10 Jahre nomyblog: ein paar Worte in eigener Sache

von Jan-Peter Wulf
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Illustration: Susann Massute

Zehn Jahre nomyblog. Wow, was soll ich sagen. Schon zehn? Ich bin ein wenig überrascht. Vor allem aber bin ich sehr glücklich und froh über die Wertschätzung und Unterstützung, die mein Gastro-Blog nach wie vor bekommt.

Was heißt nach wie vor: mehr denn je!

Was freilich daran liegt, dass das Thema Essen, Food, Essengehen und Gastronomie hierzulande immer mehr an Bedeutung gewinnt. Was sich binnen der letzten zehn Jahre, und vor allem während der letzten fünf, an Facettenreichtum, an Küchenrichtungen und vor allem an tollen Menschen, die hinter all dem stehen, aufgetan hat, ist großartig. Nicht nur an der Spree, wo ich seit 2010 wohne, sondern im ganzen Land. Man denke nur an Streetfood: Das gibt es praktisch erst seit 2013 in Deutschland in größerer Form – zuerst in der Hauptstadt, längst im ganzen Land, selbst in kleinen Städten.

Ein bisschen was ist schon dran an dem Satz „Essen ist das neue Pop“. Wie schön für die Gastronomie! Es macht mir nach wie vor viel Spaß, nomyblog zu machen und mit Blogbeiträgen, zusammen mit den Texten, die ich für Fachmedien schreiben darf, die bunte gastronomische Welt zu begleiten. Es gibt nichts Schöneres für mich, als wenn mir Gastronomen oder anderweitig in dieser Branche Tätige sagen: nomyblog lese ich gerne, es bringt mich auf neue Ideen. Reichweiten und KPI sind mir persönlich weniger wichtig als dieses individuelle Feedback von Branchenprofis, welches ich zum Glück oft bekomme. Kritik und Anregungen natürlich auch, bitte weiterhin immer her damit. 

Ich habe zum Zehnjährigen keinen großen optischen Relaunch auf die Bahn gebracht, ich habe das inhaltliche Konzept auch nicht komplett umgestellt. Doch unser Untertitel hat sich leicht verändert: „Magazin für gute Gastronomie“ heißt es jetzt.

Dahinter steckt eine Frage, die mich seit längerer Zeit umtreibt: Wann ist etwas eigentlich gut? Wann ist Gastronomie gut? Und was zeichnet dieses Gute aus? 

Gut, das ist lecker, innovativ, erfolgreich, vieles mehr. Gut, das ist aber auch gut für den Menschen und seine Mitmenschen, für die Welt und die Um-welt. Gut für den Gast, für die Mitarbeiter, für die Betreiber, die Erzeuger, welche sie mit Produkten beliefern, gut für alle.

Wir alle stehen in einer großen Verantwortung und vor großen Aufgaben

Das klingt vielleicht banal. Doch wir alle wissen oder ahnen zumindest: So, wie wir aktuell „gut“ leben, genießen, reisen, konsumieren, tun wir es auf Kosten zukünftiger Generationen. Und stellen diese damit vor riesige Probleme.  

Das allumfassende Thema der nächsten Jahre und Jahrzehnte wird, in allen Bereichen des Lebens, der Klimawandel sein. Er wird alles massiv verändern. Leider. Erst langsam setzt sich die Erkenntnis durch, dass wir schon mitten drin sind und es richtig ungemütlich wird. Die Generation Z, die aktuell erwachsen wird, wird die Auswirkungen der noch gar nicht gänzlich abzusehenden klimatischen Verwerfungen als erste so richtig zu spüren bekommen. Und sie ist es, die versammelt hinter einer schwedischen Schülerin dagegen protestiert, aus meiner Sicht völlig zurecht. Die noch namenlose Generation, die ihr folgt – ich habe jetzt zwei Kinder, die dieser Generation angehören – wird, geht es weiter wie bisher, wohl nichts anderes kennen als eine meteorologisch aus den Fugen geratene Welt. Es ist schrecklich zu wissen, dass man selbst dazu beiträgt. 

Was hat das nun mit Gastronomie zu tun? Sehr viel.

Die Gastronomie – und Hotellerie – muss ihren Teil zu einem gewaltigen, alternativlosen Veränderungsprozess beitragen. Schließlich trägt sie auch ihren Teil zu den aktuellen, viel zu hohen Emissionen bei. Ganz einfach. 

Mag von Nachhaltigkeit in der Gastronomie viel die Rede sein derzeit, so befinden wir uns erst ganz am Anfang eines gewaltigen, unabkömmlichen Prozesses. Dass Plastik-Trinkhalme gerade überall verschwinden, very nice, doch dabei kann es nicht bleiben. Es muss Druck auf den Kessel, die Branche darf es sich mit ein bisschen grünem Anstrich nicht bequem machen. Und es gibt erste Signale, dass Nachhaltigkeit zum Auswahl-Kriterium wird, wenn die Entscheidung fällt: Wo gehen wir heute Abend essen? 

