Fachkräftemangel oder zu viel π mal Daumen bei der Mitarbeiter­einsatzplanung?

Die perfekte Preisgestaltung in der Gastronomie, Teil 9

von Uwe Ladwig
uwe ladwig - personal, management Fachkräftemangel oder zu viel π mal Daumen bei der Mitarbeiter­einsatzplanung?

Foto: Uwe Ladwig

Energiekosten, Personalkosten, Inflation und und und: Die Gastronomie-Branche steht vor enormen finanziellen Herausforderungen. Preisanpassungen sind unumgänglich, aber: Wie macht man sie clever? Fair? So, dass es Gäste nicht verschreckt und am Ende positive Effekte hervor bringt?

Im neunten Teil unserer Reihe von und mit dem Kalkulations-Profi Uwe Ladwig geht es ums Personal bzw. wie sich ein unwirtschaftlicher Mitarbeitereinsatz mit einem von Kennzahlen getriebenen Dienstplan und einer Umsatzprognose vermeiden lässt. 

Seit etwa 30 Jahren sind die Personalkosten der höchste Kostenfaktor in der Gastronomie. Als 2015 der Mindestlohn und die Dokumentationspflicht in Kraft traten, stiegen die Personalkosten weiter an. Nicht nur der Stundenlohn der Mitarbeiter*innen erhöhte sich, auch die zu bezahlenden Überstunden verringerten den Gewinn. Doch eines hat sich kaum verändert: Vielerorts wird der Dienstplan noch immer „aus dem Bauch heraus“ erstellt, so nach dem Motto „wird schon passen, wir sparen lieber an anderen Stellen.“ Doch wenn die Personalkosten einen derart hohen Anteil haben, dann ist der Hebel für eine Erhöhung des Gewinns an dieser Stelle auch besonders hoch – wenn Sie sich eine andere Frage stellen als bisher. 

Wie wäre es, wenn Sie statt „Wie viele Leute brauche ich für die einzelnen Tage?“ die Frage „Wie viele Mitarbeiter kann ich mir für die Tage überhaupt leisten?“ stellen würden? Was würde passieren, wenn Sie Ihren Dienstplan auf der Basis von Umsatzprognosen und anderen Kennzahlen planen?

Das hört sich vielleicht kompliziert und mühsam an, aber es lohnt sich: Sie vermeiden Leer- und Wartezeiten und müssen weniger unproduktive Stunden bezahlen. Die Produktivität steigt rapide und Sie sind auf der Gewinnspur. Die Königsdisziplin in der Gastronomie ist das Erstellen des Dienstplanes mit Umsatzprognose, Deckungsbeitrag 2 und weiteren Kennzahlen. Aber wie gehen Sie am besten vor?

Eine neue Herangehensweise  

Letztendlich geht es um eine Veränderung der Denkweise. Die Tools oder die zusätzlichen Rechenschritte lassen sich schnell und einfach umsetzen. Im Kern geht es immer um die Frage: „Wie schaffe ich es, meine Mitarbeiter*innen zum richtigen Zeitpunkt an der richtigen Stelle zu haben, ohne dass ich letztendlich draufzahle und Verlust mache?“ Der Schlüssel dazu liegt im Umsatz, den ich für den jeweiligen Tag prognostiziere. Ein Beispiel: Der Koch will für Freitag drei Mitarbeiter*innen in der Küche haben. Natürlich muss alles gut vorbereitet werden. Am Freitag der Vorwoche sind zwei Küchenhilfen bereits um 19 Uhr gegangen, weil lediglich 110 Euro Umsatz erwirtschaftet wurde – das reicht noch nicht einmal für die Deckung der Personalkosten, der Besitzer musste mal wieder draufzahlen.

Die Lehre daraus: Wenn der erwartete Tagesumsatz oder die Anzahl der Gäste x Umsatz pro Gast nicht ausreicht, um auf einen finanziellen grünen Zweig zu kommen, dann ist es unbedingt notwendig, den Dienstplan zu verändern. Das ist erheblich einfacher, als kurzfristig den Umsatz zu erhöhen. Eine Alternative könnte die Einführung von weiteren Ruhetagen sein. Denn wenn Sie an einem Tag, der Ihnen Deckungsbeitrag 2 minus bringt, nicht aufmachen, dann machen Sie ein „Plus“.

Die Kraft der Zahlen nutzen. Was ich nicht weiß, macht mich nicht heiß, ist die teuerste Methode der Mitarbeitereinsatzplanung.

