Mehr Umsatz durch Abschaffung der Reservierungen: Das Restaurant La Lucha geht neue Wege

von Jan-Peter Wulf
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Gastronom Max Paarlberg hat die Reservierungen in seinem „La Lucha“ abgeschafft.

Mitten in einer Zeit, in der viele Gastronomien auf Reservierungspflicht setzen und mit Kreditkartenbelastung gegen No-Shows vorgehen, dreht das Kreuzberger „La Lucha“ den Spieß um: Seit Anfang Februar gibt es keine Reservierungen mehr – von Gruppen ab sieben Personen abgesehen. Wir wollten von Betreiber Max Paarlberg wissen, warum er diesen Weg geht.

Max, warum hast du dich für eine Wechsel von Reservierungen zu keinen Reservierungen entschieden?

Hauptsächlich, um den Umsatz zu maximieren. Wir haben bemerkt, dass wir eine Menge Überbedarf hatten, den wir nicht decken konnten und deshalb jeden Abend hungrige Gäste wegschicken mussten. Ein potenzieller Umsatzverlust für uns, eine enttäuschende Erfahrung für den Gast. Wenn du mit Reservierungen arbeitest, hast du möglicherweise ein paar Tische, die für in einer Stunde reserviert sind. Einen Walk-In kannst du dort nicht platzieren, dafür ist das zu wenig Zeit. Wir mussten also Nein sagen, obwohl es leere Tische gab. Ein weiteres Element, das unsere Entscheidung beeinflusste, war das Erwartungsmanagement.

Was bedeutet das?

Unsere Theorie ist: Gäste, die ohne Reservierung kommen und sich glücklich schätzen, einen Tisch zu bekommen, werden den Restaurantbesuch mit größerer Wahrscheinlichkeit noch mehr genießen als Gäste, die mit einer Reservierung kommen – und mit eventuell höheren Erwartungen, die möglicherweise schwieriger zu übertreffen sind.

Wie lange habt ihr euch die Entwicklung angeschaut, bis ihr euch für den Wechsel entschieden habt?

Eigentlich wollte ich das von Anfang an tun. Ich bin in London geboren und habe schon vor zehn Jahren gesehen, dass es für Restaurants in der gleichen Preisklasse wie „La Lucha“ zur Selbstverständlichkeit wurde, keine Reservierungen anzunehmen. Die Gäste akzeptierten diese Richtlinie, sie wurde nie als störend empfunden. Da das „La Lucha“ für Berlin in vielerlei Hinsicht bereits ein sehr neues Konzept war – modern Mexikanisch, Gerichte zum Teilen, unser Servicestil –, wollten wir nicht das Risiko eingehen, potenzielle Gäste abzuschrecken, wenn sie keine Reservierung vornehmen können. Im Nachhinein denke ich, es wäre vielleicht besser gewesen, wenn wir von Anfang an ohne Reservierungen angefangen hätten. Natürlich kann ich diese Vermutung nur dann bestätigen, wenn wir nun über einen etwas längeren Zeitraum keine Reservierungen mehr angenommen haben werden und feststellen, dass sich dies tatsächlich positiv auf unsere Einnahmen und das Kundenerlebnis auswirkt.

Was schätzt du, wie sich das auf den Sitzplatzumschlag auswirken wird?

Da bin ich mir noch nicht sicher. Wir arbeiten allerdings weiterhin mit einem Zwei-Stunden-Limit, wie wir es von Anfang an getan haben.

Hattet ihr auch mit No-Shows Probleme?

No-Shows waren nicht besonders problematisch für uns waren, da wir auch immer viele Walk-Ins haben. Aber ja, wir hatten bislang ziemlich viele No-Shows.

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100 Sitzplätze und rund 20 Plätze an der Bar hat das „La Lucha“.

Du arbeitest ja viel mit Kennzahlen. Auch in diesem Fall?

Nein, die Entscheidung basiert mehr auf der Tatsache, dass es an unseren geschäftsintensivsten Abenden keine leeren Tische mehr geben wird, was ein höheres Kundenvolumen bedeutet. Ein höheres Gesamtvolumen an Gästen, die einen tollen Abend haben, bedeutet auch ein höheres Gästevolumen, das für dein Restaurant wirbt. Was langfristig zu einer höheren Gesamtnachfrage führt.

In den USA – oder auch in London – es ja durchaus üblich, eintreffende Gäste an der Bar zu platzieren, bevor sie an einem frei gewordenen Tisch Platz nehmen können. In Deutschland ist dies jedoch so gut wie unbekannt. Wie geht ihr damit um?

Unser Barbereich wird zum Wartebereich, in dem wir unser gesamtes Angebot an Getränken und Guacamole servieren, während die Leute auf einen Tisch warten. Wir müssen sicherstellen, dass wir die Erwartungen der Menschen an diesem Punkt richtig handhaben. Wir teilen dem Gast eine geschätzte Wartezeit mit, damit er selbst entscheiden kann, ob dies für ihn akzeptabel ist. Unsere Aufgabe ist es also sicherzustellen, dass wir diese Wartezeit einhalten. Wenn wir diese Wartezeit aus irgendeinem Grund nicht einhalten können, kümmern wir uns besonders um diesen Gast an der Bar und bieten möglicherweise eine zweite Runde Getränke aufs Haus oder etwas Ähnliches an. Wenn du ihre Erwartungen von Anfang an erfüllst und die Gäste deutlich sehen, dass das Restaurant voll ist, ist Wartezeit meines Erachtens kein Problem. Die Gäste haben die Möglichkeit, bereits einen Snack und ein Getränk zu sich zu nehmen, die Atmosphäre von „La Lucha“ zu genießen und hoffentlich schon eine gute Zeit zu haben.

Nun ist der Platz an der Bar begrenzt. Was macht ihr, wenn (zu) viele Leute gleichzeitig reinkommen?

Wir können ungefähr 20 Gäste im Bereich der Bar unterbringen, ohne dass dieser völlig überfüllt ist. Ein voll besetzten Restaurant eingeschlossen, bieten wir so 120 Personen auf einmal Platz. Mit diesem neuen System können wir viel mehr Gäste bedienen als bisher möglich war. Was bedeutet, dass wir niemals sagen müssten: „Entschuldigung, wir sind heute Abend ausgebucht, es gibt keinen Tisch mehr.“ Wir können immer eine geschätzte Wartezeit angeben, auch wenn die Bar voll ist und den Gast bitten müssen, in 20 Minuten zurückzukommen.

Kann man ohne Reservierung weniger gut kalkulieren, z.B. wie viel Personal benötigt wird, oder nicht?

Nicht unbedingt. Wir haben unsere Personalplanung auch bisher nicht anhand täglicher Reservierungen gemacht, sondern anhand längerfristiger Entwicklungen. Freitags und samstags sind wir immer mehr belegt, daher planen wir hier immer mehr Mitarbeiter*innen ein als an Wochen- oder Sonntagen.

Vielen Dank, Max!

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Portrait: Max Paarlberg, La Lucha Berlin

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