Digitalisierung in der Gastronomie, Teil 4/5: Kosten sparen und Effizienz steigern mit vernetzten Systemen

von Jochen Stähler

In seiner fünfteiligen Serie zeigt Jochen Stähler, Ex-Gastronom und Autor von Gastro.Digital, wie Betriebe ihr eigenes Digitalkonzept erfolgreich auf- und ausbauen. Im vierten Teil stellt er in Form einer Fallstudie vor, wie vernetzte digitale Systeme Kosten sparen und die Effizienz steigern. 

Bereits für sich genommen leisten einzelne digitale Tools einen wichtigen Beitrag, um dein Unternehmen voranzubringen. Ihren vollen Nutzen entfalten sie, wenn sie optimal miteinander vernetzt sind. „Optimal“ bedeutet in diesem Fall, dass Nutzen und Kosten im richtigen Verhältnis stehen. Diese Balance hängt von den individuellen Gegebenheiten im Betrieb ab.

Als Faustregel kann man sagen: Je größer der Betrieb, desto stärker sollten die Tools miteinander vernetzt sein. Denn in besonders großen Betrieben können eine Menge Handgriffe eliminiert und Fehler vermieden werden, sodass sich der Aufwand für die Installation und Vernetzung der Systeme besonders schnell amortisiert. Anhand eines Fallbeispiels lässt sich skizzieren, wie ein Betrieb von einer solchen Ausstattung profitieren kann.

Case Study, Teil 1: Ein neuer Gast – von der Akquise über die Bewirtung bis zur Kundenbindung

Ein Gastronomiebetrieb bewirtschaftet eine Reihe von Touchpoints (Homepage, Reservierungsportale usw.), auf denen sich Online-User über das Serviceangebot informieren können. Über diese Touchpoints wurde ein User auf den Betrieb aufmerksam und möchte einen Tisch reservieren. Das funktioniert ganz leicht, weil der Gastronom bzw. die Gastronomin auf allen Touchpoints einen Link zu seinem Reservierungssystem platziert hat. Das Reservierungssystem ist mit der Kasse verbunden, kennt die Buchungslage ganz genau und kann freie Termine zuverlässig anbieten. Der Gast reserviert und erscheint zum vorgesehenen Zeitpunkt im Lokal.

Der Service findet die Reservierung sofort auf der Kassen-App seines Handheld-Geräts, ohne ans Terminal oder zum Reservierungsbuch gehen zu müssen, platziert den Gast und beginnt damit, die Bestellung aufzunehmen. Dabei hilft die Kassen-App dem Gast, Vorschläge zu machen, ihn zu Allergenen und Inhaltsstoffen zu beraten sowie Sonderwünsche des Gastes aufzunehmen und zu berechnen. Per Knopfdruck geht die Bestellung in die Produktion, und die einzelnen Gänge werden automatisch zum richtigen Zeitpunkt geschickt. Am Ende zahlt der Gast mit dem Zahlungsmittel seiner Wahl beim Kellner/bei der Kellnerin; dank Kartenlesegerät und Bondrucker kann alles an Ort und Stelle erledigt werden. In Betrieben, wo Geschwindigkeit und Preis besonders wichtig sind und wo Gäste nicht primär nach guter persönlicher Service-Betreuung suchen, kann der Service in Teilen oder sogar komplett über digitale Lösungen wie Bestellterminals, Apps oder Kunden-Pager abgewickelt werden.

Mit der E-Mail-Adresse, die der Kunde bei der Reservierung hinterlegt hat, lässt sich ein Kundenprofil erstellen, auf dem die bestellten Speisen und Gerichte sowie die getätigten Umsätze hinterlegt werden können. Auf Basis dieser Informationen lassen sich Kundenbindungs-Kampagnen durchführen. Dafür wird der Gast unter seiner hinterlegten Mailadresse kontaktiert und beispielsweise mit Empfehlungen auf Basis des registrierten Konsumverhaltens zu einem erneuten Besuch motiviert. Bei jedem Besuch werden wiederum wichtige Daten über die Präferenzen des Gastes gesammelt. Das Serviceteam kann diese gewonnen Daten zusätzlich anreichern, indem Daten wie Name, Alter und Adresse sowie Infos zu Allergien, dem Lieblingsplatz usw. erfasst werden. Besonders konsumfreudige Gäste können mit einem Geschenkgutschein, mit Rabatten oder Treuepunkten belohnt werden.

Last but not least kann man die Verbindung zum Gast auch nutzen, um diesen zu bewegen, die Serviceleistung online zu bewerten. Auf diese Weise können Gastgeber*innen aktiv die Steigerung der Reputation ihrer Lokale vorantreiben.

