„Vision spielt bei unseren Standorten eine wichtige Rolle“ – Im Portrait: BMB Gruppe, Berlin

von Jan-Peter Wulf
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Blick von den Humboldt Terrassen, die von der BMB Gruppe betrieben werden, auf den Berliner Dom. Foto: BMB Gruppe

Die drei Studienfreunde und Unternehmer Barbara Ewald, Mirko Alexander Nikolitsch und Boris Freise betreiben in Berlin, Braunschweig und Hannover 19 gastronomische Objekte und ein Catering. Das Portfolio reicht von der Kaffeebar im Museum über den Freiluft-Burger-Spot und Parkcafés bis zum Healthy-Food- und Craft-Beer-Konzept. Wie managt man das? 

Mitte November 2017 eröffnete in Berlin ein Craft-Beer-Konzept, das „Braufactum“. An und für sich ist das nichts Ungewöhnliches mehr angesichts der vielen Neuzugänge dieses Betriebstyps in der Stadt. Ungewöhnlich ist jedoch der Standort, den man dafür gewählt hat: den Alexanderplatz. Durch die Fensterfronten blickt man auf die vielbefahrene Karl-Liebknecht-Straße, auf Busse, Trams, Autos, Radfahrer, Fußgänger. Alles in Bewegung, viel Frequenz (auf 360.000 Passanten kam eine Schätzung 2009, es dürften längst mehr sein), doch wenig Aufenthaltsqualität bislang, der „Alex“ ist für den Berliner in erster Linie ein Durchgangsort.

Für mindestens drei Berliner, Barbara Ewald, Mirko Alexander Nikolitsch und Boris Freise von der BMB Gruppe, ist er aber doch mehr, nämlich der Eingang zum szenigen Viertel dahinter, das sich über die Flagshipstores und Cafés rund um die Weinmeisterstraße bis zur Torstraße zieht. Deswegen hat man sich hier platziert, mit Craft-Beer-Restaurant und einem separaten, sehr schmuckvoll eingerichteten Shop. Steht man zwischen den beiden Locations und lässt das Ganze auf sich wirken, deutet sich die betonierte Freifläche dazwischen auf einmal zum kleinen Platz zum Verweilen um, dank des Plattenbaus gegenüber ist es sogar relativ ruhig.

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Neuer Spot für Craft Beer am Alex: Braufactum

Auf einmal scheint alles Sinn zu machen, aus dem Nicht-Ort ist ein Ort geworden – im nächsten Sommer stehen hier 250 Stühle, wenn der Biergarten eröffnet. „Der logischste Schritt wäre wohl gewesen, mit einem Craft-Beer-Konzept mitten in die Szene reinzugehen, zum Beispiel ans Schlesische Tor“, erklärt uns Boris Freise. „Aber es ist uns und unserem Partner Braufactum auch wichtig, nicht nur Trendsetter, sondern ein breit gestreutes Publikum anzusprechen.“ Das ist rund um den Alexanderplatz reichlich vorhanden.

Das Gespräch findet nicht am „Alex“ statt, sondern an einem anderen Ort, an den das Trio geglaubt hat, bevor es andere taten: an der Spreepromenade, der Dom befindet sich gleich gegenüber. Gerade laufen draußen vor dem zur „BMB Gruppe“ gehörenden „Alegretto A Tavola“, in dem wir uns unterhalten, zwei als Mickymaus verkleidete Promoter entlang, es könnte sinnbildlicher nicht sein: Hier, wo zur Zeit der Eröffnung des ersten Gastrokonzepts des Unternehmer-Trios im Jahr 2003, noch ziemlich tote Hose herrschte, befindet sich heute die touristische Mitte der Stadt. Zahlreiche Gastronomien ziehen sich auf der Promenade entlang, das DDR-Museum eröffnete 2006 nebenan, AquaDom und Sealife sind um die Ecke und viele weitere Attraktionen befinden sich in unmittelbarer Nähe. Wer Berlin besucht, kommt hier entlang.

