Arne Buß: „Kalkulation muss immer der erste Schritt sein“

von Jan-Peter Wulf
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Arne Buß

Arne Buß aus Hannover war viele Jahre selbst Gastronom und betrieb u.a. das Restaurant „Kilimanjaro“. Seit 2015 arbeitet er als Gastroberater und hat das Buch Voller Gastronomie Erfolg geschrieben. Es deckt vom richtigen Mindset, das man als Gründer mitbringen sollte, über Finanzierung bis zu Küchentipps die gesamte Bandbreite ab.

Wir sprachen mit ihm über die Herausforderungen der Gründung und des Personalmangels, über effektives Marketing und wie es um das Thema Inklusion und Barrierefreiheit bestellt ist. 

Herr Buß, Sie haben viele Jahre Erfahrung in der Gastronomie. Verglichen mit, sagen wir dem Jahr 1999, was ist 2019 für Gründer anders?

Auf der einen Seite muss sich ein Gründer heutzutage mit mehr Auflagen, Gesetzen und bürokratischen Vorschriften auseinandersetzen. Das sind zum Beispiel die Mindestlohndokumentation, Datenschutzregelungen und Brandschutzauflagen. Zum anderen ist aber auch vieles einfacher geworden durch die Digitalisierung, die das Arbeitsleben in der Gastronomie vereinfacht, wie zum Beispiel durch ein digitales Kassenbuch oder durch Online-Marketing Kunden zu gewinnen.

Sie beraten seit 2015 Gastro-Gründer. Welchen Herausforderungen oder Hemmschwellen begegnen Sie dabei besonders häufig?

Die größte Herausforderung besteht in der Komplexität des Gastro-Businesses. Unzureichende Qualifikation und mangelnde Vorbereitung bei der Gründung eines Gastronomiebetriebs sind aus meiner Sicht die Gründe dafür, warum viele Gastronomen wieder aufgeben. Die finanzielle Kalkulation, ob sich das Gastroprojekt unter den Annahmen des Konzeptes wirklich lohnt, muss immer der erste Schritt sein. Man ist nämlich selber immer überzeugt von seinem eigenen Konzept, das muss aber auch mit Zahlen untermauert sein.

In Ihrem Buch bieten Sie dazu viele Ratschläge – und es gibt das Buch, 2018 erschienen, bereits in einer überarbeiteten Ausgabe. Was haben Sie angepasst und warum?

Mir ist wichtig, das Buch stets aktuell zu halten. So sind zum Beispiel die Angaben zum Mindestlohn immer auf dem neuesten Stand. Darüber hinaus lasse ich die Erfahrungen aus meinen Gastroprojekten in das Buch mit einfließen, greife die größten Herausforderungen meiner Kunden heraus und detailliere das Buch kontinuierlich, so dass es als Ratgeber den angehenden Gastronomen den Einstieg so leicht wie möglich macht.

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Sie schreiben in Ihrem Buch unter anderem, dass man als Chef gerade deswegen, weil man nicht immer mit gut ausgebildetem Personal arbeiten kann, viel praktische Hilfestellung bieten muss. Haben Sie vielleicht ein Beispiel, was Gastronomen einfach umsetzen können?

Die Vorbereitung im Service als auch in der Küche ist für den laufenden Betrieb entscheidend. Wenn man da hinterher hinkt, holt man das im laufenden Betrieb nicht wieder auf. Insbesondere in der Küche herrscht großer Personalmangel, den man durch moderne Garverfahren etwas ausgleichen kann, zum Beispiel Sous-vide-Garen oder Schockfrosten, um Gerichte später nur noch zu regenerieren.

Beim Marketing treffen Sie eine klare Aussage: Lieber Online als Print. Meine Wahrnehmung ist, dass noch viel zu viele Gastronomen hier Potential liegen lassen. Was sind Ihre Tipps, wie man mit dem Thema loslegt?

Das ist auch meine Wahrnehmung. Der erste Schritt ist, sich der neuen Technologie zu öffnen. Sehr oft habe ich gehört „ich bin Oldschool und beschäftige mich damit nicht“. Solche Glaubenssätze sind natürlich kontraproduktiv. Wenn Sie sich beispielsweise mit Social-Media-Marketing nicht auskennen, holen Sie sich entsprechende Ressourcen in Ihr Unternehmen, die das für Sie umsetzen. Das ist alles kein Hexenwerk und von den Kosten her überschaubar, aber sehr effektiv.

