#restartgastro 2020, Teil 10: Bonvivant Cocktail Bistro, Berlin

von Jan-Peter Wulf
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Jules Winnfield und Te An Nguyen. Alle Fotos: Redaktion

Was für eine schöne, farbenfroh gestaltete Gastronomie ist doch das „Bonvivant Cocktail Bistro“. Fast ein Jahr und somit viel zu lange hat es gedauert, bis wir es endlich hierher nach Schöneberg geschafft haben.

Es ist Samstag, früher Nachmittag, draußen in der Sonne und auch drinnen sitzen, essen und trinken recht viele Gäste und genießen die Brunchtime. Oder sie sind beim „Spin Action Paiting“ kreativ: Dort nämlich, wo sich früher die Lounge befand, dürfen die Gäste nun sich drehende Scheiben mit Farbe nach Lust und Laune verzieren (in Kooperation mit dem Studio Jans Echternacht). Damit hat man die wegen der nötigen Reduzierung der Platzanzahl frei gewordene Fläche spannend neu belebt. Einige der runden Bilder schmücken auch das Interieur der Ecklocation an der Goltzstraße/Ecke Palasstraße.

Der erste Eindruck ist sehr positiv. Aber wir wollen von den Menschen, die Gastronomie machen, eine offene und ehrliche Antwort: Wie geht’s? In Zeiten wie diesen? „Die Zahlen gehen nach oben, was erfreulich ist“, erklärt Jules Winnfield, der die Gastronomie zusammen mit Te An Nguyen und zwei weiteren Partnern gegründet hat, die das Unternehmen und Berlin mittlerweile verlassen haben. Früher haben die beiden gemeinsam Nachtgastronomie gemacht, das ehemalige „E4“ am Potsdamer Platz. Clubs sind zu diesem Zeitpunkt weiterhin geschlossen, nebenbei bemerkt, da steht gerade eine ganze Branche am Abgrund.

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Der Dining-Room im hinteren Bereich

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Selfmade-Kunst: Spin Action Painting beim Brunch

Während des Lockdowns war das „Bonvivant“ komplett zu. Kein Lieferdienst, keine Abholung. Man sei da noch so frisch am Markt gewesen, dass man noch nicht die Fanbase gehabt hätte, um außer Haus nennenswerte Umsätze zu machen, so Winnfield. Mit dem Gastro-Restart im Mai hat sich das Geschäft des zuvor trubeligen und getränkelastigen Konzepts verändert: Acht Tische statt vorher 20, nur noch sechs Plätze an der Bar, mehr Fokus auf Food. „Die Leute wollen nach dem Essen schneller nach Hause als früher“, hat Winnfield beobachtet. Was er völlig verstehen kann: Wenn alle Mitarbeiter, inklusive Bartender, Mundschutz tragen, dann bremst das eben die Ausgelassenheit. Sie passt vielleicht einfach nicht so richtig in die Zeit.

Gute Stimmung aber schon. Und damit sich die Gäste wohlfühlen dürfen, achtet man genau auf die Hygieneregeln. Sogar draußen, obschon nicht eingefordert, werden pro Tisch Daten eines Gastes aufgenommen – einfach des sicheren Gefühls wegen. Leider sei es so, dass einige der Betriebe ringsum es mit den Regeln nicht ganz so genau nähmen, berichtet man uns.

Gut für das „Cocktail Bistro“, dass es nicht nur Cocktailbar ist, sondern eben auch Bistro-Restaurant – ein moderner und in Deutschland immer noch seltener Mix aus zwei gleichwertigen Konzept-Bestandteilen. „Restaurant und Bar“ steht zwar über vielen Eingangstüren, doch selten verbirgt sich dahinter Substanzielles. Hier schon. Denn zur vegetarisch-saisonalen Küche – neben jeder Speise steht auch gleich der Herkunftsort der Hauptzutat, z.B. „Aubergine vom Bioland-Hof Zielke: Baba Ghanoush / Adzukibohne / Shii Take / Petersilie / Dattel“ oder „Deep Purple Möhren von Nordseegemüse Demeter: Koriander / Schafsjoghurt / Süßkartoffel / Weiße Nektarine / Quinoa“ – gibt es diverse Drinks. Zum Beispiel ein „Herr Ribbeck“ mit Bourbon, Scotch, Birne, Limette und Agave oder ein „Waldspaziergang“ mit weißem Rum, Himbeere, Fichtennadel, Limette und Honig. Die Cocktails werden gerne direkt zum Essen getrunken.

Und damit sie passen, genauer: pairen, hat man ein System aufgebaut. Eine (interne) Tabelle zeigt, welche Drinks bzw. Zutaten zu welchen der teils wöchentlich mit dem Saisonverlauf wechselnden Gerichten passen. „Wir haben jetzt ein Jahr und somit alle Saisons einmal durch. Da hat man den Dreh langsam raus“, so Winnfield. Küche und Bar Hand arbeiten sich auch zu: „Wenn Abschnitte in der Küche übrig bleiben, werden sie püriert, gefiltert und für Drinks weiterverwendet.“

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Hinten Küche, vorne Bar – man arbeitet Hand in Hand

Aus Pastinakenresten der Speisenproduktion – ein weiterer Zero-Waste-Ansatz – werden leckere Chips, die zu den Drinks serviert werden. Die Chipsproduktion ist übrigens eine der Aufgaben der beiden Koch-Azubis – das „Bonvivant“ bildet aus. Es kommt in Berlin nicht so oft vor, dass ein so junger Betrieb dies bereits tut. Winnfield: „Das ist wichtig, es muss gefördert werden.“ Er sei fast neidisch auf die beiden, wollte er doch eigentlich einst selbst Koch werden. Im Laufe ihrer Ausbildung wird man die beiden auch in einem befreundeten Betrieb arbeiten lassen, der Fleisch anbietet – schließlich gehört es zum Lehrplan, dieses zubereiten zu können.

Und wie geht’s weiter? Man hofft natürlich, dass es zu keinem zweiten Lockdown kommt. Die Außensaison verlängern, darüber denken zurzeit viele Betriebe nach. Aber ein – viel CO2 in die Welt pustender – Heizstrahler passe nicht so recht zum nachhaltigen Küchenkonzept, findet Winnfield. Ein Lieferdienst und Abholung wäre da eine andere Option – aber auch hier kommt für sie der Standard eher nicht in Frage, erklärt der Betreiber und erinnert an die Plastikmüllberge, die der Lockdown im Frühjahr in den Straßen und Parks hinterlassen hat. „Das geht gar nicht.“

Eine nachhaltige Alternative liegt quasi in der Schublade: Abholung in der eigenen, wiederverwendbaren Verpackung. Das Konzept hatte man kurz vor dem Gastro-Restart im Frühjahr fast fertig ausgearbeitet. Winnfield: „Doch dann durften wir zum Glück wieder aufmachen.“ Drücken wir die Daumen, dass es nun einfach weiter nach oben geht, wie es aktuell der Fall ist.

Bonvivant Cocktail Bistro

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2 Kommentare

Tobi S. 13. Oktober 2020 - 18:04

Waren Anfang des Jahres dort. Meggaaa Konzept. Drücke euch die Daumen.

Antwort
Nora 25. September 2020 - 12:22

?

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