Eine Steuerprüfung und ihre „positiven“ Folgen

Die perfekte Preisgestaltung in der Gastronomie, Teil 5

von Uwe Ladwig

3Q4A9638a - management, gastronomie Eine Steuerprüfung und ihre „positiven“ FolgenEnergiekosten, Personalkosten, Inflation und und und: Die Gastronomie-Branche steht vor enormen finanziellen Herausforderungen. Preisanpassungen sind unumgänglich, aber: Wie macht man sie clever? Fair? So, dass es Gäste nicht verschreckt und am Ende positive Effekte hervor bringt?

Im fünften Teil unserer Reihe zur Preisgestaltung geht es darum, wie eine Steuerprüfung sich positiv auf das „Kalkulations-Management“ und die Planung auswirken kann. Unser Autor ist der Experte Uwe Ladwig von F&B Support aus Willich: Konditor, Koch und Küchenmeister, Foodstylist, Trainer, Betriebsberater – und Zahlenjongleur. 

Immer wieder kommt es vor, dass auf unsere Nachfrage, warum sie unsere Kalkulationsvorlagen kaufen wollen, die Interessenten antworten: „Wir haben eine Betriebsprüfung und der Steuerberater braucht von uns den schriftlichen Nachweis der Kalkulation unserer Speisen, Veranstaltungen und Getränke.“

Für einen Teil des Umsatzes, den wir durch den Verkauf unserer Kalkulationsvorlagen generieren, müssten wir mittlerweile Provision an das Finanzamt abtreten. Na gut, wir zahlen ja auch Steuern, dann ist die Provisionszahlung hoffentlich damit abgedeckt.

Spaß beiseite, denn das ist nicht lustig. Wenn bei einer Betriebsprüfung keine Kalkulationen in schriftlicher Form vorhanden sind, dann erstellt das Finanzamt eigene Kalkulationen. Das endet meist nicht gut und wirkt sich sehr negativ auf die geforderten Nachzahlungen aus. Fehlende Kalkulationen treiben Nachzahlungen meist unangemessen in die Höhe. Es scheint auch Methode des Steuerprüfers zu sein, überproportional gute Kalkulationen und Hochrechnungen zu erstellen, umso mehr „einzufordern“ sprich „einzunehmen“. Es kommt auch nicht selten vor, dass seltsame Formeln und Rechenwege angewendet werden – nur mit dem Ziel, dass man sich anschließend wie auf einem Basar auf die Mitte der Nachzahlungen einigt. 

Steuerprüfung? Finde den Fehler!

Der Steuerprüfer muss ja auch vor seinem Chef nachweisen, dass er ein fleißiger Steuerprüfer war und „jede Menge“ rausgeholt hat – anscheinend egal wie korrekt diese Berechnungen sind. Meist kann der Steuerpflichtige ohne externe Hilfe diese Berechnungen nicht kontrollieren und das Gegenteil schriftlich beweisen. Es kommt auch vor, dass Steuerprüfer diese schriftlichen Beweise einfach ignorieren.

Hier nun ein Beispiel einer Kalkulation und die Berechnung des Rohgewinnaufschlagssatzes (RGAS), die ein Steuerprüfer durchgeführt hat: „Finde den Fehler“, sage ich da nur.

Neues Projekt 6 - management, gastronomie Eine Steuerprüfung und ihre „positiven“ Folgen

Jedes Schulkind in der 7. Klasse wird wissen, dass diese Berechnung für den Durchschnitts-RGAS vom Lehrer mit einer 5 setzen bewertet würde. Nicht nur seit diesem Beispiel, sondern dank vieler weiterer Berechnungen vom Finanzamt, die ich in den letzten Jahren gesehen habe, weiß ich, dass nicht jeder Steuerprüfer richtig rechnen will oder zu der Sorte Steuerprüfer gehört, die dem Betrieb oder Inhaber so richtig an die Butze wollen.