Heute jedenfalls, damals, 2003, noch nicht. Barbara Ewald erinnert sich: „Hier war nichts“, und ihr Kompagnon Boris Freise ergänzt: „Starbuck’s hat zeitgleich am Hackeschen Markt eröffnet. Alle haben uns gesagt: Ihr seid viel zu weit weg vom Hackeschen Markt.“ Dabei habe man den gar nicht so sehr im Blick gehabt, erklärt er weiter, sondern das Spreeufer als Verbindung dorthin – so, wie man jetzt den Alexanderplatz als Eingang zu Mitte im Blick hat. „Vision spielt bei unseren Standorten eine wichtige Rolle“, erklärt Mirko Nikolitsch, „wir haben keine fertigen Konzepte, sondern suchen uns Standorte aus und gestalten basierend darauf das Konzept.“

Gemeinsam gebüffelt, gemeinsam gegründet

Die drei kennen sich von der Uni: Gemeinsam paukte man für BWL-Klausuren (und guckte auch mal voneinander ab, wie im Nachhinein zugegeben wird), gemeinsam ging es nach dem Abschluss von Berlin zum Aufbaustudium nach Utrecht, und nach einer kurzen Zeit getrennter Wege – Mirko landete in einem Textilunternehmen, Barbara in einer Werbeagentur, Boris in der Konsumgüterbranche – fand man sich wieder zusammen, um ein Business zu gründen. Ein Gastro-Business. „Weil wir eben nicht besonders kreativ waren“, sagt Nikolitsch schmunzelnd.

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Rustikaler Charme: Maria und Josef

Am 1. November 2003 eröffnete man an der Spreepromenade ein Outlet der damaligen Kette „Coffee Connection“, als Franchisenehmer. 2003 befinden wir uns mitten in der Zeit der boomenden Coffeeshops von Aran bis Woyton. Kaffee bot attraktive Marken, Coffeeshops waren wenig serviceintensiv – attraktive Wachstumsbedingungen aus Sicht der Betriebswirte. Man wuchs auch, jedoch nicht unter als Franchisenehmer, sondern indem man für den Kaffeeröster Heimbs aus Braunschweig dessen deutschlandweite Expansion eines zugekauften Coffeeshop-Konzepts vorantrieb. „Eine super Erfahrung für uns“, so Nikolitsch. „Wir haben Standorte bewertet, den Einkauf organisiert und die Eröffnungen gemacht.“

Heterogenes Portfolio

2008 folgte dann an der Spreepromenade die nächste eigene Eröffnung, das Eiscafékonzept „Ice & Easy“. Bauchlandung. „Das Konzept war vollkommen falsch“, erklärt Nikolitsch, „die Leute wollen was Richtiges essen und nicht nur Eis.“ Konsequenz: Umbau. „Wir haben eine Trattoria und Pizzeria draus gemacht, die Umsätze haben sich vervierfacht. Heute haben wir hier ein tolles Abendgeschäft. Es ist auch ein Beispiel dafür, wie wir an einem Standort herumdoktern, bis es passt.“

Es folgten Eröffnungen fast im Jahrestakt (siehe Zeitleiste), und heute betreibt die „BMB Gruppe“, wie sich das Trio seit einigen Jahren nennt, 19 „Genussstätten“ in Berlin, Braunschweig und Hannover, hinzu kommt das Genusskombinat, das hauseigene Catering- und Eventgeschäft. Das Portfolio ist heterogen, es reicht von den Kaffeebars „Allegretto Caffè“ und dem „Heimbs Café“ sowie dem Restaurant „Allegretto Gran Caffè“ über das architektonisch spektakuläre Panorama-Restaurant „Wolke Sieben“ in den „Gärten der Welt“ bis hin zum hippen Burger-Imbiss „Tempelburger“ auf dem Tempelhofer Feld und dem szenigen Healthy-Sharing-Konzept „Ki Nova“ am Potsdamer Platz.

