Fabian Fischer, hat sich das Bricole durch den Michelin-Stern verändert? 

von Jan-Peter Wulf
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Fabian Fischer. Fotos: Redaktion

Ziemlich genau zwei Jahre ist es her, seit wir das letzte Mal im „Bricole“ im Prenzlauer Berg zu Gast waren. Es war im Sommer 2020.

Entspannte, sonnige und erleichternde Wochen nach dem Lockdown im Rückblick kann ihn wohl als den „leichten“ Lockdown bezeichnen – denn der folgende November sollte der Beginn eines harten halben Jahres für die Gastronomie werden, auch für das „Bricole“.

Doch das Team um Fabian Fischer, das schon im ersten Lockdown mit innovativem Außer-Haus-Geschäft punkten konnte, wir berichteten, hat sich auch durch die zweite Zwangsschließung nicht unterkriegen lassen. Im Gegenteil: Im Frühling 2021 eröffnete man ein paar Häuser weiter eine eigene Weinhandlung, das Lorem & Ipsum, und kurz darauf war auch das Restaurant wieder am Start.

Und nun hat das „Bricole“ im März 2022 einen Michelinstern erhalten. Man habe überhaupt nicht damit gerechnet, so Fischer. Aber: Ein bisschen darauf hin gedacht habe man schon. „Wir saßen, drei, vier Monate vor der Vergabe der Sterne im Team zusammen – wir hatten gerade den Mietvertrag um fünf Jahre verlängert und wollten das zum Anlass nehmen, mal darüber zu sprechen, welches Ziel wir eigentlich für diese fünf Jahre haben: Einen Stern zu bekommen, das wäre ja schon cool“, so Fischer.

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PXL 20220728 170523703 - management, gastronomie Fabian Fischer, hat sich das Bricole durch den Michelin-Stern verändert? Dann kam eine Mail. Kein Anruf, kein persönlicher Besuch, sondern eine digitale Einladung zur Michelin-Show nach Hamburg bereits ein paar Tage später, plus Hotelvoucher. Auf nach Hamburg, es durfte allerdings wegen Corona nur Küchenchef Steven Zeidler zur Show. Fischer schaute sich das Ganze im Livestream im Hotelzimmer an. Und dann wurden Sterne verteilt – erst einmal allerdings die neuen grünen Sterne für Nachhaltigkeit. Sollte es etwa den fürs „Bricole“ geben? (Was wir davon halten, dass ausgerechnet Michelin einen Nachhaltigkeitspreis vergibt, dazu mehr hier).

Den grünen bekamen andere – fürs „Bricole“ wurde es der klassische, weitaus wichtigere, rote. Nun hängt er stolz neben der Eingangstür. Und: Hat er etwas verändert? „Die Strahlkraft ist der Wahnsinn“, so Fischer. „Am ersten Tag kamen direkt 98 Reservierungen rein, am zweiten 124 und am dritten 130“, berichtet er, und damit waren die nächsten Wochen schon erstmal voll. Der Sog ist geblieben, so Fischer: „Wir sind jetzt drei bis vier Wochen statt drei bis vier Tage im Voraus ausgebucht.“ Was man sich zunächst schon gefragt habe: Wer kommt denn jetzt? Sind es noch dieselben, sympathischen Gäste wie bisher oder wird’s anders, unsere Formulierung: schnöseliger? „Wir haben dann sehr viele nette neue Leute kennen gelernt, es ist uns ein Stein vom Herzen gefallen“, berichtet Fischer. Wenngleich der eine oder andere Gast größere Spendierhosen trug als zuvor. Die ganz großen teuren Weine, also mehrere hundert Euro teuer, werden seit dem Stern aber schon öfter verkauft: „Wir haben dementsprechend aufgestockt.“

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PXL 20220728 175702674 - management, gastronomie Fabian Fischer, hat sich das Bricole durch den Michelin-Stern verändert? Die Preise hat man nach der Bekanntgabe indes nicht erhöht. Fischer: „Hätten wir locker tun können, haben wir aber nicht.“ Erst Ende Juli, und das aus Gründen, die alle Kolleg*innen kennen: „Die Nebenkosten steigen enorm, auch wenn wir wenig Gas nutzen, der Preis hat sich eben verdoppelt. Von Lebensmitteln fange ich gar nicht an.“

Zwei Leute mehr auf der Payroll, einmal Küche, einmal Service, hat man nun auch, weil sich die Auslastung mit dem Stern erhöht hat. Die ist jetzt quasi immer bei 100 Prozent, mal einen etwas ruhigeren Tag dazwischen gebe es nun nicht mehr. Was auch mit sich bringt, dass die Nachbarn, die früher auch spontan mal einen Tisch kriegen konnten, nun besser reservieren sollten. „Einen Walkin-Tisch bei unseren acht, neun Tischen freizuhalten, darüber haben wir nachgedacht, aber es funktioniert leider nicht“, so Fischer. Dafür könne man seine Stammgäste aber auf der Warteliste etwas hochschieben.

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PXL 20220728 194314547 - management, gastronomie Fabian Fischer, hat sich das Bricole durch den Michelin-Stern verändert? Es sind ja eben auch die Stammgäste, die das „Bricole“ in schwierigeren Zeiten mit dem Kauf von Außer-Haus-Speisen unterstützt haben. Und überhaupt: Die persönliche Art, die hier die Stimmung ausmacht, will man sich beibehalten. „Wir haben uns vom Wesen her nicht verändert“, findet Fischer. Und das „Bricole“ soll sich auch konzeptuell nicht verändern, nur weil man jetzt besternt ist. „Den Stern haben wir ja für das bekommen, was wir vorher gemacht haben.“ Und das war, das ist weiterhin, sehr gut. 

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