#restartgastro 2020, Teil 9: India Club, Berlin

von Jan-Peter Wulf
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General Manager Mika Rahimkhan und Geschäftsführer Florian Hettler. Alle Fotos: Redaktion

Ist das doppeltes Pech? Genau in dem (Spät-)sommer, in dem die Restaurants besonders viel Geschäft nach außen verlegen, befindet sich vor dem „India Club Berlin“ eine Baustelle, das Gebäude ist eingerüstet und ein schmaler Gang – gut ausgeschildert allerdings – führt ins Innere des Hauses, hin zum Restaurant.

Geschäftsführer Florian Hettler sieht es erstaunlich gelassen und erklärt uns: Das Sommergeschäft war nie das stärkste des Jahres für den Betrieb. Die herzhaft-würzig, scharfe nordindische Küche sei ohnehin prädestiniert für die kühleren Tage, die sich bei unserem Besuch bereits deutlich abzeichnen. Kurz zuvor waren es noch 36 Grad in Berlin gewesen. „Ab September kommt dann bei uns immer der Aufschwung“, so Hettler. Dieses Mal indes mit halber Kraft wegen der Abstandsregeln: Sonst hat das Restaurant innen knapp 70, nun knapp 40 Plätze. Hettler: „Wir haben diese Situation jetzt eben. Und bis nicht 60 Prozent der Bevölkerung geimpft sind, haben mir Mediziner erklärt, werden die Abstandsregeln auch so bestehen bleiben.“

Der Weg zur Medizin ist recht kurz: Die Gruppe hinter dem Restaurant betreibt nämlich auch eine private Klinik in der Stadt, mit den Expert*innen des Hauses hat man sich zur Gestaltung der Hygienemaßnahmen ausgetauscht. Alles, was Menschen anfassen, sei besonders intensiv zu reinigen, so der Rat der Profis. Tableware – Haken dran, die wird eh heiß gespült. Armlehnen, Türklinken, Handläufe und Co. werden nun die ganze Öffnungszeit hindurch von einer Mitarbeiterin abgewischt, auch während unseres Gesprächs kommt sie vorbei und kümmert sich um die noch freien Nebentische. Was man früher vielleicht als etwas störend empfunden haben könnte, Putzen so mitten im Betrieb, gibt nun ein zusätzlich gutes Gefühl.

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Hygienische Handreinigung, Datenerfassung und Karte per QR-Code

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Trotz halbierter Platzzahl und mehr Abstand: Es klaffen keine unschönen Lücken im Gastraum

Ohnehin: Das Hygienekonzept des „India Club Berlin“ ist absolut vertrauenswürdig. Alle Mitarbeiter*innen tragen wie vorgeschrieben ihre Masken, schön abgestimmt auf den Arbeitsdress. Nach der Platzierung wird mit dem Vordruck für die Datenerfassung (individueller Zettel) auch ein Kärtchen mit QR-Code, der dieses Jahr sein großes Comeback erlebt, vorgelegt, mit dem sich per Smartphone-Scan die Speisekarte aufrufen lässt. Diese Zettel werden nur einmal verwendet. Alternativ gibt es das Menü auch analog und foliert, abwischbar. Besonderer Clou: Das klassische Erfrischungstuch ist nun mit Desinfektion getränkt. Weitere Hygieneinfos in Mangentafarben (praktischerweise passend zur bunten CI des Restaurants) befinden sich im WC-Bereich. Auf der Webseite sind die Maßnahmen detailliert aufgeführt.  

Alles bestens also. So kann man sich auf sein Essen konzentrieren und die Konversation mit der Begleitung. Das Essen im India Club Berlin ist nämlich ganz großartig. Es gibt hier vieles, was man von anderen indischen Restaurants kennt, nur geschmacklich in einer anderen Liga. Da wäre zum Beispiel das „Tandoori Roti“ mit hausgemachten Chutneys, das hier die im hauseigenen, traditionellen Tandoor-Lehmofen gebacken wird. Oder den Klassiker „Palak Paneer“ aus Spinat, Frischkäse, Ingwer, Knoblauch, Zwiebeln und Tomaten: So gut wie hier schmeckt er vielleicht nirgends sonst in der Stadt. Nicht umsonst zählen die Mitarbeiter*innen der indischen Botschaft zu den Stammgästen des Hauses.

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Ein aromatischer, infusionierter Gin-Drink zum Auftakt, den Hausklassiker „Buttered Chicken“ als Hauptgang und zum Schluss Eis aus Kokosmilch und Ananas.

Hausklassiker ist das „Buttered Chicken“ mit einem ausgezeichneten Curry nach Familienrezept des Chefkochs, ebenso klasse: der kräftig scharfe Blumenkohl mit Frischkäse, Minze und Chili sowie das schön verziert an den Tisch kommende Dal aus Belugalinsen. Frische Zutaten, lange Vorbereitungs- und Garzeiten und die Kraft der Gewürze machen den Unterschied. Das Fleisch stammt übrigens aus artgerechter Tierhaltung vom Bio-Bauernhof „Gut Vorder Bollhagen“. Freilich ist der Preis für dieses Vergnügen ein wenig höher als sonst, doch gemessen am gesteigerten Genuss, wie wir finden, völlig akzeptabel.

Wer dennoch nicht ein Restaurant betreten kann oder will – oder es sich gerade zu Hause gemütlich macht: Seit dem Shutdown bietet auch dieser Betrieb Lieferung an (80 Euro Mindestbestellwert: klingt nach viel, aber bei einem Essen für zwei, drei Personen sind die hier schnell erreicht). Indisches Essen ist das vielleicht lieferfähigste überhaupt – zumindest zum Teil trifft das zu, zum Beispiel auf lange gegartes Fleisch, auf Fisch oder Gemüse, die in den kräftigen Saucen warm gehalten werden. Frisch Gebackenes und Gebratenes weniger. „Wir liefern deswegen nur unsere Curries sowie Vorspeisen und Beilagen“, erklärt General Manager Mika Rahimkhan, die Tandoori-Spezialitäten gibt es exklusiv inhouse.

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Wie geht’s weiter? „Wir haben niemanden entlassen, wir stehen zu unseren Mitarbeitern und sind sicher, dass wir es durchhalten können“, so Hettler. Zum Teil arbeiten die 17 Beschäftigen bis auf Weiteres mit reduzierter Stundenzahl – wer mehr arbeiten kann und muss, hat dazu die Möglichkeit. Das À-la-carte-Geschäft laufe gut, trotz weniger großer Gruppen, die man sonst immer zu Gast hat. „Die Resonanz ist prima. Und wir kommen langsam in Richtung Kostendeckung.“ Und 2021 wird man die neu gestaltete Terrasse an den Start bringen. Hettler: „Die wurde schnell genehmigt. Das ist wenigstens ein Vorteil dieser Zeit: Solche Dinge gehen nun zügiger.“ 

Der India Club Berlin ist auch Partner der neuen Ausgabe (2021) des Restaurantführers Taste Twelve, erhältlich ab 1. Oktober. Mehr Infos dazu hier.  

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