Leistbarer Luxus, „affordable luxury“, wird vor diesem Hintergrund eine ganz neue Bedeutung bekommen: Es geht nicht nur darum, dass das Individuum sich dieses und jenes leisten kann, sondern dass wir es uns alle leisten können – zukünftige Generationen einbezogen.

Es geht um Haltung. Um Verstand und Gefühl. Um ganzheitliche Konzepte, um radikale Verringerung des Ausstoßes von CO2, um massive Reduktion der Lebensmittelverschwendung und um eine Sensibilisierung von Mitarbeitern, Gästen, Zulieferern, Dienstleistern. Und das alles, ohne dass der Genuss des Gastes zu kurz kommt, deswegen ist er ja da. 

Das wird nicht leicht. 

Nein, das wird es nicht. Aber das für mich Schönste an dieser Branche ist, dass es in ihr Menschen, Vordenker, Macher und Idealisten gibt, die mit ihren Konzepten immer wieder zeigen: Geht. 2018 gewann ein Zero-Waste-Café den wichtigsten deutschen Gründerpreis für die Gastronomie (und 2019 eines, das Geflüchteten Arbeit bietet). Fast jedes Konzept der Top-30-Vorauswahl derer, die sich dieses Jahr für diesen Preis bewarben, hat plausible, fundierte Nachhaltigkeitsaspekte integriert. Mittlerweile gibt es sogar einen eigenen Wettbewerb für nachhaltige Restaurants und aktuelle Initiativen wie #gastroforfuture

Das ist erfreulich und es ist notwendig. Denn wenn der Außer-Haus-Verzehr weiter so steigt, wie er es in den vergangenen Jahren getan hat, dann braucht es zwangsläufig neue Ideen, neue Standards oder vielleicht sogar neue Spielregeln. 

Gute Gastronomie ist Teil der Lösung, nicht Teil des Problems. 

Gastronomie in den kommenden zehn Jahren und darüber hinaus wird dann gute Gastronomie sein, so finde ich, wenn sie nicht nur ein sich stimmiges Konzept bietet. Sondern wenn sie auch Antworten auf die dringlichen Fragen der Gegenwart findet. Ob es sich um Orte der inneren Sammlung oder der Zerstreuung, handelt, um ein Healthy-Food-Konzept oder einen Club, ist völlig gleichgültig: Es wird immer darum gehen, dass das Unternehmen nicht zulasten der kollektiven Zukunft handelt. Sondern zu ihren Gunsten. Das werden auch die „neuen“ Gäste wertschätzen und würdigen.

Und wie großartig wäre es, wenn die Gastro-Branche sich in diesem Fall als ein „role model“ erweisen würde, von dem sich andere Branchen was abgucken können! 

1.500 Texte und es geht weiter 

Dies hier ist, by the way, Text Nummer 1.500, der auf nomyblog erscheint. Und ich freue mich schon auf viele neue Themen, auf hoffentlich inspirierende Beiträge, Reportagen, Gespräche, Fallbeispiele, Produkt- und Konzeptideen, Servicetexte, Trendprognosen und und und …  an dieser Stelle muss ich meinen Autor*innen, die nomyblog mit ihren Beiträgen bereichern, meinen tiefen Dank für die Mitarbeit aussprechen. Ebenso den Unternehmen, die den Blog durch Kooperationen unterstützen. Ein herzliches Dankeschön an Stefan, der nomy einst mit mir aus der Taufe gehoben hat. Danke Susann für die schönen Illustrationen, danke Thomas für die jahrelange technische Unterstützung und danke, meine liebe Familie, für die Geduld und Unterstützung. 

Respekt an diejenigen Kollegen, die mit ihren Online- und Print-Magazinen, Podcasts und Live-Formaten eine kritisch-einordnende Begleitung des Branchengeschehens leisten und die neue Gastro-Ideen in die Welt bringen.

Vor allem aber möchte ich mich bei allen leidenschaftlichen Gastgebern da draußen bedanken: Ohne euch geht in der Branche und hier bei uns gar nichts. 

Einen herzlichen Gruß und ein dickes Danke an euch alle. 
Jan-Peter 

 

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2 Kommentare

Jan-Peter Wulf 11. Juli 2019 - 08:17

Hallo Manfred, vielen lieben Dank! Auf weiterhin gute Nachbarschaft! Jan-Peter

Antwort
Manfred Troike 10. Juli 2019 - 23:24

Lieber Jan-Peter, herzlichen Glückwunsch zu deinem 10-jährigen nomyblog-Jubiläum! Mit LEINENLOS-blog.de bin ich erst im 6-ten Jahr. Deinen Blog kannte ich nicht, als ich über Menschen in der Gastronomie zu schreiben begann, die Seelenverwandtschaft zwischen uns in Bezug auf Gastronomie habe ich erst später entdeckt. Ich bewundere die Professionalität, mit der du deinen Blog betreibst, denn er ist mehr als ein gewöhnlicher Blog: Es ist ein spannend gestaltetes Online-Magazin, in dem auch ich immer wieder gern lese. Ich freue mich auf hoffentlich viele weitere Beiträge in den nächsten 10 Jahren. Danke für dein Engagement.
Manfred

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