„Mix aus Tradition und moderner Küche“ – im Portrait: die Gastro-Unternehmerin Xiaofen Fan

von Jan-Peter Wulf
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Berliner Gastronomin: Xiaofen Fan. Foto: Made in China

Eigentlich hätte es die Welt der Nullen und Einsen werden sollen: Xiaofen Fan aus Shanghai kam 1999 zum Informatikstudium nach Berlin. Zehn Jahre arbeitete sie in der Gastronomie, dann wurde sie 2014 Gastro-Unternehmerin und betreibt sie bereits drei Restaurants in der Stadt, das panasiatische „Akemi“, das japanische „Ramen X Ramen“ und nun auch das südchinesische „Made In China“.

Die Dim Sum, die wir nach verrichteter Arbeit am großen runden Tisch des Made In China verspeisen dürfen, schmecken großartig. Sie haben Biss, erzeugen Mundgefühl, sind alles andere als nur Hülle für den herzhaften Inhalt. Und beweisen mal wieder das ewige Gesetz der Gastronomie: frisch und hausgemacht lässt sich eben nicht einkaufen.

„Sie sind in Berlin nur selten hausproduziert. 80 Prozent ist Tiefkühlware“, schätzt Xiaofen Fan, Betreiberin des Restaurants, in dem wir sitzen. „Handgemacht ist viel Arbeit, aber einzigartig.“ Eine große, offene Showküche hat ihr neues Restaurant, das vor rund drei Monaten auf der Schönhauser Allee (im Ex-„Oh, Angie!“) eröffnete. Showcooking ist hier angesagt: Die Gäste sehen und erleben, wie Dim Sum und Lamian, die handgezogenen traditionellen Nudeln, an den Kochstationen live zubereitet werden. Mittelfristig soll es hier auch Dim-Sum-Kurse geben.

Mix aus Tradition und Moderne

„Weil ich Chinesin bin, wollte ich immer mein Heimatessen herüber bringen und die Berliner davon überzeugen. Es gibt so viel mehr als Ente süßsauer und Chop Suey – Tausende leckere Speisen“, erklärt die junge Chefin. Unter kulinarischer Leitung zweier frisch in Berlin eingetroffener chinesischen Spezialisten – Chefkoch und Souschef – werden im „Made In China“ authentisch-südchinesische Speisen wie 30 verschiedene Dim-Sum-Versionen (mit Schwein und Garnelen, aber auch mit Hühnerfüßen und Rinderpansen) zubereitet.

Auch die regionstypischen Tontopfgerichte „Bāo Zǐ Fàn“ mit oder ohne Fleisch stehen auf der Karte. Ebenso argentinisches Rinderfilet mit Wasabi-Sauce. Das mag unchinesisch anmuten, ist aber eine Speise, die man heuer in dieser Form in modernen Restaurants in Shanghai findet. „Wir wollen einen Mix aus Tradition und moderner Küche“, erklärt die Chefin.

Und auch Eigenwilliges bzw. -kreatives spielt dabei eine Rolle: Das leckere, frittierte Vanilleeis mit Honig, das wir zum Abschluss unseres Gesprächs beim Essen serviert bekommen, zwinkert in Richtung der in gängigen hiesigen Chinarestaurants allgegenwärtigen, in China aber eher unbekannten gebackenen Bananen mit Honig. Urchinesisch hingegen ist eine Spirituose, die auf dem mit roten Lampions geschmückten Baldachin der Showküche steht: Baijiu. Kein Schnaps wird mehr auf der Welt getrunken, aber in Mitteleuropa ist das Produkt praktisch unbekannt. Das will „Ming River Baijiu“ als praktisch erster in Deutschland erhältlicher Vertreter des hochprozentigen Nationalheiligtums ändern.

Zwei Eröffnungen in einem Jahr

Es ist nicht das einzige Restaurant, das die junge Frau in diesem Jahr eröffnet hat: Im Januar gingen bereits im Ramen X Ramen im Stadtteil Friedrichshain die Lichter an. „Ich liebe Ramen“, so Xiaofen Fan. Und die Berliner erst recht: Das japanische Restaurant in der Gabriel-Max-Straße flog von Anfang an. Auch hier setzt die in Shanghai geborene Gastro-Unternehmerin auf hohe Produktqualität: Herz des Konzepts ist eine Nudelmaschine (Investition: rund 60.000 Euro), mit der die Nudeln täglich frisch produziert werden, auch dies ist längst nicht immer der Fall, wenn Ramen auf der Karte stehen. Das Mehl importiert man, weil weicher in der Konsistenz, aus Japan (Importeur: JFC), die Brühe für den Nudelsuppen-Klassiker kocht 24 Stunden von neun bis neun.

