Ein Reis(e)bericht aus Norditalien

Von Risotto bis zu Koji, Sushi und Sake – Qualitätsprodukt italienischer Reis

von Marianne Rennella
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Alle Fotos: Marianne Rennella

Italienischer Reis gilt als Qualitätsprodukt, doch Hand aufs Herz: Wer kann schon so genau sagen, was den Unterschied ausmacht? Und wie er produziert wird? Und was ist eigentlich mit dem Klimawandel – hat er, wie in den großen Reisanbaugebieten Asiens auch in Italien schon seine Auswirkungen? Viele Fragen. Antworten hat Marianne Rennella von ihrer Reise ins Anbaugebiet in der Poebene mitgebracht. 

„Nur aus italienischem Reis kann man Risotto machen!“ deklariert Roberto Magnaghi, der Generaldirektor der Ente Nazionale Risi. Diese Einrichtung mit Hauptsitz in Mailand gehört zum italienischen Ministerium für Agrarpolitik und ist bisher europaweit das einzige Beispiel für ein interprofessionelles Gremium, das im Interesse der gesamten Lieferkette agiert.

Das Hauptaugenmerk der „Ente Nazionale Risi“ liegt darauf, die Reisproduktion in Italien zu schützen. Dabei geht es um die Kontrolle und Sicherung der Qualität, aber auch um die Unterstützung der Reisbauern in Italien. Die Einrichtung ist gleichzeitig ein Forschungszentrum und somit Anlaufstelle für alle Fragen rund um den Anbau, die Ernte und die Verarbeitung von Reis. In ihrem Labor widmet sich das Team aus Biolog*innen außerdem der Züchtung neuer Sorten, indem bestehende gekreuzt werden, ohne dabei genetische Modifizierungen vorzunehmen. Das Ziel ist es, verbesserte, robustere Samen zu erhalten, die den neuen klimatischen Bedingungen standhalten können. 

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P1360154 - food-nomyblog, events Ein Reis(e)bericht aus NorditalienP1360164 - food-nomyblog, events Ein Reis(e)bericht aus NorditalienDenn auch in der pianura padana, dem Hauptanbaugebiet von italienischem Reis, regnet es weniger. Die Po-Ebene gilt als ein besonders fruchtbares Gebiet, das einst durch den Reisanbau gewissermaßen vor der Versumpfung bewahrt wurde, erklärt Roberto Magnaghi. Für das Aussäen der Reissamen im Frühling werden die Felder komplett unter Wasser gesetzt. Langfristig braucht es Sorten, die auch ohne das Fluten üppige Ernten im September und Oktober bringen. „Das Wasser wird jedoch niemals verschwendet,“ sagt Magnaghi. Über ein ausgeklügeltes Kanalsystem wird es nach der Aussaat wieder in den Po geleitet und für die Bewässerung anderer Felder genutzt.

Sushi-Reis aus Italien wird immer beliebter 

Italien ist vor Frankreich, Spanien und Portugal der größte Reisproduzent Europas und baut jährlich circa eine Million Tonnen an. Die Hälfte davon geht ins europäische Ausland und zehn Prozent in Länder außerhalb der EU. Die restlichen rund 40 Prozent werden in Italien konsumiert, vor allem in Nord- und Mittelitalien und vor allem in Form von Risotto. „Aber auch Sushi wird immer beliebter,“ so Magnaghi. Deswegen habe man einen Rundkornreis entwickelt, der sich perfekt für Sushi eignet. Statt den Sushireis aus Japan zu importieren, baut Italien seit Jahren nun eigenen an – und frischer Fisch ist ja sowieso vorhanden.

Bevor der Reis schön von Alge umrollt als Sushirolle serviert werden kann, sind allerdings viele Schritte nötig. Was direkt vom Feld kommt, ist zunächst risone, der Rohreis. Diesem wird nach dem Aussortieren anderer Ernterückstände in einer speziellen Vorrichtung die äußere Schale entfernt – es entsteht Vollkornreis. Für weißen Reis sind weitere Schritte und Polituren nötig, denn je weißer, desto beliebter. Dies passiert in den lokalen riserie in gigantischen Maschinen, die maximal optimiert wurden. In den großen Hallen der Reismühlen reihen sich laute, eindrucksvolle Gerätschaften aneinander, in denen die einzelnen Reissorten wieder und wieder gesiebt, aussortiert, geschält, geschliffen und schließlich abgepackt werden. Von dort aus werden die ein, fünf, zehn oder auch 100 Kilo schweren Säcke in LKWs geladen und in Europa verteilt. 

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P1360149 - food-nomyblog, events Ein Reis(e)bericht aus NorditalienP1360138 - food-nomyblog, events Ein Reis(e)bericht aus NorditalienAuch nach Deutschland gelangt eine große Menge, denn hier wächst das Bewusstsein für Qualität immer mehr. Statt gepanschtem, unreinem, oder brüchigem Reis, hat man beim Siegel riso italiano eine Garantie für die Einhaltung höchster Qualitätsansprüche. Der Verbraucherschutz in Italien ist sehr gut, Lebensmittel haben einen unglaublichen hohen Stellenwert, und maximale Qualität ist keine Ausnahme, sondern eine Voraussetzung für jedes Essen. 

Zu dieser Erkenntnis gelangt auch die Berliner Lebensmittelbranche immer öfter. Dass es europäischen Reis in Feinkostläden und Supermärkten zu kaufen gibt, ist mittlerweile selbstverständlich. Dass daraus Sake oder Koji gemacht werden, eher etwas Neues. Berlins Spezialist für japanische Fermente, Markus Shimizu, verwendet in seiner Fermentationswerkstatt mimi ferments für seine Kojis ausschließlich italienischen Milchreis. Ein Beispiel von vielen. Eigentlich müsste jedes einzelne Restaurant mit Risotto auf der Karte italienischen Carnaroli- oder Arborio-Reis bei sich in der Küche haben – denn wie gesagt, nur aus italienischem Reis kann man Risotto machen. 

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