Maren Meyer: „Unser Fahrplan für eine Ausbildung im Barbereich ist fast fertig“

von Jan-Peter Wulf
maren meyer - spirituosen, interviews-portraits, gastronomie Maren Meyer: „Unser Fahrplan für eine Ausbildung im Barbereich ist fast fertig“

Foto:  Michael Löwa

Maren Meyer ist seit Januar 2021 erste Vorsitzende der Deutschen Barkeeper Union e.V. Damit steht zum ersten Mal eine Frau an der Spitze des einst sehr männerlastigen Berufsverbands. Mittlerweile hat er sich modernisiert und hat sich vielen Herausforderungen zu stellen – zum Beispiel der Anerkennung des Berufs Bartender*in mitsamt „richtiger“ Ausbildung, und natürlich einer Branche, die frisch aus der Krise kommt. Wir haben uns mit Maren Meyer unterhalten. 

Maren, seit wann stehst du eigentlich schon hinter der Bar?

Seit Anfang der 1990er-Jahre. Ich habe zuerst in Kneipen gejobbt und schnell gemerkt, das ist mein Ding. Ich wäre deswegen fast durchs Abi geknallt (lacht). Meine Ausbildung zur Hotelfachfrau habe ich allerdings nach acht Monaten beendet.

Warum?

Ich habe in der Zeit Basketball in der zweiten Bundesliga gespielt. Da hat man ständig irgendwelche Sportverletzungen, und dann im Hotel mit hohem Schuhwerk rumlaufen und die ganzen Nachtschichten – das passte nicht zusammen. Ich habe dann Germanistik, Pädagogik und Philosophie zu studieren begonnen und nebenbei wieder in der Gastro gearbeitet. Unter anderem in einem Café gleich neben der Bar „Manhattan“. Die Bartender saßen vor ihrer Schicht oft bei uns im Café. Wir kamen ins Gespräch und ich sagte: Ich würde gerne bei euch mitmachen. Ich habe dann an den Wochenenden ausgeholfen und sofort gemerkt, dass ich nur noch Cocktails machen will. Man muss aber wissen: In dieser Bar durften damals nur Männer arbeiten.

Von welchem Jahr sprechen wir?

Von 1993. Es gab auch zwei Mitarbeiter, die gesagt haben: Wenn hier eine Frau anfängt, höre ich auf. So kam es denn auch – die sind gegangen, ich bin geblieben. Und später ging ich dann auf die Hotelfachschule. Ich hatte zwar keine abgeschlossene Ausbildung, aber die geforderten sieben Jahre Berufserfahrung locker. Nach einer mündlichen Prüfung wurde ich angenommen, seit dem Abschluss darf ich mich Betriebswirtin für Hotellerie und Gastronomie nennen.

Wo hast du dann als Bartenderin gearbeitet und was machst du jetzt?

In Hannover praktisch überall. Zaza, Basil, viele weitere Stationen (u. a. auch die Eventplanung für die Expo 2000 in Hannover). Seit 2009 bin ich selbstständig, ich habe ein Speakeasy-Barprojekt bei uns zu Hause, das ich noch weiter ausbauen will, und ich mache in Norddeutschland Tastings für verschiedene Unternehmen der Getränkebranche.

Du bist schon seit 1998 in der DBU. Wie kam es damals dazu?

Das war ein witziger Zufall. Ich habe auf einer Messe Cocktails gemacht, es kam jemand vorbei und meinte: „Sieht gut aus, was du da machst. Bist du in der DBU?“ „Was soll ich in so einem Altherrenverein?“, habe ich zurückgefragt. Die Person hat mir dann gesagt: Ich nehme dich mal mit zu einem Treffen. Ich bin also zu einer Deutschen Cocktail-Meisterschaft mit nach Bremen gefahren und bin dann eingetreten, weil es mich getriggert hat, dass da so viele Männer am Start sind. Das habe ich als Herausforderung gesehen wie vorher bei der Bar.

Wann und wie hat es sich aus deiner Sicht in der Barwelt verändert? Also auch, dass es „weiblicher“ wurde?

Das begann Mitte der 2000er damit, dass die Gastronomie an sich offener geworden ist. Diese Arbeitswelt – Getränke, Bar, Nacht –, das hat für viele, auch für viele Frauen, immer mehr Faszination bekommen. Ich selbst stehe auch unheimlich gerne hinter der Bar, weil es kommunikativ ist, man lernt viele Menschen kennen. Und es ist kreativ. Es ist nur eben für Frauen immer die Frage: Wie lange kann ich es machen, wenn ich Familie und Kinder haben möchte? Bei mir hat das mit Kindern funktioniert, auch, als sie noch klein waren.

Wie hat das funktioniert?

