Die Welt der modernen jüdischen Küche: Leseprobe aus „Masel Tov!“ von Liv Fleischhacker

von Liv Fleischhacker
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Foto: Grossmann.Schuerle

Wie schmeckt sie, die gegenwärtige jüdische Küche? Wie sieht sie aus? Was ist sie überhaupt? Große Fragen. Antworten gibt Liv Fleischhacker, Deutschamerikanerin mit jüdischen Wurzeln. Sie hat ein Buch darüber geschrieben: In Masel Tov! Die moderne jüdische Küche in aller Welt stellt sie spannende Menschen, ihre Geschichten und ihre Rezepte vor.

Zum Beispiel Haya Molcho aus Wien, die Begründerin der Neni-Restaurants. Oder die Gebrüder James und David Ardinast, die mit ihren trendigen Gastronomiekonzepten (IMA, Maxie Eisen uvm.) in Frankfurt für Bewegung sorgen. Oder Anne Kornblut aus London, die „Director of Strategic Communication“ bei Facebook ist. Und auch Gil Hovav aus Jerusalem: Dessen jemenitisch-israelische Kochkunst durften die Gäste eines exklusiven Dinners beim jüdischen Foodfestival in Berlin, Nosh, genießen. Liv Fleischhacker hat es 2017 gemeinsam mit Laurel Kratochvila (Betreiberin des „Fine Bagels“ Berlin, auch sie hat ein Kapitel im Buch) ausgerichtet, 2019 findet es wieder statt.

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Die Vielfalt der jüdischen Küche in einem Buch: Masel Tov!

„Wir versuchen mit Masel Tov! so viele Kulturen wie möglich zu repräsentieren. Von israelisch-marokkanischen Fleischbällchen, zum Gefillte Fisch, über zur mexikanischen Jalapeño Mazenklößchen-Suppe, die dänische Rosinenkrone, vom Nudel Kugel bis hin zu Bagels und jugoslawischen Kastanienschnitten. Jüdisches Essen ist so bunt gemischt wie Menschen jüdischer Abstammung. Sie kommen von überall und das Essen ist eine Repräsentation dessen. Von der Diaspora, den wandernden Juden, die ihre Traditionen in neue Heimaten mitbrachten und sie dort dem Klima anpassten und in der neuen Heimat wieder Inspiration fanden“, schreibt Liv im Intro ihres Buchs.

Freundlicherweise dürfen wir ein Kapitel aus dem Buch abdrucken und haben uns für jenes über Liz Alpern und Jeffrey Yoskowitz aus New York entschieden: 

Liz Alpern und Jeffrey Yoskowitz sind Ikonen der osteuropäischen, jüdischen New-Yorker-Küche. Gemeinsam gründeten sie 2012 The Gefilteria, um aschkenasischen Gerichten, die lange als altbacken und ungesund galten, einen modernen Schliff zu verpassen. Ihr Ziel ist es, Rezepte wie Gefilte Fisch einer ganz neuen Generation zugänglich zu machen. Liz und Jeffrey beliefern Feiern, geben Workshops, schreiben Bücher und reisen um die Welt, um die Rezepte der alten Welt für die moderne zugänglich zu machen.

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Foto: Lauren Volo

Liz und Jeffrey lernten sich 2010 beim Sabbatessen einer gemeinsamen Freundin kennen. Jeffrey war damals als freiberuflicher Autor tätig und importierte Delikatessen aus Israel. Liz war kurz davor, nach Washington D. C. zu ziehen, um dort an verschiedenen Food-Projekten zu arbeiten. Schnell merkten sie, dass sie die Liebe zu aschkenasischem Essen verband. Damals waren sie die einzigen in ihrem Freundeskreis, denen dieses Thema am Herzen lag. Es ärgerte sie, dass die Gerichte, mit denen sie aufwuchsen, als ungesund galten und langsam in Vergessenheit gerieten, dass aschkenasisches Essen kaum gekocht und wertgeschätzt wurde.

Zusammen besuchten sie eine jüdische Food-Konferenz, bei der unter anderem thematisiert wurde, wie sich traditionelles Essen mit modernen Gewohnheiten vereinbaren lässt. Es schien ihnen so, als ob das alltäglich Wichtige verworfen wird, sobald es um Festtagsessen geht. Niemand achtet darauf, ob der Fisch zum Gefilte Fisch nachhaltig geangelt wurde. Dabei ist das wichtig. So fingen Liz und Jeffrey an, gemeinsam zu kochen. Mit dem Gefilte Fisch fing es an. Sie wollten, dass der Fisch für das Gericht nachhaltig geangelt wird, frisch ist und das Ergebnis modern aussieht. Ein Jahr lang experimentierten sie und bald wurde aus Gefilte Fisch viel mehr: Borscht wurde gekocht, Gemüse wurde eingelegt und fermentiert, Getränke wurden abgefüllt.

Deshalb gründeten Liz und Jeffrey im März 2012 The Gefilteria. Je mehr Recherche sie betrieben, umso mehr lernten sie. „Wir dachten, dass wir jüdische Rezepte anpassen müssten, damit sie unsere moderne Einstellung gegenüber Essen widerspiegelt. Dabei war dies schon längst in der Küche verankert.“ Ein Teil davon ist anhand der amerikanischen Industrialisierung einfach verloren gegangen. Bald fingen sie an zu reisen, um auf Märkten ihre Ware zu verkaufen, Pop-up-Restaurants zu eröffnen und Workshops zu leiten. The Gefilteria ist schnell gewachsen. Liz und Jeffrey wollen die veraltete Einstellung zu aschkenasischer Küche ändern und gleichzeitig Menschen erreichen, die vielleicht noch nie von Gefilte Fisch und Blintzes gehört haben.

Gezielt nannten sie ihr Buch The Gefilte Manifest – und sie sehen es tatsächlich als Manifest an. Wohlwissend, dass nicht alle für ihre modernen Interpretationen offen sein werden. Aber auch das ist in Ordnung und hält sie nicht davon ab, immer mehr Menschen von ihren Produkten und vor allem ihren Rezepten überzeugen zu wollen. Im Endeffekt wünschen sich Liz und Jeffrey, dass die jüdische aschkenasische Küche mit anderen globalen Küchen gleichgestellt wird. Momentan wird sie noch nicht als „Cuisine“ angesehen und ihr kommt nicht die gleiche Wertung zu wie anderen Küchen.

„Unser Ziel ist es, unsere Kultur zu bestätigen. Es ist schließlich eine Essenskultur, die Tradition hat, die auf die Jahreszeiten abgestimmt und gesund ist. Jüdische Küche besteht nicht nur aus schwerem Cholent. Wir können mit unserem Bestreben nicht alle erreichen und das ist okay. Aber wir können noch viel mehr erreichen und vor allem noch viel mehr Meinungen ändern.“

Im Buch gibt es dazu drei Rezepte der beiden New Yorker: Knuspriges Hähnchen mit Tsimmes, Leckach – würziger Honigkuchen mit Orange und Roggen sowie Salzheringe. Insgesamt finden sich in „Mazel Tov!” über 50 kreative Rezepte aus der globalen jüdischen Küche, darunter zahlreiche Basics wie Salzzitronen, eingelegte Gurken oder Challah-Brot. Rezeptautor des Buches ist Lukas Großmann, Fotografie und Foodstyling stammen von Grossmann.Schuerle.

Das Buch ist im Christian Verlag erschienen.

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