Die Kraft des Kiezes: Warum es sinnvoll ist, dass sich benachbarte Restaurants zusammentun

von Susanna Glitscher

Nur eine Brücke trennt die beiden Bezirke und mit ihnen zwei Restaurants: auf der Kreuzberger Seite das Volt von Matthias Gleiß und wenige Meter weiter in Neukölln die Coda Dessert Bar von René Frank. Eine räumliche Nähe, die man nutzen sollte. Fanden der Koch und der Pâtissier und machen nun für eine Eventreihe gemeinsame Sache.

Beim Dinner Crawl Kreuzkölln – so der Titel der Reihe – beginnen die Gäste mit Grüßen und vier herzhaften Gängen aus der Küche von Gleiß den Abend und wandern nach einigen Stunden in seinem Restaurant über die Brücke zum Coda. Um den Weg noch kurzweiliger zu gestalten, wird jeder Gast vom Koch mit einem kleinen Holundergeist ausgestattet.  Nach einem zehnminütigen Fußmarsch werden dann weitere vier Gänge serviert, doch dieses Mal vier Desserts mit dem entsprechenden Getränke-Pairing. Die Dinner Crawls im Mai waren so erfolgreich, dass die beiden Restaurants direkt weitere vier Termine für den Juni verkündet haben.

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Der Dinner Crawl begann bei Matthias Gleiß im Volt … (Foto: Jens Wegener)

Volt-Küchenchef Matthias Gleiß freut sich vor allem darüber, dass das Event neue Gäste zu ihm bringt, die über die Coda Dessert Bar davon erfahren haben und nun auch sein Restaurant kennenlernen – und umgekehrt. Der Austausch von Gästen macht in diesem Fall besonders viel Sinn, da beide Restaurants an sicher sehr unterschiedliche Zielgruppen richten, jedoch den Fokus gemeinsam haben, nur qualitativ hochwertige regionale Produkte zu verwenden und Menüs auf Fine-Dining-Niveau anbieten.

Kollaborativer Gedanke

Beide Restaurants setzen diesen kollaborativen Gedanken nicht nur beim Dinner Crawl um, sondern pflegen auch andere Netzwerke in ihrer direkten Nachbarschaft. René Frank bietet seinen Gästen regelmäßig die Gelegenheit, dieses kennenzulernen und einmal hinter die Kulissen seiner Lieferanten und Produzenten in der direkten Umgebung zu gucken. Beim über die Website buchbaren „Coda – Behind the scenes” nimmt er seine Gäste unter anderem mit zu Peppikäse. Nur ein paar Straßen entfernt hat sich hier im tiefsten Neukölln ein Käsehändler etabliert, der auch den Pâtissier regelmäßig versorgt. Und aufgrund Qualität und seiner moderaten Preise (kein Zwischenhändler, sondern Direktbezug von den Produzenten) auch lange Schlangen auf den Wochenmärkten erzeugt. 

Matthias Gleiß wiederum verbindet mit den nahe gelegenen Restaurants Horváth, Herz+Niere und eben dem Coda zum einem eine Freundschaft, zum anderen aber auch ein starkes Netzwerk, dass die Gastronomen regelmäßig nutzen. Ist ein Abend im Volt komplett ausgebucht und ein Gast ist am Telefon, der unbedingt an dem Abend schön essen gehen möchte, empfiehlt Gleiß eines der befreundeten Restaurants und macht dort eine kurzfristige Buchung möglich. Ähnlich nützlich ist die Zusammenarbeit bei Lieferanten, da die Restaurants ihre Bestellungen bündeln können und so auch der Bauer, bei dem direkt bestellt wird, profitiert und nur eine Tour fahren muss.

Drei Restaurants, sechs Gänge – plus Wegbier 

Es gibt weitere Beispiele in Berlin für lokale Kooperationen, zum Beispiel die regelmäßig stattfindende Veranstaltung 3/6 Dreieck, anspielend auf die Nummer des Bezirks Kreuzberg 36 und die dreieckige Anordnung der Restaurants Mirika, Parker Bowles und Vabrique. Hier essen die Gäste jeweils zwei Gänge in einem Restaurant, bevor es zu Fuß in das nächste geht. Damit wird eher eine jüngere Zielgruppe angesprochen und so gibt es unterwegs gerne mal ein Wegbier.

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Zwei Gänge im Parker Bowles …

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… und zwei in der Vabrique …

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… und im Mirika. (Fotos: Mirika)

Das Stadtmagazin Tip verfolgt mit der „Kieztour“ seit kurzem einen ähnlichen Ansatz und stellt in monatlichen Abständen Restaurants und Bars vor, die in einer Gegend liegen und fußläufig zu erreichen sind. Gäste entdecken auf diese Art neue Gastronomien, sind im besten Fall begeistert und kommen wieder. 

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