Mein Mann ist eine super Unterstützung, der fördert das. Und die Eltern haben uns viel geholfen. Man muss dennoch wirklich gut organisiert sein. Ich war ja ständig am Wochenende nicht da, ich habe nachts gearbeitet, war wochenweise weg auf Messen. Du musst dann jemanden haben, der das mitträgt. Und du musst es wollen. Damit klarkommen können, dass du die Kinder auch mal kaum siehst. Meine Kinder sind zum Glück sehr selbständig. Natürlich habe ich aber auch eine Zeitlang etwas weniger gearbeitet. Die Tätigkeit in der DBU habe ich allerdings aber immer gemacht. Erst Schriftführerin, dann zweite Vorsitzende Niedersachsen, dann erste Vorsitzende. Ich habe sogar, als ich im neunten Monat schwanger mit dem ersten Kind war, noch bei einer Cocktailmeisterschaft mitgemixt.

Jetzt bist du die Nachfolgerin von Ulf Neuhaus als DBU-Vorsitzende. Hast du sofort zugesagt?

Ich habe mir schon etwas Bedenkzeit gegönnt. Mir war ja klar, das ist viel Arbeit, viel Reisen, man muss sich einiges anhören und auch einiges aushalten. Das ist nicht immer nur schön. Aber ich bin gestanden und stark genug dafür und habe eine coole Truppe an meiner Seite.

Wir sprechen miteinander in einer Zeit, in der die Gastronomie gerade wieder startet, nachdem die Bars monatelang geschlossen hatten. Sicher eine besondere Zeit, um so eine Aufgabe zu übernehmen?

Ja. Das Ziel muss sein, endlich auch politisch was zu bewirken. Wir können aber in dieser Hinsicht uns nur etablieren, wenn der Verband wächst und wir ganz viele werden. Corona hat gezeigt, wie wichtig das für die Branche ist.

Das würde vermutlich niemand bestreiten. Aber so richtig viel gehört hat man von der DBU im Lockdown nicht, finde ich.

Wir haben 180.000 Euro in Form von Direkthilfe verteilt, mit unserem DBU-Fond haben wir bei Support Your Local Bar mitgemacht. Aber das stimmt schon: Sichtbarkeit und Präsenz, also dass auch mehr Leute das mitbekommen, das ist ein Problem bei uns. Wir mussten uns hier auch erst wiederfinden. Es gibt jetzt die ersten Präsenztreffen, mit Videocalls ist das einfach eine andere Sache.

Echte Sichtbarkeit in Berlin, ich meine in der Regierung, bei den Verantwortlichen für das Krisenmanagement, hatte die Bar-Branche meiner Beobachtung nach nicht, geschweige denn ein Verständnis für die spezifischen Bedürfnisse dieses Gastronomie-Teilbereichs.

Ich denke, daraus haben wir als DBU gelernt. Wir würden heute schneller reagieren. Hoffentlich ist das in dieser Form nicht noch einmal nötig. Ein Verband ist immer nur so stark wie seine Mitglieder, deswegen ist es auch ein Ziel, mehr Bartenderinnen und Bartender für die DBU zu akquirieren. Wir schieben das mit unseren „local heroes“ an, die aktiv neue Mitglieder werben. Aber man muss es schon auch wollen. Ich wollte das immer, ich war immer ziemlich engagiert.

Zu bashen ist einfacher.

Es ist immer einfacher, gegen etwas zu sein. Ich nehme Kritik an, erwarte dann aber auch einen Gegenvorschlag. Und dass man selbst tätig wird. Wir sollten als Branche viel stärker zusammenstehen. Und wir haben in der letzten Zeit ja auch einiges für unsere Mitglieder initiiert: Eine Kooperation mit „FITMIT5“, einer App mit Übungen, die Mitarbeiter*innen nutzen können, um sich mit nur fünf Minuten Sport am Tag fit zu halten. Oder Resilienz-Workshops mit Robin Reynolds (vom Institut für betriebliche Gesundheitsförderung, Anm. d. Red.), die wurden enorm nachgefragt in der Corona-Zeit. Da scheint es einen Riesenbedarf zu geben. Wir kooperieren jetzt mit acht Hotelfachschulen in der Schweiz – wer Refa oder Hofa gelernt hat, kann als DBU-Mitglied dort nun erheblich günstiger studieren.

Und jetzt seid ihr daran, Bartenderin und Bartender endlich zum offiziellen Beruf zu machen?

Unser Fahrplan für eine Ausbildung im Barbereich ist fast fertig. Den stellen wir in Kürze vor. Es sollen demnächst alle Ausbildungsberufe im Gastgewerbe neugeordnet werden – und das Berufsbild Bartender*in soll Teil dessen sein, damit es offiziell akzeptiert wird. Es gibt so viele Vorurteile – „… und was machst du hauptberuflich?“. Du musst Warenkunde drauf haben und mit dem Equipment umgehen können, kalkulieren , Personal führen … es reicht nicht, wenn man drei gute Drinks macht. Eine Ausbildung bringt die notwendigen Voraussetzungen mit. Zumal der Gast ein anderer geworden ist: Er interessiert sich mehr und hat heute viel mehr Ahnung. Wir wollen eine Perspektive schaffen. Es ist ein toller Beruf, hinter der Bar zu stehen.

Wir wünschen euch dabei viel Erfolg. Vielen Dank, Maren.

Mehr Infos über die DBU unter
www.dbuev.de

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