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Früher war hier die Bar Billy Wilder’s, jetzt gibt’s frische Sharing-Küche im Ki Nova

Ist man in Berlin zu Besuch oder als Einwohner in der Freizeit in der eigenen Stadt unterwegs – Museums- oder Parkbesuch, Einkaufsbummel, Kinobesuch, Sightseeing –, so kann man im Tagesverlauf durchaus mit gleich mehreren der BMB-Objekte in Berührung kommen. „Touristen garantieren uns eine sichere Besucherzahl“, so Barbara Ewald.

Unsere Führungskräfte sind unsere Kunden“

Sie ist im Trio vornehmlich für das Rechnungswesen und Technik zuständig, Boris‘ Schwerpunkt ist das Personal, Mirko kümmert sich um PR, Marketing und Networking.

Zentral organisiert wird auch das Veranstaltungsgeschäft, auch Bäckerei und Eismanufaktur sind ausgelagert, ansonsten bilden die Outlets der Gruppe autarke unternehmerische Einheiten in 15 GmbHs. Barbara Ewald: „Als wir noch klein waren, gab es nur ein Team, doch das ständige Hin- und Herswitchen war nicht gut für die Motivation. Jetzt hat jeder Betrieb seine eigene Mannschaft und seine festen Ansprechpartner.“

Diese Ansprechpartner sind „sehr gut bezahlte Betriebsleiter“, so Nikolitsch, die in ihrem Betrieb über Personal und Produkte großenteils bestimmen, während die Zentrale sich um Einkauf und Verträge kümmert. „Unsere Führungskräfte sind unsere Kunden. Wir geben ihnen viele Mitentscheidungsmöglichkeiten, damit sie motiviert bleiben. Auch unseren Köchen. Die wollen nicht nur veredeln, sondern gerne kreativ arbeiten – wie jeder Mensch.“

Gemessen wird die Performance der Outlets im monatlichen BWA-Gespräch mit den Betriebsleitern. Insgesamt beschäftigt man heute, je nach Saison, 250 bis 500 Mitarbeiter. „Unsere Auszubildenden bekommen bei uns vom sehr systemischen Verkauf bis zum High-Class-Dinner alles mit“, so Freise.

Gamification

Für dieses Jahr rüstet man sich in punkto Personal mit einem neuen digitalen Tool: Einer App, die neben öffentlichen Infos für Gäste und Kunden einen internen Bereich für Mitarbeiter haben wird – und das Team über neue Mitarbeiter, neue Produkte und neue Standards informiert. Auch geplant ist, gastronomisches Basiswissen mittels spielerischer Schulung – Stichwort Gamification – zu vermitteln. „Es wird Quizzes geben, bei denen sich der Spüler mit dem Geschäftsführer battlen kann“, erklärt Nikolitsch. Und das nicht nur zum Spaß: „Es ist empirisch nachgewiesen, dass Informationen so besser haften bleiben.“

Mehr Informationen:
BMB Gruppe

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Eröffnungs-Zeitleiste (Auswahl)

2003: „Coffee Connection“ (heute „Allegretto Gran Caffè), Spreepromenade
2008: „Ice & Easy“, heute „Allegretto a Tavola“, Spreepromenade
2009: „Allegretto Caffè“ im Neuen Museum und in Hannover, „Luftgarten“ Tempelhofer Feld
2010: „Heimbs Café“ Braunschweig (Flagship-Store)
2011: Café in der Neuen Nationalgalerie (derzeit wegen Umbau geschlossen)
2013-2015: „Allegretto la cucina e gelateria“, Charlottenburg
2014: Übernahme des bayerischen Biergartens „Maria & Josef“, Lichterfelde West
2015: Übernahme der „Britzer Seeterrassen“, Britzer Garten und des Cafés in der „Topographie des Terrors“, Eröffnung „Tempelburger“, Tempelhofer Feld
2016: „Ki-Nova“ (ehemals Billy Wilders) in der Kinemathek am Potsdamer Platz
2017: 5 IGA-Standorte („Giardino Verde“, „Wolke 7“, „The Cottage“, „Haus am See“, „Wasserspielplatz 35. Mai“), Braufactum Berlin

Editierte Version des zuerst in FIZZZ 1/2018 erschienen Beitrags.

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