Berliner Stullen und Craft-Bier: Interview mit Tim Gräsing, Lausebengel Kreuzberg

von Jan-Peter Wulf
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Gastronom und Sommelier: Tim Gräsing. Alle Fotos: Augusta Leigh

Das Kreuzberger Restaurant „Lausebengel“ wurde kürzlich Wochensieger in der Berlin-Runde der TV-Sendung Mein Lokal, Dein Lokal auf Kabel Eins. Aus diesem Anlass hier ein Interview mit Co-Gründer Tim Gräsing. Als Biersommelier ist er für das flüssige Angebot der 2019 eröffneten Speisekneipe zuständig, die sich mit ihrer Berliner Küche u.a. in Form herzhafter Stullen mit Blutwurst-Kroketten, Senf-Eiern und ungerolltem Mops einen Namen gemacht hat. 

Tim, wann hast du deine Leidenschaft für Bier entdeckt?

Ich habe Bier, im Speziellen Craft-Bier, kennen gelernt, als ich von 2010 bis 2011 in Washington, D.C. studiert habe. Dort war es schon groß, kurz darauf ging der Hype hier bei uns los. Während des Studiums in Deutschland habe ich in der Klosterbrauerei Neuzelle gearbeitet, die haben schon in den 1990er-Jahren Spargelbier, Anti-Aging-Bier und andere verrückte Sachen gemacht. Dort habe ich die Marketingabteilung aufgebaut. Ich ging dann nach Hamburg, als PR-Berater, und hatte die Ratsherrn-Brauerei als einen der ersten Kunden. Später habe ich mich als Kommunikationsberater selbständig gemacht und unter anderem Carlsberg ein Projekt geleitet, so ging es immer weiter in das Thema rein.

Inklusive der Ausbildung zum Biersommelier.

Ja, am Institut für Bierkultur in Wien.

Wie kam es zum Lausebengel?

Janosch (Thomsen, zusammen mit Tim Gräsing Geschäftsführer der Speisekneipe, Anm. d. Red.) und ich haben uns über ein gemeinsames Beratungsprojekt für einen finnischen Gastronomiekonzern kennen gelernt. Er ist hier im Kiez aufgewachsen, gleich im Nachbarhaus. Und als sich die Chance ergab, Nachfolger des „Café Rizz“ zu werden, dessen Betreiber nach fast 40 Jahren in Rente ging, haben wir nicht lange gefackelt.

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Aus dem „Rizz“ wurde im Frühjahr 2019 das „Lausebengel“

Das Thema ist Bier und Berliner Küche.

Der Bedarf nach dieser Kost, das haben wir schnell erkannt, ist groß. Berliner Küche gibt es nicht so oft in Berlin.

Das stimmt leider! Ihr setzt sie zum Teil ja auch auf Stullen.

Genau. Es gibt bei uns auch Gerichte wie Fischstäbchen und Kartoffelpüree, Currywurst und Kassler-Kebap. Aber die Stullen sind immer noch der Hauptbestandteil. Brot zum Bier ist natürlich ein klassisch deutsches Thema, das die letzten Jahre wieder mehr zum Trend geworden ist. Für uns war es wichtig, mit verschiedenen Belägen zu arbeiten, um die verschiedenen Biere und Stile – wir haben zehn am Hahn – aromatisch zu ergänzen. Wir haben darum zusammen mit Kristof entschieden: Wir gehen weg von Griebenschmalz und Co. und nehmen Sachen wie Senfei oder Blutwurst, dadurch geben wir dem Ganzen mehr Profil.

Gilt die Formel: Je aromatischer das Bier, desto aromatischer auch die Brot-Beläge?

Ja, aber nicht nur. Bei einem Pale Ale hast du natürlich eine milde Bitterkeit, aber eben auch die Fruchtexplosion drin. Genauso beim Senfei: Das ist scharf auf der einen Seite und süß auf der anderen. Du hast oft zwei oder mehr Geschmacksrichtungen im Bier und ebenso in der Speise drin. Die musst du erst einmal erforschen und dann sehen, was zueinander passt.

Welches ist dein Stullen-Favorit?

Ich bin Vegetarier, das muss ich dazu sagen. Und deswegen etwas eingeschränkt in der Auswahl (lacht). Ich mag das Berliner Berg Lager sehr. Herb, karamelliger Körper – es ergänzt die Senfei-Stulle ausgezeichnet.

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Senfei-Stulle und dazu ein Lager von Berliner Berg

Aktuell nutzt ihr ein Sauerteigbrot.

Genau, von der Brodstätte und von der Albatross Bakery. Die Sauerteig-Kreationen, die es mittlerweile wieder gibt, haben schon von sich aus starke Tiefe, die sind eigentlich schon gut für sich. Theoretisch braucht man die nur mit Butter bestreichen – vielleicht ist dann sogar einfach das Bier der Belag zum Brot (lacht).

Plant ihr mehr Brote in Zukunft?

Ja. Langfristig gibt’s für jede Stulle ein eigenes Brot. Wir haben einen schönen Brotbackofen und werden uns von der „Bread Station“ Teiglinge anliefern lassen. Wir haben auch schon mit süßen Broten experimentiert – Brioche mit Mascarpone zum Beispiel.

Hm, dazu würde dann vielleicht was Belgisches passen?

Ja, man kann in die Dubbel- und Tripel-Richtung gehen, aber auch zu Stout oder Porter. Dunkle Biere sind meine Favoriten.

Vielen Dank, Tim!

Mehr Infos:
www.lausebengel.berlin

Dieses Interview erschien zuerst in CRAFT – Magazin für Bierkultur, zusammen mit fünf Stullen-Bier-Pairings.

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