Wahrscheinlich orientieren Sie sich mit dem Dienstplan bereits am Umsatz. Sie wissen aus Ihrem Kassensystem, welche Tage gut laufen und nehmen grummelnd zur Kenntnis, wenn Ihre Mitarbeiter*innen nicht ausgelastet sind, weil weniger Gäste als erwartet da sind. Wenn Sie etwas tiefer in die Dienstplan-Optimierung einsteigen, bekommen Sie weitaus mehr Planungssicherheit und erhöhen die Produktivität und das Ergebnis Ihres Betriebes massiv. Denn die Planung beinhaltet die einzige und berechtigte Hoffnung auf zukünftige Verbesserungen in unserem Entscheidungsverhalten.

Wie können Sie starten? Am besten mit einer Datenanalyse, um daraus Erkenntnisse für die Dienstplanung zu gewinnen. Wenn Sie genauer wissen, wie viele Gäste kommen und wie viel Umsatz pro Gast Sie an den verschiedenen Tagen erwarten können, dann ist das eine gute Basis. Zusätzlich zum Dienstplan, den Sie ja sowieso schon schreiben, kommen also nun Umsatzprognosen hinzu. Viele, die diesen Weg gegangen sind, verteilen den Umsatz dann auf die Abteilungen auf, z.B. 70 Prozent des Umsatzes geht auf die Küche mit Speisen, der Rest auf den Service mit den Getränken. Damit können Sie besser erkennen, ob Sie überhaupt genug Umsatz machen, um Ihre Mitarbeiter*innen und die anderen Kosten zu bezahlen. Wenn Sie eine klare Übersicht der Kosten täglich haben und diese mit den Umsatzprognosen vergleichen, dann kommen Sie zu Entscheidungen, über die Sie normalerweise noch tief nachts grübeln.

Achtung! In vielen Betrieben, die wir betreuen und die ihren Dienstplan mit Umsatzprognose und Kennzahlen erstellen, trat anschließend das Phänomen der Minusstunden bei den Mitarbeitern auf. Überlegen Sie bitte vor dem Umstieg, wie Sie mit Minusstunden umgehen.

Die wichtigsten Kennzahlen für die Dienstplanoptimierung 

Für einen Dienstplan, der sich an Umsätzen und der Produktivität Ihrer Mitarbeiter orientieren, benötigen Sie folgende Zahlen und Kennzahlen:  

  • Prognose Umsatz (Anzahl der Gäste x Umsatz pro Gast) 
  • Umsatzanteil F&B (F60%:B40%, F65%:B35%, F70%:B30% etc.) 
  • Soll Personalkosten in % laut Budget 
  • Soll Umsatz pro Mitarbeiterstunde 
  • Ist ø Wareneinsatz F&B laut BWA in % 
  • Personalkosten pro Stunde pro Mitarbeiter oder ø PK pro Stunde
  • Anzahl Arbeitsstunden pro Mitarbeiter 
  • Soll Deckungsbeitrag 2 pro Tag aus dem Budget 

Lassen Sie sich nicht von der Liste verunsichern. Meine Empfehlung: Fangen Sie einfach an, selbst wenn Sie noch nicht sofort alle Soll-Kennzahlen zusammen haben. Ihr Umsatz wird sich dadurch nicht verschlechtern. Starten Sie mit einer Umsatzprognose und einer Prognose der zu erwartenden Gäste. Aufgrund dieser Zahlen verändert sich schon Ihr Denken, Ihr Handeln und dann der Dienstplan.

Ein Beispiel: Sie wollen am nächsten Freitag einen Umsatz von 1.000 Euro machen. Dann können Sie vorgeben, dass die Personalkosten höchstens 30 Prozent des Gesamtumsatzes ausmachen dürfen oder 60 Euro Umsatz pro Mitarbeiterstunde. Wenn Sie das in die Dienstplan-Excel Vorlage eingeben, ergeben sich in unserem Beispiel ca. 17 Mitarbeiterstunden. Sie haben aber ursprünglich 29 Stunden eingeteilt. Um diese Mitarbeiterkosten finanziell zu rechtfertigen, müssten Sie aber einen Umsatz von 1.740 Euro machen. Also, was tun? Wahrscheinlich ist der einfachere Weg einen Mitarbeiter von der Schicht zu nehmen. Denn es ist viel schwieriger, mal eben den Umsatz um 74 Prozent zu erhöhen.

„Deckungsbeitrag 2“ ist die wichtigste Kennzahl 

An anderer Stelle habe ich bereits über die Vorzüge des Deckungsbeitrags geschrieben. Für die Dienstplanoptimierung ist der „Deckungsbeitrag 2“ die allerwichtigste Kennzahl. Diese Zahl sagt Ihnen, welcher Deckungsbeitrag 2 übrig bleibt, wenn Sie vom Umsatz den durchschnittlichen Wareneinsatz und die Ist-Personalkosten abziehen. Den Deckungsbeitrag 2 brauchen Sie, um Pacht, Energie, Marketing, Verwaltung, Afa, GWG, Zinsen … und den Gewinn zu decken. 

