Cookies Cream: „Eine lockere Atmosphäre passt besser“

Wie sich das vegetarische Sternerestaurant mit Küchenchef Nicholas Hahn neu erfindet

von Jan-Peter Wulf
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Foto: Cookies

Nach über 15 Jahren hat das vegetarische Sternerestaurant „Cookies Cream“ in Berlin einen neuen Küchenchef: Nicholas Hahn, bis 2019 im „Restaurant am Steinplatz“ und zwischenzeitlich in Österreich tätig, übernahm im Herbst 2023 die Position von Stephan Hentschel.

Ein Wechsel in einer Zeit, in der viele (nicht nur) Berlliner Fine-Dining-Restaurants kriseln – rückläufige Gästezahlen und steigende Einkaufspreise drücken von beiden Seiten auf die Umsätze. Das „Ernst“ (1 Stern) gab im Herbst seine Schließung Ende 2024 bekannt, das „Lode & Stijn“ und das „The NoName“ (1 Stern) ließen bereits zum Jahresende 2023 die Rollläden herunter, das „Cordo“ (1 Stern) wird zum Seafood-Wein-Konzept „Wasser“.  „Dine or die“ lautet eine Art Brandbrief und Aufruf zum Essengehen, den das Zwei-Sterne-Restaurant „Horváth“ im Oktober vergangenen Jahres dazu veröffentlicht hat. Ein Bericht in der Süddeutschen Zeitung nennt es das Empty-Table-Syndrom.

Die Krise als Gefahr, Herausforderung oder als Chance? Wie wappnet sich das „Cookies Cream 2.0“, wie Heinz „Cookie“ Gindullis die nun beginnende neue Ära nennt – und wie will man sich neu ausrichten und zugleich das Bewährte und Beliebte bewahren? Wir trafen Gindullis und Hahn zum Gespräch.

Ihr habt über eine Personalvermittlung zueinander gefunden. Wie lief das ab?

Heinz „Cookie“ Gindullis: Auf die Ausschreibung für die Stelle des Küchenchefs hatte ich auf normalem Weg acht Bewerber und dann noch mal vier über „Kohn und Lorenzen“, der auf gehobene Gastronomie spezialisiert ist. Die Agentur hat uns schon geholfen, einen Souschef zu finden, als wir das „Crackers“ eröffnet haben. Wir haben uns getroffen und kennen gelernt. Das war der erste Schritt. Doch für die Stelle des Küchenchefs ist natürlich dann der Geschmack ausschlaggebend.

Also gab es ein Probekochen?

Nicholas Hahn: Ja, ich habe vier Gerichte gekocht. Zwei Vorspeisen, unter anderem mit grünen Mandeln, Tomate und Senfeis, im Hauptgang Zucchini, ähnlich wie sie jetzt auf der Karte ist, und ein Dessert mit Ziegenmilch.

Cookie: Wir haben in einem kleinen Team probiert und die Gerichte haben uns alle umgehauen: der Geschmack auf der Punkt, die Optik der Hammer.

Hast du die Gerichte auch schon mit der Idee konzipiert, dass davon etwas in dein erstes Menü gelangen könnte?

Hahn: Absolut, es war auch Cookies’ Bitte, mir dahingehend Gedanken zu machen. Die Speisen müssen auch für 350 bis 500 Gäste pro Woche funktionieren. Ich kenne kein anderes Fine-Dining-Restaurant in Deutschland, das für so eine hohe Gästezahl auf diesem Niveau kocht.

Wenn man als neuer Küchenchef in ein bestehendes Restaurant kommt, wie bringt man dann seine eigene Stilistik hinein und bewahrt zugleich das Etablierte?

