James Ardinast: „Lokale Verbände und Zusammen­schlüsse können sehr viel bewirken“

von Jan-Peter Wulf
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James Ardinast, Foto: Lottermann and Fuentes

Mit Aktionen, Auktionen, Streamings, einem Shop und mehr gemeinsam durch die Corona-Krise und für die Interessen der Gastronomie: In Frankfurt wurde kürzlich das Portal FFMLY gelauncht.

„FFMLY unterstützt in diesen Zeiten der Not diejenigen, die normalerweise hinter den Kulissen für einen reibungslosen Ablauf sorgen. Wir wollen einen Beitrag leisten, um möglichst viele Arbeitsplätze in der Gastronomie sowie die einmalige individuelle Kultur- und Gastronomielandschaft in Frankfurt zu erhalten. Das Prinzip ist einfach: Wir kochen, liefern, entertainen und helfen, wo wir können, und Ihr, unsere Gäste, belohnt uns dafür mit Euren Zuwendungen, die wir 1:1 an diejenigen weiterleiten, die am meisten betroffen sind“, so ist auf der Webseite zu lesen.

Hinter dem innovativen Portal, das Informations-Schnittstelle, Webshop und Entertainment-Plattform in einem ist, steht die Initiative Gastronomie Frankfurt e.V.. Wie kam es dazu, und was können regionale Netzwerke für die Branche leisten? Wir sprachen mit James Ardinast, Gastronom und Mitbegründer der Initiative.  

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James, wie ist die Plattform entstanden? Gab es die Idee dazu schon vor Corona?

Die Idee zu FFMLY ist während Corona entstanden. Wir haben angefangen, das Konzept aus der Not heraus zu entwickeln. Wir wollten eine Plattform schaffen, die es uns ermöglicht, primär Gelder für unsere Mitglieder zu sammeln, um diese durch die Krise zu bringen. Inzwischen denken wir FFMLY noch etwas größer und nicht „nur“ gastrobezogen. Eben noch mehr im Sinne der Frankfurt Family.

Wer kann bei euch mitmachen?

Eigentlich jede(r), der/die die Vielfalt unserer Stadt am Leben halten möchte. Menschen und Unternehmen, die Hilfe brauchen und die, die helfen wollen.

Es gibt derzeit auf der Webseite eine Übersicht von Takeaway-Angeboten, DJ-Streamings und – das finde ich besonders interessant – Auktionen. Was kommt hier unter den Hammer? 

Das können die unterschiedlichsten Dinge sein, wie zum Beispiel Candle-Light-Dinner, VIP-Packages für Events, Inventar aus Lieblingsrestaurants und Clubs, aber auch ein handsigniertes T-Shirt von Sven Väth oder ein Cap aus Moses Pelhams privater Sammlung. 

Der Draht zur Politik ist ja durchaus vorhanden: Euer Schirmherr ist der Wirtschaftsdezernat der Stadt, Markus Frank. Dennoch: Ihr habt kürzlich gestreikt, unter anderem, weil ihr die in FFM geltende Fünf-Quadratmeter-Regel als nicht umsetzbar angesehen habt. Die wurde nun abgeschafft. Wie ist denn euer Verhältnis zur Stadt? 

Wir haben grundsätzlich ein sehr gutes Verhältnis zur Stadtpolitik. Das war auch schon vor der Krise so. Dadurch sind wir im ständigen Dialog, um zu schauen, wie wir gemeinsam die DNA unserer Stadt definieren können. Während der Krise liegt der Fokus natürlich darauf, wie wir die DNA überhaupt erhalten können. Gerade Stadtrat Frank hat als Wirtschaftsdezernent großes Interesse daran, die individuelle Identität dieser Stadt aufrecht zu erhalten. Und wenn es dafür eine oder mehrere Streiks bzw. Demos bedarf, dann gibt es hierfür auch das nötige Verständnis.

Im Video erklären Frankfurter Gastronom*innen, warum sie gegen die Fünf-Quadratmeter-Regelung streiken: 

Welche Angebote habt ihr für die nächsten Wochen geplant auf FFMLY aufzuschalten?

Anfänglich sollte der Hauptfokus auf Soundstreams liegen. Das Thema ist jedoch inzwischen etwas übersättigt. Wir wollen daher FFMLY nutzen, um mehr Bewusstsein zu schaffen. Es wird Talkshows mit verschiedenen Playern aus der Stadt geben, auch mit der Politik, um hier den Dialog weiter zu fördern. Redaktionelle Beiträge, um mehr über die individuellen Herausforderungen zu erfahren. Aktionen mit einem Charity-Ansatz, um zu helfen. Die Auktionen und der Webshop werden auch ein wichtiges Tool in den nächsten Wochen sein.

