Nicolas Soenen, Sommelier: „Bier und Käse bietet unglaublich interessante Kombinationen“

von Jan-Peter Wulf
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Foto: Ben Fuchs

Wein und Käse? Gut, aber alter Hut. Bier und Käse bringt Frische und Facettenreichtum ins Spiel. Nicolas Soenen, lange Zeit Sales- und Exportmanager des belgischen Bierspezialitätenhauses Duvel Moortgart und mittlerweile als Sales Manager bei Yakima Chief Hops tätig, kam in seiner Ausbildung zum Biersommelier auf den Geschmack, führte als Bierbotschafter viele Käse-Bier-Tastings durch und empfiehlt auch den deutschen Biertrinkern und -gastronomen, das noch wenig bekannte Paar kennen zu lernen. 

Nicolas, Wein und Käse ist ja eine bekannte Kombination. Aber Bier und Käse – was ist anders dabei?

Vieles! Zum Beispiel die Kohlensäure im Bier: Die ist bei Wein ja eher die Ausnahme, aber doch hilft beim Pairing sehr. Käse ist generell eine fetthaltige Substanz, wenn du ihn isst, wird die Zunge von einer Fettlage abgedeckt. Anders als der Wein schneidet sich das Bier mit seinem CO2 durch das Fett, öffnet die Zunge und die Geschmacksknospen wieder, man ist sozusagen wieder offen für Geschmack und wird auch nicht so schnell satt. Ein weiterer Faktor ist die Temperatur: Kühles Bier bringt natürlich eine gewisse Frische in den Mund.

Und geschmacklich?

Bier und Käse bietet unglaublich interessante Kombinationen. Für jeden Bierstil, für jedes Bier gibt es mehrere Käsesorten, die man paaren kann. Und Bier ist, weil es aus Getreide besteht und nicht aus Trauben, dem Käse eigentlich recht ähnlich: Gerste ist ein Gras, Gras fressen auch die Kühe, die die Milch für den Käse geben – und es prägt seinen Geschmack. Wein hat sicher die tiefere Komplexität, aber die spielt sich in einem schmalen Bereich ab – sauer und süß. Bier ist breiter, weil man schon allein beim Gerstenmalz so viele Sorten und Unterschiede hat, dann kommen Hopfen und Hefe dazu – das erzeugt viele geschmackliche Facetten. Und gibt man vielleicht noch Gewürze dazu oder Früchte …

… dann sind wir ja quasi schon in Belgien. Hat das Thema Käse-Bier-Pairing bei euch Tradition?

In der Tiefe, wie wir es heutzutage machen, ist es noch recht neu. Aber bestellst du dir in Belgien ein Stark- oder Spezialbier, dann bekommst du öfter ein bisschen Käse dazu. Eher einfachen, Gouda zum Beispiel, aber das passt schon gut zusammen: Die Salzigkeit vom Käse macht Durst, man trinkt, das Bier bringt das Salz wieder runter, die Kohlensäure macht den Mund frei, man hat wieder Lust auf Käse und so weiter. Ein Wechselspiel. Und jede Region hat ein typisches Pairinig mit Käse. Die Gueuze aus dem Sennetal wird schon seit Ewigkeiten mit einer Art Frischkäse auf Toast serviert, mit ein bisschen Schnittlauch dazu.

Das klingt ja schon nach einem guten Einstiegs-Paar.

(lacht) Aber bitte nur mit Gueuze!

Kannst du Käse-Bier-Pairings grob einteilen?

Zu einem schlanken Pils passt eher einfacher, nicht zu komplexer Käse wie Gouda. Ein belgisches Witbier passt gut zu Weißschimmelkäse, beim deutschen Weizen würde ich eher Richtung Camembert gehen. Für dunkle Biere mit höherem Alkoholgehalt gibt es mehrere Möglichkeiten: Ein dunkles Klosterbier passt zu leichtem Blauschimmelkäse wie Stilton, aber auch zu einem geaschten Ziegenkäse. Oder zu einem schönen rotgeschmiertem Käse. Starke blonde Biere passen gut zu hartem Alpenkäse. Hopfiges wie das IPA braucht kräftigen Käse, einen Rotschimmelkäse mit viel Kraft oder fruchtigen Blauschimmel. Zu hellen Sauerbieren eignen sich Frisch- oder Ziegenkäse, zu dunklen nehme ich entweder mit Ziegenkäse, Roquefort oder einen komplexen Schafsmilchkäse. Wunderbar!

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Making of: Nicolas Soenen und Fotograf Ben Fuchs bereiten ein Pairing-Foto vor

Wie steige ich als in das Thema ein – als Genießer, als Gastronom?

Man muss es zuerst für sich selbst probieren. Da nimmt man zum Beispiel einen Blauschimmelkäse und kostet: Ist er leicht oder stark, fruchtig oder eher nicht? Und dazu kombiniert man einige Biere – was bringt den Geschmack am besten nach vorne? Wichtig ist, die Intensität aufeinander abzustimmen, die muss auf Augenhöhe sein. Im Idealfall sucht man nach einem Kontrast im Sinne des Geschmacks und nach einer Harmonie im Sinne der Aromen. Man kann auch mit dem Bier anfangen und verschiedene Käse dazu testen.

Und wie bringe ich das dann an den Gast?

Ich empfehle, kleine Portionen Bier anzubieten – zum Beispiel drei kleine Biere mit je einem Stückchen Käse. In einem Bierkonzept wie hier, wo es Tasting-Bretter mit fünf Bieren gibt, könnte man auch fünf kleine Stückchen reichen. Man kann aber auch ein Bier nehmen und zwei Käse dazu reichen. Das ist auch eine tolle Geschichte, denn man sieht, wie die Leute dann ins Probieren und Nachdenken kommen. Mehr als zwei Käse pro Bier würde ich nicht nehmen. Der typische Käseteller mit fünf verschiedenen Käse und einem Glas Wein hingegen – das kann nie passen, der Wein passt auch maximal zu zwei der Käse.

Welches Brot dazu?

Keins. Das Bier übernimmt die Aufgabe des Brotes. Du hast das Getreide durch das Gerstenmalz schon drin und es spült den Mund perfekt aus – Brot zum Reinigen von Gaumen und Zunge braucht man nicht. Und so spart man auch Kalorien.

Was muss man bei der Käselagerung beachten?

Ich würde den Käse vom Affineur ankaufen, dann ist er schon perfekt gereift. Man muss ihn unbedingt kalt lagern. Im Kühlschrank bleibt er am längsten stabil, im Keller reift er weiter. Am besten holt man den Käse rund eine Stunde vor dem Servieren heraus und lässt ihn langsam auf Temperatur kommen. Dann ist der Geschmack ideal.

Vielen Dank!

Dieses Interview erschien zuerst in CRAFT – Magazin für Bierkultur, zusammen mit sechs Käse-Bier-Pairings von Nicolas Soenen. 

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