Hahn: Ich hatte erst einmal das große Glück, in ein gut funktionierendes Team hineinzukommen, das mich von Anfang an sehr unterstützt hat. Schon in meinen vorherigen Stationen habe ich viel vegetarisch gekocht. Es ist über die Jahre immer mehr geworden, weil Vegetarisch-Veganes immer mehr im Kommen ist. Das Paprikagericht auf der aktuellen Karte zum Beispiel ist ein signature dish von mir, den ich schon vorher gekocht habe. Wir stehen ja noch ganz am Anfang, aber wollen das Konzept auf jeden Fall weiterentwickeln. Wir wecken schon jetzt Sachen ein, um zum Beispiel Wurzeln im Winter mit Tomaten aus dem Sommer verbinden zu können.

Cookie: Dein Fokus auf Saisonalität und Dinge zu verarbeiten, um sie auch später zu verwenden, ist schon eine klare Veränderung. Fermentiert oder Vakuumiert haben wir in der Menge und in der Stärke zuvor nicht.

Ist es ein Neustart für dich?

Cookie: Es ist auf jeden Fall ein Neustart, auch wenn bestimmte Dinge bleiben, zum Beispiel die Atmosphäre des Raumes. Den haben wir jetzt nicht lila angestrichen (lacht).

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Foto: Cookies

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Foto: Redaktion

Viele Fine-Dining-Restaurants klagen derzeit über zu wenig Gäste. Einige haben bereits geschlossen oder ihre Schließung angekündigt. Hat es das „Cookies Cream“ mit rein pflanzenbasierter Küche leichter, weil Alleinstellungsmerkmal?

Cookie: Das ist schon ein USP. Doch wir haben auch schon immer darauf geachtet, gute Gäste zu haben. Ja, auch wir mussten wegen der Inflation die Preise anheben, fünf Gänge kosten 99, sieben Gänge 125 Euro – aber wir schauen da eben sehr genau drauf, denn ein gemischtes Publikum trägt zur Lebendigkeit bei. Wir sind nicht still, es wird nicht geflüstert. Wenn der Abend mal leerer ist, macht mich das immer ganz traurig, weil dann nicht die Atmosphäre entsteht wie sonst. Ich mag dieses Kommen und Gehen, so finde ich das „Cookies Cream“ am schönsten.

Eine lockere Atmosphäre im Fine Dining passt besser in die moderne Welt. Events wie „Lovers By The Water“ (Pop-ups mit „Cookies Cream“, „Crackers“ und „Cookies Events & Catering“, die im Sommer in der unternehmenseigenen Eventlocation „Studio C“ stattfinden, Anm. d. Red.) helfen uns, immer wieder Aufmerksamkeit zu bekommen. „Cookies“ ist immer im Wandel, es wird nie langweilig für unser Team. Und bislang sind wir so durch alle Krisen gegangen, von der Wirtschaftskrise gleich zu Anfang über Corona bis jetzt zur Inflation. Mit einem Team von 110 Personen ist es heute natürlich eine andere Verantwortung als zu Zeiten, wo ich noch einen kleinen Club gemacht habe.

Das „Cookies Cream“ ist das erste vegetarische Restaurant in Deutschland, das mit einem Michelinstern ausgezeichnet wurde, 2018. Den wollt ihr nun bestimmt verteidigen?

Hahn: Also ich würde mich sehr freuen, wenn wir den Stern behalten. Ich arbeite schon länger in Gourmetrestaurants und letztendlich ist es natürlich schon ein Ziel, einmal selbst einen Stern zu haben.

Cookie: Natürlich wollen wir ihn behalten. Aber wir müssen immer dran denken: Wir haben ihn dafür bekommen, wie wir sind. Allein schon unser Eingangsweg durch den Hinterhof. Wir hatten, als der Stern kam, nicht einmal eine Garderobe! Aber ja: Mit fast 30 Jahren Gastronomie-Erfahrung möchte ich nicht rückwärts gehen. Es gab drei Gänge als wir den Stern bekommen haben, jetzt sind es sieben. Wir haben nun Weinparinig, alkoholfreies Parinig – all das haben wir über die Zeit entwickelt. Und wir machen auch in Zukunft das, worauf wir Lust haben.

Vielen Dank für das Gespräch.

Mehr Informationen:
www.cookiescream.com

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