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Buntes Interieur und Sharing-Dishes im „Made In China“

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„Weil wir hier im Made In China eine größere Küche haben und viele Knochen übrig bleiben, können wir sie hier waschen und vorkochen. Dann bringen wir sie ins Ramen X Ramen“, erklärt Fan. Ramen mit Fleisch, vegetarische und vegane (Friedrichshain!) Varianten sowie herzhafte Vorspeisen wie Karaage (frittiertes Hähnchen), Chizukorokke (Käsekrokette mit Rinderhackfleisch) oder Osatsukorokke (Süßkartoffelkroketten) stehen hier auf der Karte.

Asien mit Style

Zusammen mit ihrem Mann hat Xiaofen Fan 2014 ihr erstes Restaurant eröffnet, das Akemi in der Rykestraße. Er ist Vietnamese und betrieb dort das das vietnamesische Restaurant „Haphi“. Das machte man in gemeinsamer Entscheidung dicht und brachte das panasiatische Konzept des „Akemi“ an den Start. Zwar sei das Essen im „Haphi“ sehr gut gewesen. „Aber das Restaurant konnte man optisch schon besser machen. Was Cooles draus machen“, erinnert sich Xiaofen Fan schmunzelnd.

Gesagt, getan: Das „Akemi“ (ein japanischer Mädchenname, der „schön“ und „fröhlich“ bedeutet) ist in Berlin auch wegen seines schönen, wie eine Unterwasserwelt anmutenden Interieurs beliebt. Und wegen seiner Speisen, die sich die Gäste von Anfang an nach dem heute omnipräsenten Sharing-Prinzip orderten, sowieso: „Dass man sich mehrere kleine Gerichte zum Teilen gemeinsam bestellt, um viel Verschiedenes probieren zu können, gab es damals noch nicht so oft in Berlin“, so Xiaofen Fan. Ein Prinzip, das man auch im „Made In China“ anwendet: Viele kleine Speisen stehen zur Auswahl, sodass nach Lust und Laune probiert werden kann – das senkt auch Hemmschwellen, Unbekanntes zu testen.

Tschüß Informatik, hallo Gastronomie

Eigentlich war die heutige Multi-Gastronomin Ende der 1990er-Jahre, nach dem chinesischen Abitur, ja nach Berlin gekommen, um Informatik zu studieren. Was sie nach kurzer Zeit aber an den Nagel hängte, um fortan in der Gastronomie zu arbeiten. Unter anderem im 2006 eröffneten Toca Rouge auf der Torstraße, das – nach wie vor existent – eines der ersten asiatischen Konzepte der Stadt war, welches modernes Design und gehobene Produktqualität vereinte.

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Food im „Akemi“

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Minimalistisch: „Ramen x Ramen“

Ein Prinzip, das Fan auch in ihren eigenen Konzepten umsetzt: Das Design ist subaquatisch-bunt im „Akemi“, minimalistisch und auf helle Naturfarben reduziert im „Ramen X Ramen“, mit vielen China-Kitsch-Klischees spielend im „Made In China“ – jeweils gepaart durch viel Inhouse-Produktion der Speisen sowie Einkauf in hoher Qualität. Etwas höhere Preise, als der „Standard-Asiate“ nimmt, erlauben überproportional mehr Geschmacksqualität. Einen Hebel-Effekt, der sich an bekannten Speisen wie zum Beispiel einer Entenbrust, die es sowohl im „Akemi“ als natürlich auch im „Made In China“ gibt, besonders gut nachempfinden lässt. „Nur wenn die Qualität gut ist, kommen Gäste gerne wieder“, so Xiaofen Fan. 

Zur Person: Xiaofen Fan …
… wurde 1981 in Shanghai geboren
… kam 1999 zum Informatik-Studium nach Berlin
… arbeitete über zehn Jahre in der Berliner Gastronomie
… u.a. im 2006 eröffneten Asia-Restaurant „Toca Rouge“
… eröffnete Oktober 2014 das „Akemi“, Rykestraße 39
… Januar 2018 das „Ramen X Ramen“ in der Gabriel-Max-Straße 2 
… und August 2018 das „Made In China“, Schönhauser Allee 10-11
… hat derzeit rund 50 Mitarbeiter in 3 Betrieben

Aktualisierte Version des zuerst in fizzz 12/2018 erschienenen Beitrags.

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