Case Study, Teil 2: Effizienz im Back of the house – Optimierung der Betriebsabläufe mit digitalen Tools

Neben den wertvollen Hilfen, die digitale Tools bei der Ansprache (neuer Gäste, im Service und in der Kundenbindung bieten, gibt es auch spannende Lösungen, die die betrieblichen Prozesse effizienter und effektiver machen können: Sobald der Gast seine Bestellung im System gespeichert ist, beginnen die internen betrieblichen Prozesse zu laufen und können mit den entsprechenden Tools unterstützt und vereinfacht werden.

Die Produktion erhält alle Infos zur Bestellung. Zusätzlich unterstützen angeschlossene Maschinen, z.B. Schankanlage oder Kaffeemaschine die Produktion auf Knopfdruck.

Parallel wird der Warenbestand automatisch um die verbrauchten Mengen reduziert. Das passiert durch den Austausch zwischen Kasse und Warenwirtschaft bzw. Beschaffungslösung. Sinken die Warenbestände auf ein kritisches Level, erhalten der Einkauf bzw. die zuständigen Personen in der Produktion den Hinweis, dass eine Bestellung beim Lieferanten ausgelöst werden muss. Auch diese erfolgt digital, nämlich über die Plattform einer Einkaufsgemeinschaft oder über den Onlineshop eines Händlers. Sobald die Bestellung geliefert ist, werden die Warenbestände im System aktualisiert und die Belege per Knopfdruck an die Buchhaltung weitergegeben.

Die Daten zum Konsum der Gäste werden verwendet, um Analysen über die Umsatzentwicklung, die Nachfrage nach einzelnen Artikeln auf der Karte und deren Beitrag zum Betriebsergebnis zu erstellen. Werden diese Daten mit zusätzlichen Informationen wie Anzahl der Reservierungen, Wettervorhersage, Feiertage, Events usw. kombiniert, lassen sich Prognosen über die Geschäftsentwicklung in den nächsten Tagen und Wochen erstellen. Diese sind besonders hilfreich, um den Wareneinkauf sowie die Personaleinsatzplanung zu optimieren. Zusätzlich lassen sich Analysen über die Profitabilität einzelner Schichten und die Performance der Mitarbeiter durchführen.

Nachdem die Kasse abgerechnet ist, werden die Umsätze und Belege aus dem Kassenbuch an die Buchhaltungssoftware übermittelt. Alle bargeldlosen Zahlungen werden vom Zahlungsdienstleister verwaltet, der die Zahlungen bei den Gästen einzieht und als Sammelbetrag auf das Konto des Gastronomiebetriebes überweist. Zusätzlich geht die Abrechnung von dort an die Buchhaltung. Bargeldlose Trinkgelder werden zuverlässig erfasst, damit sie anschließend an die Mitarbeiter*innen verteilt und aus den Umsätzen herausgehalten werden können.

Die Personalplanung erfolgt ebenfalls digital; der Schichtplan wird per Mail oder App an die Mitarbeiter verteilt. Mitarbeiter können online ihre Urlaube beantragen, Krankmeldungen einreichen, sich auf bestimmte Schichten bewerben oder untereinander Schichten tauschen. Sobald ein Mitarbeiter seinen Dienst antritt, wird die Arbeitszeit erfasst und automatisch der Stundenzettel erstellt und an die Buchhaltung weitergeleitet. Gleichzeitig erfolgt ein Abgleich zwischen Soll- und Ist-Stunden. Bei starken Abweichungen vom Soll erfolgt ein Hinweis an den Vorgesetzten.

Für das Recruiting neuer Mitarbeiter*innen lassen sich Online-Karrierenetzwerke nutzen, auf denen Gastronomen mit geeigneten Talenten schnell und direkt in Kontakt treten kann (siehe zweiter Teil dieser Reihe). Interessierte Bewerber*innen wiederum finden durch Vernetzung dieser Apps und Plattformen mit der Homepage und den Social-Media-Kanälen des Unternehmens ganz unkompliziert alle relevanten Informationen über ihren potenziellen neuen Arbeitgeber.

Handgriffe automatisieren

Ein ganz wichtiger Nutzen vernetzter Systeme liegt darin, dass Handgriffe automatisiert werden können. Ein Grund für die hohe Personalintensität in der Gastronomie ist ja, dass Service und Küche nur sehr schwer auf den Faktor Mensch verzichten können. Schließlich ist die Interaktion zwischen Gast und Servicemitarbeitern ein wesentlicher Grund, warum Menschen gastronomische Angebote wahrnehmen. Und auch in der Küche lassen sich viele Arbeitsschritte kaum automatisieren, ohne dass die Qualität leidet – oder die Automatisierung kostet mehr, als sie einspart.