Zwischen 180.000 und 240.000 Euro sollte der Gastronom zu wenig an Umsatz angegeben haben und 540.000 Euro für 3 Jahre der Betriebsprüfung (3 x 180.000 = 540.000) nachversteuern – und das bei einem Gesamtumsatz von durchschnittlich 1,7 bis 1,9 Mio. Euro pro Jahr. Die Nachforderung aufgrund von Umsatzpacht in diesem gastronomischen Betrieb möchte ich hier nur beiläufig erwähnen. Gottseidank ließ sich der Gastronom das nicht gefallen, hat sofort seinen Steuerberater und Anwalt eingeschaltet, endlich die Kalkulationen aller seiner Verkaufsprodukte erstellt, diese bei Gericht dem Richter vorgelegt und somit die Pi-mal-Daumen-Kalkulationen des Steuerprüfers schriftlich widerlegt.

Mit zwei blauen Augen rausgekommen 

Übrigens hat der Steuerprüfer die Kalkulationen des Gastronomen einfach ignoriert. Auf die Frage des Richters an den Steuerprüfer: „Haben Sie diese schriftlichen Kalkulationen bei der Berechnung berücksichtigt?“, antwortet dieser nur mit einem Achselzucken. Dank diesem Sachverhalt und dadurch, dass der Richter wohl auch besser rechnen konnte und wollte, ist der Gastronom mit mindestens zwei blauen Augen aus dieser Betriebsprüfung rausgekommen. Es war im Übrigen seine zweite Steuerprüfung und eine dritte wird erfahrungsgemäß auch noch auf ihn zukommen. Seitdem wird in diesem Betrieb alles, was verkauft wird, schriftlich kalkuliert und im Kalkulationsordner abgeheftet. Auch alle Schwundlisten werden ordnungsgemäß geführt und was noch alles notwendig ist (fragen Sie Ihren Steuerberater), damit es nicht wieder zum Äußersten kommt. „Vor Gericht und auf hoher See seid Ihr in Gottes Hand“, sagt ein Freund von mir, der übrigens Vorsitzender Richter an einem Finanzgericht ist.

Beste Betriebsergebnisse – dank Steuerprüfung?

Dieser Gastronom hat dank der Einführung von schriftlichen Kalkulationen (vorher hatte er ja keine), der Umstellung auf Deckungsbeitragsdenken bei der Preisgestaltung und regelmäßiger Anwendung der Speisekartendiagnose in den Folgejahren seine besten Betriebsergebnisse eingefahren. Erst ein paar Jahre später habe ich mich mal getraut, bei diesem Gastronomen die Bemerkung fallen zu lassen, „die Betriebsprüfung war doch gar nicht so schlecht, wenn man sich die Entwicklung des Rohgewinns anschaut – oder?“ Seine Antwort mit einem Grinsen im Gesicht: „Es war eine Steuerfahndung mit 3 VW-Bussen vor jeder Tür, lieber Herr Ladwig, das Schlimmste was einem passieren kann. Das war nicht lustig. Trotzdem war es im Nachhinein gesehen das Beste, was uns passieren konnte. Für das Betriebsergebnis in den Folgejahren und auch für die zukünftige Entwicklung des Betriebs. Wir hätten ohne die durchgeführten Veränderungen niemals unser Betriebsergebnis so dauerhaft verbessern können.“

Nach einem Jahr Investition und Umsetzung hat dieser Betrieb sein Ergebnis (Rohgewinn) um 95.000 Euro verbessert. Niemals vorher hat er ein solches Betriebsergebnis erreicht:

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Uwe Ladwig ist Fachbuchautor, Dozent, Trainer und Inhaber von F & B Support in Willich. Er trainiert und unterstützt Gastronomen bei betriebswirtschaftlichen Herausforderungen wie, Kalkulation von Speisen, Getränke und Veranstaltungen, Preisgestaltung, Speisendiagnose – Menu Engineering, Speisekartengestaltung, Erfolgskennzahlensysteme, Budgetierung, Mitarbeitereinsatzplanung mit Umsatzprognose und Kennzahlen u.v.m. Er bietet zahlreiche Onlinekurse und Komplett Kalkulationspakete für den Einsatz in der Gastronomie an. Ebenso einen Gratis Gastro-Workshop für „Die perfekte Preisgestaltung für die Gastronomie“ für die praktische Umsetzung im Betrieb. 

 

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