„Ich koche hier viel mehr“ – raus aus dem Fine-Dining-Restaurant, rein in den Imbiss: Felix Mielke, Schüsseldienst Berlin

von Jan-Peter Wulf
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Bringt aus der Hotelrestauration jede Menge Küchenerfahrung und die Dienstkleidung mit: Felix Mielke, Schüsseldienst Berlin. Foto: Florian Kottlewski

Nach sieben Jahren als Küchenchef im „Le Faubourg“ („Sofitel Berlin Kurfürstendamm“) und vorherigen Stationen u.a. im „Savoy Hotel Berlin“ und dem „The Ritz-Carlton“ hat Felix Mielke die Hotelgastronomie verlassen. Und hat in der Akazienstraße in Berlin-Schöneberg, angeschlossen an einen Coworking-Space, einen Imbiss eröffnet: den Schüsseldienst.

Frisch Gekochtes und Zubereitetes in hoher Qualität zum günstigen Preis in die Schüssel zu bringen (die hier tatsächlich Schüssel und nicht Bowl heißt), ist sein Ziel. Wie schmeckt Mielke der Wechsel und der Sprung in die Selbständigkeit?  Wir haben den Gastro-Neugründer in seinem kleinen eigenen Reich besucht.  

Felix Mielke: Ist es okay, wenn ich währenddessen weiter arbeite?

Natürlich.

Ich habe nämlich zu wenig Milchreis produziert. Den richtigen Zeitpunkt abzuschätzen, das gelingt mir hier noch nicht immer. Ich hatte mich heute morgen gegen das Kochen entschieden, und jetzt habe ich eben nur noch drei Portionen für heute Abend (lacht).

Es ist hier sicher ein ganz anderes Arbeiten als im Restaurant?

In einem großen Restaurant kannst du ganz anders vorproduzieren. Da fliegen Sachen, die sich innerhalb von drei Tagen nicht verkauft haben, weg. Auch wenn man sie noch essen könnte, aber sie sind nicht mehr perfekt, nicht genau auf den Punkt. Das kann ich mir hier nicht leisten. Aber natürlich will ich eine hohe Qualität. Also produziere ich nur so wenig, dass ich nichts wegschmeißen muss. Darauf muss ich mich hier noch ein bisschen einstellen.

Was ist die Idee hier?

Das, was ich in der gehobenen Gastronomie gemacht habe, so weit auf ein Imbisskonzept runterzubrechen, dass es schnell geht und der Preis halbwegs unten bleibt. Für einen Imbiss sind wir sicher recht teuer, für ein Restaurant sehr billig. Genau in der Mitte wollen wir sein – mit hoher Qualität. Wir haben tolle Rinder-Rippchen, frisch gemachten Fisch – wir nehmen Zuchtwels, den kann man noch ohne schlechtes Gewissen essen.

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Wie lange gibt es diesen Traum schon bei dir, einen Imbiss mit Anspruch zu machen?

Ein Traum war es eigentlich nie gewesen. Mein Cousin Christian hat den Laden und ein anderes Imbiss-Konzept gemacht, du kannst es draußen auf der Markise sehen (die wurde einfach umgedreht, innenseitig ist der alte Schriftzug zu lesen, Anm. d. Red.). Anfangs habe ich ihm ein bisschen geholfen, die Rezepte für die Saucen angepasst – und wir haben schnell festgestellt, es funktioniert nicht gut, wenn keiner von uns beiden da ist und ein Auge drauf hat. Dann entstand der Gedanke, dass ich einsteige. Erst wollte ich nicht, weil das Konzept nicht meins war, aber dann kam mir die Idee: Wir machen etwas draus, auf das ich Lust habe. 

Und worauf hattest du Lust?

Die Idee kommt aus dem Lunch im „Le Faubourg“. Den zu machen, hat mir am Ende fast mehr Spaß gemacht als das Dinner. Das hat einen hohen Preis, da muss alles perfekt und ausgereift sein. Beim Lunch kannst du viel freier arbeiten, kannst Dinge ausprobieren, er ist facettenreicher. Und die Gäste freuen sich darüber, sie lassen sich gerne überraschen. Ihr Feedback war super. Aber es hängt im Hotel natürlich viel mehr dran. Allein die Personalkosten. Ich dachte mir: Das kann ich runter brechen und einfacher machen.

