevant sein. Ein regnerischer Sommer ist für Biergärten eine Katastrophe, ein ungewöhnlich sonniger und warmer Sommer wie 2018 kann dagegen Betriebe, die keine oder zur wenige Außenplätze besitzen, in den Ruin treiben.

Aber wie gegensteuern? Für Gastro-Gründer bedeutet dies, dass bei den Kriterien für die Standortwahl eine ausreichende Anzahl an Außenplätzen aufgrund der klimatischen Veränderungen unabdingbar ist. Meine Empfehlung: Mindestens ein Drittel, wenn nicht sogar die Hälfte der Innenplätze sollten auch außen vorhanden sein. Verstärkt wird die Wichtigkeit der Außenplätze auch durch eine andere Entwicklung: Die Deutschen lieben es, wie in den südlichen Urlaubsländern, draußen zu sitzen – siw wollen mediterranes Urlaubsflair direkt vor der Haustür. Man spricht hier schon von der Mediterranisierung

Auch die Speise- und Getränkekarte sollte wetterabhängig angepasst werden. Bei warmem Wetter sind leichte Salate, Suppen und natürlich Eis die Renner, bei Kälte sind deftige Gerichte unschlagbar. Eine saisonale Ausrichtung der Küche wird in den nächsten Jahren wichtiger – auch aus Gründen der Nachhaltigkeit (Verminderung der Transportwege).

Weltweite und lokale Krisen wirken sich aus 

Ich erinnere mich noch gut an das erste Jahr nach Gründung meines Restaurants im Jahr 2007. Wir waren wenige Monate am Start, da erschütterte die Weltwirtschaftskrise nicht nur die Banken, sondern nahezu alle Branchen – insbesondere auch die Gastronomie. Obwohl sich die Krise noch gar nicht in den Portemonnaies bemerkbar machte, saß das Geld bei den Gästen nicht mehr so locker. Alles, was nicht zwingend an Ausgaben getätigt werden musste, hatte man sich verkniffen: Die Gäste gingen seltener aus, Firmen sagten Feiern ab oder reduzierten sie auf das Nötigste. In solchen Phasen helfen oft nur Angebote, bei denen eure Gäste Geld sparen können. Achtet aber darauf, dass solche Angebote zeitlich begrenzt sein sollten. Und bedenkt: Eine wirtschaftliche Krise muss nicht gleich weltweit stattfinden. Für euch reicht es schon, wenn sie eure Stadt betrifft.

Und nicht zu vergessen: Die Macht des Internets und die damit verbundene Machtlosigkeit bei negativer Kritik oder gar einem Shitstorm – egal, ob berechtigt oder unberechtigt. Hierauf gehe ich detailliert beim Buchstaben R wie Reklamation ein (erscheint Anfang Januar 2019).

Gemeinsam haben diese Ursachen alle, dass sie zu wirtschaftlichen Engpässen im eigenen Betrieb führen, die im schlimmsten Fall in die Zahlungsunfähigkeit enden können. Pleiten beginnen oft mit Liquiditätsengpässen, die normalerweise in wenigen Wochen oder Monaten überwunden werden könnten. Schwierig wird es, wenn genau in dieser Phase noch ein weiteres Problem hinzukommt, das die Einnahmen weiter verringert (z.B. Baustelle vor dem Lokal). Eine solche Situation lähmt ungemein. Aber genau dann muss man tätig werden. Wer tatenlos zusieht, wie sein Unternehmen zahlungsunfähig wird, der könnte Ärger wegen Insolvenzverschleppung bekommen.

Also: Das Problem offensiv angehen! Zunächst ist die eigene Bank um Überbrückung zu bitten. Wenn dies abgelehnt wird und die Pleite nicht mehr zu umgehen scheint, sollte man sich schnellstens um einen geordneten Ablauf der Insolvenz kümmern und Kontakt zu einem Insolvenzverwalter aufnehmen. Falls die Bank finanziell nicht weiterhelfen kann oder will, so wird sie zumindest bei der Vermittlung des Insolvenzverwalters behilflich sein können.

Jedoch muss eine Insolvenz nicht zwangsläufig das Ende des Unternehmens bedeuten. In manchen Fällen gibt es die Möglichkeit der Firmensanierung. Wer wissen will, wie eine solche Firmenrettung aussehen kann, dem empfehle ich die beiden Beiträge aus August 2017 auf meiner Homepage. 

Wer es „nur“ mit einem zeitlich begrenzten Liquiditätsengpass zu tun hat, der sollte die Zeit in ruhigen Phasen nutzen, um Dinge voranzutreiben, die sonst liegen blieben. Das ist die m.E. wichtigste Fähigkeit von Unternehmern: Sich in schwierigen Phasen nicht runterziehen zu lassen, sondern der Motor der Firma – eben nicht ohnmächtig – zu sein. Aber in ruhigen Zeiten ist oft sofort auch der wirtschaftliche Druck da, der eine große psychische Belastung darstellt. Kreativ zu sein, ist dann meist nicht so einfach. Hier hilft es, wenn ihr euch in „guten Zeiten“ eine Ideensammlung anlegt. Ich hatte mir in meinen zehn Jahren als Gastronom auch eine solche Langfrist-to-do-Liste in Excel mit Verschlagwortung angelegt. Nur rund 20 Prozent dieser Ideen konnte ich tatsächlich umsetzen. Vielleicht ein gutes Zeichen ;-)

Nächstes Mal: P wie Personal – von Entlastung bis Entlassung
Das Gastro-Gründer-ABC auf nomyblog begleitet Sie vierzehntägig mit den wichtigsten Themen von A bis Z. Der Autor Ralf Klümper war bis 2017 selbst zehn Jahre Gastronom in Essen („Die Insel“). Seine Praxiserfahrung vermittelt er seitdem als Gastro- und Gründerberater und schreibt für Gastro-Blogs und Fachpublikationen. 

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