Für die Dienstplankontrolle der tatsächlichen Ergebnisse benötigen Sie die folgenden Kennzahlen: 

    • Ist Deckungsbeitrag 2 
    • Ist Umsatz pro Mitarbeiterstunde 
    • Ist Personalkosten in % 
    • Ist Personalkosten pro Stunde 

Wenn Sie den Deckungsbeitrag 2 nicht täglich aus Ihrem Dienstplan- oder Kassensystem bekommen (was dann ein echt schwaches System ist), dann probiere Sie diesen Trick: Ziehen Sie einfach vom Umsatz netto – 30% Durchschnitts-Wareneinsatz (besorgen Sie sich den tatsächlichen Durchschnitts-Wareneinsatz aus der BWA Ihres Betriebs) und die Ist-Personalkosten des Tages ab. An diese Zahl kommen Sie recht einfach, weil Sie wissen, wie teuer ein Mitarbeiter pro Stunde für Ihren Betrieb ist und wie lange er arbeitet. Die Ist-Personalkosten in Euro Inklusive aller Lohnnebenkosten (Begriff: Brutto-Brutto Lohnkosten) täglich, sollten mindestens aus Ihrem System kommen.

Formel: Umsatz netto – Durchschnitts-Wareneinsatz – Personalkosten = Deckungsbeitrag 2

Wenn Ihr Ist-Deckungsbeitrag 2 niedriger ist als der Soll-Deckungsbeitrag 2, haben Sie nicht genügend Geld erwirtschaftet, um weitere Kosten des Betriebes Inklusive Gewinn zu decken. Leider kenne ich kein gängiges Dienstplanprogramm, das den Deckungsbeitrag 2 standardmäßig in den Auswertungen mit einbezieht. Ich biete daher ein Dienstplanprogramm auf Excelbasis und ein Online-Seminar an. 

Viele Gastronom*innen, die auf diese Weise die Produktivität erhöhen – statt lediglich den Sparknopf zu drücken – bemerken, dass die Mitarbeiter*innen schnell Minusstunden ansammeln. Sie müssen sich also auch Gedanken machen, wie Sie mit diesen Minusstunden umgehen. Aus diesem Grund sollten Sie das Erstellen des Dienstplans zur Chefsache erklären. Denn wenn jemand den Dienstplan schreibt, dessen Geld es nicht ist, welches er/sie bei der Mitarbeitereinsatzplanung verteilt, dann wird der Dienstplan meist nach anderen Kriterien als nach Umsatz oder Deckungsbeitrag 2 erstellt. Aus wirtschaftlichen Gründen sollten Sie das Thema Dienstplanung fest in der Hand halten. Die Zahlen nehmen zusätzlich auch etwas die Emotionalität aus Diskussionen mit Mitarbeiter*innen heraus.

Sie können die Kennzahlen aber auch benutzen, um Ihre Mitarbeiter*innen zu motivieren, zu fordern und zu fördern. Denn niemand will sich in der Küche und im Service langweilen, weil niemand mehr im Restaurant sitzt. Für den Umstieg auf die Mitarbeitereinsatzplanung mit Umsatzprognose und Kennzahlen gibt es einen Onlinekurs und ein Komplettpaket.

 

Uwe Ladwig ist Fachbuchautor, Dozent, Trainer und Inhaber von F & B Support in Willich. Er trainiert und unterstützt Gastronomen bei betriebswirtschaftlichen Herausforderungen wie, Kalkulation von Speisen, Getränke und Veranstaltungen, Preisgestaltung, Speisendiagnose – Menu Engineering, Speisekartengestaltung, NEU! automatisiertes Preisermittlungssystem, Erfolgskennzahlensysteme, Budgetierung, Mitarbeitereinsatzplanung mit Umsatzprognose und Kennzahlen u.v.m. Er bietet zahlreiche Onlinekurse und Komplett Kalkulationspakete für den Einsatz in der Gastronomie an. Ebenso einen Gratis Gastro-Workshop für „Die perfekte Preisgestaltung für die Gastronomie“ für die praktische Umsetzung im Betrieb.

Weiterlesen:

KOMMENTIEREN

* Durch die Verwendung dieses Formulars stimmen Sie der Speicherung und Verarbeitung Ihrer Daten durch diese Website zu.