Das Fallbeispiel zeigt, dass es dennoch in allen Bereichen eines Gastronomiebetriebes Möglichkeiten gibt, Handgriffe zu automatisieren, Abläufe zu unterstützen und zu beschleunigen. Die Kosten für die entsprechenden Tools sind auf einem erschwinglichen Niveau angekommen, sodass auch kleine Betriebe diese zum Einsatz bringen können. Mit dem Ergebnis, dass die Leistungsfähigkeit des Betriebes gesteigert, Kosten gesenkt, Arbeitsbelastungen reduziert und der chronische Fachkräftemangel gelindert werden kann.

Daten sammeln, zusammenführen und nutzen

Sowohl mit Blick auf die Unternehmenskennzahlen als auch in Bezug auf Marktentwicklungen arbeiten viele Gastronom*innen mit einem sehr ungenauen Datenmaterial. Statt mit einem internen Rechnungswesen wird mit Daumenregeln kalkuliert, über die Gründe für eine Verbesserung oder Verschlechterung des Umsatzes wird oft nur gemutmaßt, und über die Zufriedenheit der Gäste sowie das Standing des eigenen Lokals im Vergleich zu den Mitbewerbern sind nur sehr wenige Details bekannt.

Das wird richtig kritisch, wenn es einmal nicht mehr so gut läuft und die Rentabilität des Betriebes sinkt. Dann wird es sehr schwer, treffsicher die geeigneten Gegenmaßnahmen zu entwickeln und umzusetzen. Doch auch bei vermeintlich guten Betriebsergebnissen bleiben viele Potenziale unentdeckt, sodass die Profitabilität eines Betriebes hinter den eigentlichen Möglichkeiten zurückbleibt.

Mit den richtigen Tools lässt sich belastbares Datenmaterial relativ leicht erfassen, aufbereiten und analysieren, um valide unternehmerische Entscheidungen zeitnah treffen zu können. Durch den Austausch von Daten zwischen den verschiedenen Anwendungen wird ein übergeordneter Blick auf alle Bereiche des Unternehmens möglich.

Neue Technologien da nutzen, wo sie Sinn machen

Das Netzwerk aus Systemen, wie ich es in diesem Fallbeispiel dargestellt habe, ist natürlich eine Maximallösung, die zeigt, welche Einsatzmöglichkeiten es für neue Technologien grundsätzlich gibt. Doch nicht jede Anwendung macht für jeden Betrieb Sinn.

Ein Sternerestaurant beispielsweise profitiert zwar stark von einer gut gepflegten Kundendatenbank, hat aber relativ wenig von einem Procurement-System, über das Waren in Standardqualität bezogen werden.

Auf der anderen Seite profitiert ein Schnellimbiss in hochfrequentierter Lage vergleichsweise wenig von Akquisetools wie Social Media oder Entdeckerportalen, weil das Gros der Leute über eine gut sichtbare Werbetafel viel effizienter angesprochen werden kann. Dieser Betrieb zieht aber einen großen Nutzen aus der Analyse von Online-Bewertungen, weil er aus der Vielzahl der abgegebenen Urteile zuverlässige Rückschlüsse über die Zufriedenheit seiner Gäste und über Potenziale zur Verbesserung seines Leistungsangebots ziehen kann.

Und für einen Familienbetrieb mag es zwar attraktiv sein, per Knopfdruck auf dem Computer die aktuellen Lagerbestände einzusehen. Ein einfacher Gang ins Lager liefert diese Informationen jedoch praktisch genauso schnell und ohne weiteren Aufwand.

Welche digitalen Tools sich also konkret für deinen Gastronomie-Betrieb eignen, hängt sehr stark von zwei Faktoren ab: Zunächst ist zu klären, welche Anwendungen grundsätzlich Sinn machen. Danach muss geprüft werden, ob der Aufwand für Installation und Pflege der Tools dem Nutzen für das Unternehmen gerecht wird.

In Kürze wird es noch diesen Beitrag von mir zum Thema Digitalisierung auf nomyblog.de geben:

  • Amazon gibt’s auch für die Gastronomie – Zeit und Geld sparen beim Einkauf

Im Archiv findest du auch diese beiden bereits veröffentlichten Beiträge:

Bist du neugierig geworden und willst mehr darüber erfahren, wie du konkret die Vorteile digitaler Systeme in deinem Betrieb nutzen kannst? Antworten findest du in Jochen Stählers Buch GASTRO.DIGITAL. Der systematisch aufgebaute Ratgeber mit vielen Praxisbeispielen ist in der dfv Mediengruppe Fachbuch erschienen. Du bekommst ihn im Buchhandel, bei Amazon oder im dvf-Shop für 29,90 Euro.

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1 Kommentar

Zaki Nassar 27. Juli 2021 - 23:44

Hallo. Ich suche ein küche zu mieten in berlin oder potsdam. Ich werde mich freuen über ihre antwort.liebe grüss Nassar

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