#restartgastro 2020, Teil 1: Tiroler Stuben, Berlin

von Jan-Peter Wulf
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Positiv gestimmt: Uwe Schmitz (2. v. l.) und sein Team

Wie gut sind Berliner Gastronomien nach dem Lockdown wieder gestartet? Wie funktionieren die Geschäfte in der Corona-Zeit? Das wollen wir wissen. Wir starten unsere mehrteilige Reihe „Wie geht’s“ in einem Traditionsbetrieb, den Tiroler Stuben am Grunewald.

Die Lage der Tiroler Stuben ist wirklich interessant: Verkehrsgünstig am Rande der Magistrale Heerstraße, die Spandau mit dem echten Berlin verbindet. Ausflugsgünstig am Eingang zum riesigen Grunewald, der Europa-Radweg führt direkt am Haus vorbei. Die Havel ist nur ein paar Meter entfernt. Und man ist eingebettet in eine der gutsituierten Wohngegenden der Stadt mit vielen Villen und kaufkräftigem Publikum. Kostenlose Parkplätze vorm Haus gibt es auch: Eine Standortbedingung, auf anderswo Freestander-Konzepte à la Café del Sol gehen.

Vierzig Jahre befindet sich das Haus hier schon und der Betrieb samt Immobilie gehört nach wie vor der Familie Beck. Der Senior-Inhaber Alfons Beck ist mittlerweile achtzig Jahre alt, die Geschäfte leitet jetzt Uwe Schmitz. Mit ihm treffen wir uns an diesem sommerlichen Nachmittag vor Ort und schauen uns erst einmal drinnen um: Das Interieur ist rustikal und gemütlich, zugleich nicht unmodern. Ein kleiner Tirol-Urlaub in Pichelsberg. Modernisierung ist hier zurzeit sowieso das große Thema: Man werde demnächst eine Apero-Station im Eingangsbereich aufbauen, mit Schinken, der frisch von der Maschine geschnitten wird, Brotzeiten und Drinks, erklärt Schmitz uns.

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Fotos: Redaktion

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Die zurzeit so begehrten Außenplätze gibt’s reichlich

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Direkt nebenan fängt der Grunewald an.

Von „Tiroler Bauernstuben“ hat man auf „Tiroler Stuben Berlin“ umfirmiert und die neue Speisekarte weist viele vegetarische Positionen auf, sodass neben dem – übrigens sehr ordentlichen – Schnitzel die Tiroler Gröstl sowohl mit Fleisch als auch mit Sojastreifen im Angebot sind. „Das wäre früher undenkbar gewesen“, erklärt Uwe Schmitz. Aber jüngere Zielgruppen wollen das, und die hat man im Visier: Mit gezieltem Targeting auf Facebook, Instagram und Reservierungsplattformen spreche man vor allem die 35- bis 55-Jährigen an, was den Altersschnitt der Besucher*innen gesenkt habe. Moderne Musik statt Tirol-Folklore, zeitgemäße Dienstkleidung statt Dirndl und Co.: Alles hat man alles entstaubt und zukunftsfähig gemacht. Alles war auf einem guten Kurs hier. 

Dann kam Corona. Ergo Schließung wie überall. Mit Lieferservice hat man sich ein wenig Geschäft und den Kontakt zu den Gästen aufrecht erhalten können. Trotzdem: Mehrere seiner 22 Mitarbeiter*innen, bis dahin großenteils fest angestellt, gingen oder mussten gehen. Kurzarbeit ohne Trinkgeld – das bot für einige keine hinreichende Perspektive, leider.

Und jetzt? Wie geht’s? Nach der Wiederöffnung?

„Wir sind auf einem guten Weg und machen passable Umsätze im Vergleich zu vielen anderen Läden“, so Schmitz. Für den Monat Juni erwartet man 65 Prozent des Vorjahres-Umsatzes. Toll ist das freilich nicht, aber er kenne auch Kollegen, die mit 35 Prozent klarkommen müssen. Warum läuft es hier besser? Weil man viel an den Außenflächen getan habe, erklärt der Geschäftsführer: „Draußen Platz zu haben, ist jetzt sehr wichtig.“ Der ist zum Glück vorhanden, links vom Haus ist der Weingarten, rechts der Biergarten. Davor stehen nun zusätzliche Tische, die den erforderlichen Mehr-Abstand zumindest zum Teil kompensieren können. Die Außenfläche wird noch weiter umgestaltet und zum kleinen Spielplatz, der mit zum Gelände gehört, hin geöffnet – dann können die Eltern am Tisch sitzen bleiben und haben den Nachwuchs trotzdem im Blick. Nicht so häufig anzutreffen in Berlin, diese Kombination. Die Radfahrer will man bald mit einem eigenen Radstand, in den sich die Räder einhängen lassen, ansprechen. Sie dürfen ihr Gefährt auch mit an den Tisch nehmen, es sind hier zum Teil ja richtig teure Sporträder unterwegs. Und eine Ladestation für E-Bikes ist auch in der Mache. 

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Die herzhaften Tiroler Gröstl gibt es mit Fleisch oder vegetarisch …

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… und das Wiener Schnitzel kann sich ebenfalls schmecken lassen

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Was das Personal betrifft: Diejenigen Mitarbeiter*innen, die bleiben konnten, haben nun wieder mehr zu tun. Und es kommen neue Leute dazu. Zum Beispiel von konzeptuell ähnlichen Betrieben, die immer noch im Stillstand sind. „Die Gastronomie hat in den vergangenen Jahren eine Gratwanderung durchgemacht. Viele Betriebe tun sich schwer und jetzt natürlich erst recht“, so Uwe Schmitz. Leicht werde es auch für die „Tiroler Stuben“ nicht, aber: „Wenn wir eine positive Tendenz sehen, dann können wir damit leben.“ Und die Tendenz sieht man, zum Glück.

www.tiroler-stuben.com

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