Der Interessenverband in Köln, die IG Kölner Gastro, hat verhandeln können, dass mehr Außenfläche für die Betriebe gewährt wird. Wie sieht es in FFM und in der Arbeit der IGF aus? 

Wie schon erwähnt stehen wir mit der IGF in sehr engem Austausch mit der Stadt. Dadurch konnten wir auch in Frankfurt erwirken, dass die Sommerterrassen, unter Berücksichtigung einiger Vorgaben, beliebig erweitert werden dürfen. Die IGF kann sich ebenfalls auf die Fahne schreiben, dass zum Beispiel die hessische Sonderauflage mit den fünf Quadratmetern gefallen ist.

Und grundsätzlich: Glaubst du, dass lokale Verbünde und Zusammenschlüsse der Gastronomie vor Ort mehr bewirken können als bundes- oder landesweite?

Ich bin davon überzeugt, dass lokale Verbände und Zusammenschlüsse sehr viel bewirken können und das dies in der Zukunft noch wichtiger wird. Grundsätzlich sehen wir ja schon seit längerem einen Trend, der in diese Richtung geht: Glokalisierung. Die Wege sind einfach kürzer. Man kann sich besser und schneller auf lokale und regionale Besonderheiten bzw. Herausforderungen einstellen.

Welche Perspektive siehst du für die Clubszene?

Für die Clubszene, wie die Veranstaltungsbranche im Allgemeinen, sieht es zur Zeit recht düster aus. Im Sommer wird es bestimmt einige Veranstaltungskonzepte geben, die Open Air in kleinerem Rahmen stattfinden lassen. Was im Zweifel aber mehr Marketing- und Imagekampagnen sind als wirklich wirtschaftlich nachhaltige Projekte. Vor allem, wenn man noch den im Hintergrund stetig laufenden Kostenapparat der eigentlichen Clublocations bedienen muss. Clubszenen in vielen Städten hatten auch schon Probleme vor der Krise. Ich befürchte daher, dass es nur die Wenigsten aus der Krise schaffen werden.

Du und dein Bruder David, ihr habt 2019 den Leaders Club Award für das Bar Shuka gewonnen. Wie ist eure Gastronomie und wie seid ihr als Unternehmen im Ganzen durch den Lockdown gekommen?

Dadurch, dass wir durch die Agentur IMA viel im Eventbereich machen, haben wir schon recht frühzeitig erkannt, dass hier ein ziemlicher Tsunami auf uns zukommt. Bereits im Februar hatten wir in dem Bereich Umsatzeinbrüche von über 90 Prozent. Dadurch haben wir uns umgehend darum gekümmert, unsere Restaurants auf die bevorstehende Krise weitestgehend vorzubereiten.

Wie? 

Im ersten Schritt ging es darum, den Kostenapparat auf ein Minimum runterzufahren, um den Kopf über Wasser halten zu können, bis die ersten Maßnahmen von Bund und Ländern kommen. Es war uns auch wichtig, unsere Mitarbeiter ins Boot zu holen, damit hier nicht unnötig Nervosität und Stress aufkommt. In der zweiten Phase haben wir uns um Liquidität gekümmert. Phase drei war eine Konzeptions- und Umsetzungsphase, in der wir mit unserer Community in den Dialog getreten sind. Wir haben geschaut, wie wir trotz Lockdown auf keinen Fall in Vergessenheit geraten und ebenfalls Umsätze generieren können. Hier war es uns wichtig, dass alles was wir machen, auch in der Post-Corona-Zeit weitergeführt werden kann. Also, eine Erweiterung unseres Leistungsspektrums.

Jetzt durftet ihr wieder eröffnen. 

Ja, seit Mittwoch, dem 3. Juni fahren wir das Bar Shuka langsam aber sicher wieder hoch. Erst mal nur fünf Tage die Woche abends, um nicht unnötige Kosten zu kreieren. Wir hatten uns ja auch dagegen entschieden, am 15. Mai aufzumachen, da mit der damaligen Fünf-Quadratmeter-Regelung ein wirtschaftliches Arbeiten unmöglich war. Mit der 1,50-Meter-Abstandsregel, die wir für richtig halten, ist es schon schwierig genug und wie schwierig, das wollen wir gerade herausfinden. Vor allem, weil wir davon ausgehen, dass uns dieser Status Quo noch lange begleiten wird. Bis dato sieht es zumindest ganz okay aus.

Das Stanley Diamond lassen wir vorerst noch geschlossen. Uns ist es wichtig, flexibel zu bleiben, damit wir uns auf die stetig neuen Veränderungen einstellen können. Alles in allem sind wir bis hierhin ganz gut durch die Krise gekommen, was immer das aber auch bedeuten mag. Wirklich wissen werden das erst, wenn wir wieder mit voller Kapazität arbeiten können.

Vielen Dank, James. 

Mehr Infos:
www.ffmly.de

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