Auch das Social-Media-Marketing verändert sich ja sehr schnell: Früher ging es darum, viele Facebookfans zu haben, heute ist die Sichtbarkeit in Facebook für Gastronomien sehr gering geworden. Wie sieht aus Ihrer Sicht der ideale Online-Marketing-Mix aus?

Ich würde Online-Marketing dem Offline-Marketing vorziehen, weil es schneller umsetzbar, günstiger und messbar ist. Für mich gehören im Wesentlichen folgende Kategorien dazu: Erstens Social-Media-Marketing und hier auf jeden Fall Facebook und Instagram. Beide Kanäle gehören ohnehin zusammen und haben die größte Reichweite. Einmal am Tag posten ist die Devise, eventuell eine Werbeanzeige schalten, die ausschließlich der Zielgruppe in dem relevanten Umkreis der Gastronomie angezeigt wird. Über die Stories bei Instagram kann man den Kunden einen Blick hinter die Kulissen verschaffen. Bei Instagram geht es darum, ein Gefühl zu transportieren, unter anderem mit schönen Bildern vom Essen oder dem Ambiente.

Zweitens: ein Eintrag bei Google My Business und Google Maps. Viele Gäste geben einfach nur auf dem Handy „Italiener“ ein, wenn sie italienisch essen gehen wollen. Google erkennt das und zeigt ihnen alle Italiener in ihrem unmittelbaren Umkreis an. Dann müssen Sie ebenfalls angezeigt werden, sonst gehen Ihnen unter Umständen Gäste verloren, die gar nicht wissen, dass sie da sind.

Drittens Bewertungsplattformen. Hier müssen Sie bei den zwei größten vertreten sein: TripAdvisor und Yelp. Die Einträge dort sind auch kostenlos. Bewertungen sind ein wichtiges Kriterium für die Auswahl eines Restaurants.

Viertens E-Mail-Marketing: Versuchen Sie so früh wie möglich eine E-Mail-Liste aufzubauen, um ihren Gästen per Mail Angebote oder aktuelle Infos zukommen zu lassen.

Eine persönliche Frage: Sie sind gehbehindert. In Ihrem Beruf ist das vermutlich eine ganz besondere Herausforderung?

Ich persönlich habe das Handicap immer auch als Chance gesehen. Ich konnte einfach nicht in den laufenden Betrieb hineingezogen werden, zum Beispiel beim Service oder als Aushilfe in der Küche. So konnte ich mir den Luxus herausnehmen und mich an einen Tisch setzen und nur beobachten, wie die Arbeitsabläufe sind, wie der Service mit den Gästen umgeht, wie das Zusammenspiel mit der Küche ist. Oder ich bin tagelang nur in die Küche gegangen und habe dort die Arbeitsweise beobachtet, Verbesserungen aufgeschrieben und danach umgesetzt. Das hat sehr gut funktioniert. Ich habe mich in meinem eigenen Restaurant schon immer als Berater gesehen.

Welche Tipps können Sie Kollegen in Bezug auf das Thema Barrierefreiheit in ihren Betrieben geben – sowohl in punkto Gäste als auch in der Beschäftigung von Mitarbeitern?

Grundsätzlich sollte man auf Inklusion Wert legen. Es sollte jedem Menschen möglich sein, ein Restaurant besuchen zu können. Natürlich kann leider nicht jeder Betrieb vollkommen barrierefrei sein. Daher ist es wichtig, die Mitarbeiter daraufhin zu weisen und entsprechend zu schulen, wie sie gehbehinderten Gästen bei der Überwindung von Treppenstufen und Ähnlichem Hilfestellung leisten. Wenn man einen Laden neu baut oder so umbaut, dass es eines Bauantrags bedarf, gelten die aktuellen gesetzlichen Regelungen zu Brandschutz etc., und diese besagen auch, dass der Gastronomiebetrieb eine behindertengerechte Toilette vorsehen muss. Das finde ich sehr gut. Muss nur vorher beachtet werden. Wenn man das nicht tut, kann das unter Umständen zu nachträglichen baulichen Veränderungen kommen, die sehr kostspielig sind. Ich kenne auch Cafés, in denen zum Beispiel unter Aufsicht ausschließlich geistig behinderte Menschen arbeiten. Diese Mitarbeiter sind extrem hoch motiviert und jeder bekommt seinen eigenen überschaubaren Arbeitsbereich, so dass die Arbeitsabläufe nicht zu komplex werden. Das klappt sehr gut und ist ein super Beispiel für Inklusion.

Vielen Dank, Herr Buß.

Arne Buß betreut auch eine Facebook-Gruppe mit Branchenbezug: Vom Anfänger zum Gastro-Profi. Mehr Infos hier.

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