Was du jetzt hier tust. Aber es ist ja doch ein großer Schritt von der Festanstellung im Hotel in den eigenen Imbiss.

Deswegen ist es auch ein Imbiss geworden, weil das Risiko deutlich geringer ist. Ich habe immer gesagt: Will ich ein Restaurant aufmachen, brauche ich eine halbe Million in der Hinterhand, bis ich es zum Laufen kriege. Du hast Personalkosten, Warenkosten, hohe Miete – das ist hier alles deutlich geringer. Und was bei mir am Ende bis hier (zeigt auf seinen Hals, Anm. d. Red.) stand: der ständige Personalmangel. Es war so schwer, Leute zu kriegen. Dazu die Hotelstandards, irgendwelche Richtlinien … da wollte ich mal raus, was anderes machen.

Wie fühlt es sich an?

Bisher gut. Ob man es glaubt oder nicht: Ich koche hier viel mehr. Mein Lieblingsarbeitstag im „Le Faubourg“ waren die Samstage. Keine Termine, ich war nur in der Küche, habe nur gekocht, habe fast den ganzen Lunch für die nächste Woche vorbereitet. Es waren die längsten Tage, aber es hat mich nicht gestört. Sonst war ich ständig in irgendwelchen Meetings, meine Mitarbeiter wollten was von mir wissen und ich war nicht da. Das war viel anstrengender für mich.

Und jetzt? Ist es weniger anstrengend? 

Tja, selbst und ständig … die Tage sind schon lang. Aber ich koche den ganzen Tag! Die Zeit verfliegt. Heute bin ich bis 21 Uhr hier, dann kommt die Nachtreinigung und macht alles sauber (lacht). Die Nachtreinigung aus dem Hotel, die hätte schon ich gerne zurück!

Auf Dauer wird du hier nicht alleine arbeiten, oder?

Der Vorteil ist: Ich habe eine große Familie, die ich ausbeuten kann (lacht). Nein im Ernst, langsam gucke ich nach Leuten, die ich einstellen kann. Wir planen ja auch Office-Catering und abends Lieferservice. Wir denken groß, und wenn ich in der Filiale in New York bin, dann kann ich ja nicht mehr hier in Berlin kochen (lacht).

Ist das hier der Pionier eines Systems?

Könnte sein, wenn es funktioniert. Ein gehobenes Systemkonzept, zentrale Produktion, das könnte gehen. Wir denken darüber nach. Aber dann hätte man auch wieder das Personalmangelthema.

Was war die größte Erkenntnis der ersten Wochen für dich?

Ich bin deutlich langsamer, als ich dachte. Ich habe mich schneller in Erinnerung (lacht). Und ich habe unterschätzt: Es ist etwas weniger Platz hier. Im Hotel stellst du einen Topf auf, kochen tut das Essen nebenbei, aber hier, mit drei Platten … sind die belegt, dann sind die belegt. Da muss ich mich anders organisieren und die meisten Sachen vor 12 Uhr fertig haben. Haut mittlerweile aber ganz gut hin.

War der Name Schüsseldienst in Sachen Web-Suche eine gute Entscheidung? 

Wir dachten, wir sind schlauer als Google: Schüsseldienst – weil es das noch nicht gibt, zeigt Google dich ganz oben an. Falsch gedacht. Google denkt, du bist doof und suchst Schlüsseldienst – und zeigt dich gar nicht an. Tja (lacht).

Hast du einen Tipp für Köche, die wie du mit dem Gedanken spielen, sich mit einem Imbiss-Konzept selbständig zu machen?

Auf gar keinen Fall machen, dann habe ich ja Konkurrenz (lacht). Im Ernst: Bitte ausprobieren. Mir jedenfalls macht es Spaß.

Vielen Dank und viel Erfolg, Felix.

Schüsseldienst
Akazienstr. 3a
10823 Berlin
Tel: 0170 586 27 27
www.schüsseldienst-berlin.de

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