P wie Personal – von Entlastung bis Entlassung: das Gründer-ABC

von Ralf Klümper
gruender abc nomyblog 690x460 - personal, management, gruendung, gastronomie P wie Personal – von Entlastung bis Entlassung: das Gründer-ABC

Illustration: Susann Massute

Viele Gastronomiegründer haben es gleich zu Beginn, neben den ganzen Alltagsproblemchen, mit zwei großen Aufgabenfeldern zu tun. Wer Quereinsteiger ist, hat sich in eine für ihn komplett neue Branche einzuarbeiten und wer noch nie Personal zu führen hatte, der muss sich nun in der Welt der Mitarbeiterführung zurecht finden. Und wer bisher weder in der Gastro gearbeitet hat und außerdem nie Mitarbeiter hatte?

Oh je, möchte man meinen … aber genau für solche Fälle habe ich diese Kolumne geschrieben.

Das erste Problemfeld „Quereinsteiger“ ist im Grunde eigentlich gar keins. Eine gewisse Unwissenheit hilft oft, sich mehr zu trauen, als die erfahrenen Gastronomen es tun. Hierauf gehe ich in meiner nächsten Kolumne „Q wie Quereinsteiger: Naivität macht Mut“ ein, die in zwei Wochen hier im nomyblog erscheint.

Das zweite Problemfeld „Unerfahrenheit in der Personalführung“ ist meines Erachtens das schwerwiegendere. Eine Gastronomie wird man nie alleine führen können. Personal, das den Inhaber entlastet, wird selbst im kleinsten Café benötigt. Man sollte sich gleich von der Vorstellung verabschieden, alles alleine machen zu wollen oder zu können. Selbst bei Öffnungszeiten von nur sechs Stunden am Tag kommt man durch Einkauf, Küchenvorbereitung, Reinigung, Bargeldmanagement und Buchführung trotzdem schnell auf acht bis zehn Stunden.

Wer als Gründer Gastro-Erfahrung hat, wird zumindest einen der wichtigsten Posten wie Küche und Service alleine oder mit Aushilfen stemmen können. Quereinsteiger sollten sich unbedingt erfahrene Leute an Bord holen. So oder so: Personal stellt meist mit dem Wareneinsatz den größten Posten bei den Kosten. Ein Mini-Jobber (450-Euro-Kraft = geringfügig Beschäftigter) z.B. darf gerade einmal 49 Stunden arbeiten (Mindestlohn 2018 = 9,19 Euro); 2020 sogar nur 48 Stunden (Mindestlohn dann 9,35 Euro). Rechnet man nun noch die ca. 30 Prozent Lohnnebenkosten hinzu, dann sind das immerhin fast 600 Euro Personalkosten und man bekommt dafür maximal wenig mehr als zehn Stunden pro Woche Unterstützung. Bei wöchentlichen Öffnungszeiten von oft 60 Stunden und mehr ist das ein verschwindend kleiner Teil.

Und: Die Zeiten, in denen sich Personal mit Hungerlöhnen, schlechten Arbeitsbedingungen und vielen unbezahlten Überstunden abspeisen ließ, sind zu Recht passé. Heutige Mitarbeiter möchten ein Miteinander auf Augenhöhe, aber unter Berücksichtigung ihrer Prioritätensetzung. Leben um zu arbeiten? Heutzutage nicht mehr.

Für die junge Generation Z (die Kinder des neuen Jahrtausends), also die kommende Mitarbeitergeneration, steht die Arbeit nicht mehr an erster Stelle (Work-Life-Balance). Auch die Umkehrung des Verhältnisses hin zu Life-Work-Balance (arbeiten, um zu leben) scheint nicht mehr auszureichen. Der bekannte Fernsehkoch Christian Rach brachte es vor kurzem in einem Interview auf den Punkt und nannte es Life-Life-Work-Balance: Erst einmal ist der Generation Z ihr Leben am wichtigsten, danach kommt lange Zeit nichts, dann noch einmal das eigene Leben – und dann erst die Arbeit. Wie sich das auf die Personalsuche auswirkt, könnt ihr im Bericht 7 Tipps für den Umgang mit der Generation Z nachlesen. Arbeitgeber, die von ihren Mitarbeitern Anforderungen wie ständige Verfügbarkeit, unbezahlte Mehrarbeit und ähnliche Dinge mehr oder weniger offen einfordern, werden es zukünftig schwer haben.

Und wenn der Gründer einmal einen Mitarbeiter hat, den er wieder loswerden möchte, so ist das manchmal genauso schwierig, wie ihn einzustellen. Deshalb zum Abschluss ein Anekdötchen aus meiner Gastro-Zeit:

Unsere Reinigungskraft hatte selbstverständlich arbeiten müssen, wenn unser Restaurant geschlossen hatte und wir weitgehend auch nicht da waren. Sie hatte unser volles Vertrauen. Eine unserer Servicekräfte, die im Haus über unserem Restaurant wohnte, stellte aber fest, dass unsere Reinigungskraft zu den Zeiten, die sie aufgeschrieben hatten, nicht immer gearbeitet hatte. Sie schrieb sich einfach eine halbe bis ganze Stunde täglich zu viel auf. Nachdem wir uns auf die Lauer gelegt hatten und sie auf frischer Tat ertappt hatten, haben wir sie fristlos gekündigt – schließlich konnten wir nachweisen, dass sie uns auf diese Weise um ein paar tausend Euro betrogen hatte.

Sie zog vor das Arbeitsgericht. Der Richter entschied, dass wir die fristlose in eine fristgerechte Kündigung umwandeln mussten. Das bedeutete, dass ich die Mitarbeiterin, die mich betrogen hatte, noch einmal für drei Monate einstellen und bezahlen musste. Da das Vertrauensverhältnis zerstört war, konnten wir sie ohne Aufsicht aber nicht mehr arbeiten lassen. Und so kamen zum Betrugsschaden noch drei Monatsgehälter ohne Gegenleistung hinzu. Logischerweise mussten wir auch schon in diesen drei Monaten eine neue Reinigungskraft einstellen – drei Monate, doppelte Belastung. So schnell kann aus Entlastung zunächst Entlassung und dann sogar Belastung werden.

Nächstes Mal: Q wie Quereinsteiger – Naivität macht Mut
Das Gastro-Gründer-ABC auf nomyblog begleitet Sie vierzehntägig mit den wichtigsten Themen von A bis Z. Der Autor Ralf Klümper war bis 2017 selbst zehn Jahre Gastronom in Essen („Die Insel“). Seine Praxiserfahrung vermittelt er seitdem als Gastro- und Gründerberater und schreibt für Gastro-Blogs und Fachpublikationen. 

Weiterlesen:

KOMMENTIEREN

* Durch die Verwendung dieses Formulars stimmen Sie der Speicherung und Verarbeitung Ihrer Daten durch diese Website zu.